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Metamorphose

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Das Bild der Metamorphose – der Verwandlung von der Raupe zum Schmetterling – begleitet mich bereits seit Monaten. So wie sich die Raupe verpuppt, in einen Kokon einschließt und nicht mehr zu sehen ist, so ist auch der Ort der Unsichtbarkeit und Verborgenheit für mich zu einem Ort der Neugeburt geworden. Im Kokon fühlt es sich ein wenig nach Sterben an. Alles ist eng und dunkel, aber zugleich ist dies der Ort der Erneuerung und Verwandlung. In diesem verborgenen Raum geschieht das Wunder der Umgestaltung, der Transfiguration. Und alles, was die Raupe auf dem Weg zum Schmetterling machen kann, ist, erwartungsvoll zu leben. Auf das Wunder des neuen Lebens warten lernen, hoffen und dann empfangen.

Wenn ich diese geheimnisvolle Verwandlung näher überdenke, dann kann ich nur erahnen, was für eine tiefe Bedeutsamkeit sich dahinter verbirgt. Die ehemalige Raupenexistenz hat nichts, aber auch gar nichts mit der neuen Schmetterlingsleichtigkeit zu tun. Das sind zwei völlig unterschiedliche Daseinsweisen und Lebensräume, zwei gänzlich andere Körper mit anderen, nicht vergleichbaren Bedürfnissen – zwei Welten. Und doch ist die eine aus der anderen hervorgegangen, und damit bleibt eine tiefe Verbundenheit. Die eine Form käme ohne die andere gar nicht erst zustande.

Es ist nicht möglich, die am Boden kriechende Raupenphase zu überspringen, um gleich in schwereloser Schmetterlingsgestalt am Himmel zu erscheinen. So reizvoll der Gedanke erscheinen könnte, in unserer eigenen Biographie auf Trotzphase oder Pubertät ganz zu verzichten, es wird nicht gelingen können. Durchgangsstadien gehören auf dem Weg zu Reife und Entfaltung dazu. Sie sind nicht Störfaktor, der uns nur unnötig aufhalten würde, sondern sie sind wichtige Wegabschnitte, ohne die wir unser Ziel nicht erreichen können. Wachstum geschieht nun mal meistens im Unsichtbar-Verborgenen und im stillen Leisen.

Gemeinschaft der Erwartungsvollen

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