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UNBERECHENBARER PERMAFROST

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In den Alpen gibt es große Mengen Eis, die nicht so sichtbar sind wie die Gletscher: der Permafrost. Darunter versteht man dauerhaft gefrorenen Boden und Gesteinsuntergrund, der nur im Sommer oberflächlich auftaut. Der dauerhafte Frost im Untergrund entsteht, wenn die lokale Lufttemperatur im Jahresmittel unter null Grad bleibt. In kalten Regionen wie Sibirien oder der nordamerikanischen Tundra sind riesige Flächen unterirdisch gefroren. In den Alpen liegen nur bestimmte Gebiete permanent unterhalb des Gefrierpunkts. Permafrost macht Fels- und Schuttpartien im Hochgebirge wasserdicht und erhöht so ihre Stabilität. Dieser andauernd gefrorene Untergrund kann Hunderte Meter tief reichen, vor allem in hohen Bergregionen mit schattigen und kalten Flanken und Felswänden. Doch das große Schmelzen dringt bis tief in das Gestein vor. Der Kitt der Berge taut auf.

Laut Karl Krainer vom Institut für Geologie und Paläontologie an der Universität Innsbruck kann Permafrost in drei Formen auftreten: als Blockgletscher (sich zu Tal bewegende, im Inneren gefrorene Schuttmassen), als Permafrost in Lockergestein und als Permafrost in Festgestein (Spaltenfrost). Blockgletscher sind lappen- oder zungenförmige Gebilde aus Lockergestein, die gletscherähnlich langsam zu Tal kriechen. Allein in Nordtirol gibt es mehr als 500 aktive Blockgletscher. Wenn Spaltenfrost oder Blockgletscher auftauen, gerät das Gestein in Bewegung. Steinschlag, Felsstürze oder Felslawinen können die bedrohliche Folge sein.

Der Hitzesommer 2003 zeigte, was vermutlich im großen Stil auf die Alpen zukommt: Aufgrund von Steinschlag und Bergstürzen mussten Wege und Hütten gesperrt werden. Die Lobbia-Hütte in der italienischen Adamello-Gruppe wurde evakuiert.14 Am 15. Juli 2003 herrschte (wie stets zu dieser Jahreszeit) am Matterhorn Hochbetrieb. Gegen 10.30 Uhr brachen am Hörnligrat etwa 1000 Kubikmeter Fels ab. 84 Bergsteiger mussten von der Bergrettung mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht werden. Das Matterhorn wurde gesperrt.15 Auch der Normalweg auf den Mont Blanc war in diesem Extremsommer für Bergsteiger gesperrt, Bergstürze sowie Eis- und Steinschlag waren an der Tagesordnung. Am 7. August kamen vier Personen auf Europas höchstem Berg durch Steinschlag ums Leben, 40 Bergsteiger wurden mit Hubschraubern ausgeflogen. Auftauender Permafrost gefährdete selbst den Gipfel des Hohen Sonnblicks mit dem historischen meteorologischen Observatorium auf 3105 Meter Seehöhe. Durch Auftauprozesse in der Gipfelpyramide verlor der stark zerklüftete Fels an Stabilität und der Gipfel drohte abzustürzen. Mit langen Stahlankern wurde der Berg aufwendig wieder zusammengeschraubt.

Auch schmelzende Blockgletscher steigern ihre Talwärtsbewegung. Die Geografin Isabelle Roer von der Universität Zürich berichtete, dass sich untersuchte Blockgletscher im Engadin zwischen zehn und 50 Zentimeter im Jahresmittel bewegten. „Doch seit den Neunzigerjahren gleiten die Blockgletscher viel schneller zu Tal. Nahe Zermatt sind es inzwischen zweieinhalb Meter pro Jahr. Im Hitzesommer 2003 rückten die Eis- und Schuttströme sogar bis zu sieben Meter vor.“16

Diese Bewegungen können auch Infrastrukturen gefährden. Im Tiroler Kaunertal war man schon mit solchen Problemen konfrontiert, weil dort eine Straße durch einen Blockgletscher gebaut worden war. Starkniederschläge, wie sie durch den Klimawandel vermehrt zu erwarten sind, können diese aufgetauten, labilen Zonen mobilisieren und Muren auslösen. Auch wenn sich Eis- und Blockgletscher meist weit weg von Siedlungen befinden, können Murengänge weit ins Tal vorstoßen.

Forschergruppen aus allen Alpenländern haben nun ein einheitliches Messnetz ins Leben gerufen, mit dessen Hilfe die Temperaturentwicklung des Permafrosts in den Alpen kontinuierlich überwacht werden soll. Für Österreich wurde im Rahmen des Programms permAT17 untersucht, welche Skigebiete, Stauseen und Berghütten von „vorhandenen“ oder „wahrscheinlichen“ Permafrostvorkommen betroffen sein könnten. Dabei hat sich gezeigt, dass besonders die Ötztaler, Stubaier und Tuxer Alpen sowie Teile der Hohen Tauern mit Problemen rechnen müssen.

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