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AUS FÜRS SKIFAHREN UNTER 1200 METER?
ОглавлениеGanze zwei Millimeter Niederschlag fielen im Schweizer Mittelland im gesamten Dezember 2016. Normal sind drei Millimeter – pro Tag. Es war der trockenste Dezember seit Beginn der Messungen im Jahr 1864. Auch in höheren Lagen blieb es ungewöhnlich trocken, obendrein war es dort drei bis vier Grad wärmer als üblich. Viele Skigebiete mussten mit Kunstschnee nachbessern, um wenigstens einen Teil der Pisten befahrbar zu machen.
Eine Studie von Forschern um Christoph Marty vom Schweizer Schnee- und Lawinenforschungszentrum SLF in Davos zeigt18, was in der Alpenregion zu erwarten ist, wenn der Klimaschutz nicht massiv zulegt: Zum Ende des Jahrhunderts könnte es um 70 Prozent weniger Schnee geben (unter 1000 Meter). Das Trend-Szenario (A2) zeigt eine Abnahme der Schneebedeckung von 50 Prozent selbst in Höhen über 3000 Meter. Die am stärksten betroffenen Gebiete liegen unter 1200 Meter, wo die Simulationen fast keinen Schnee gegen Ende des Jahrhunderts mehr zeigen. Für niedrig gelegene Skigebiete könnte es daher sehr eng werden: Zwei von drei Pisten in den bayerischen Alpen liegen niedriger als 1200 Meter, in Österreich befindet sich nur ein Drittel der Skigebiete auf 1500 Meter und höher. Die Simulationen der Schweizer Forscher haben auch ergeben, dass die Schneesaison im Jahr 2035 durchschnittlich um ein bis zwei Monate später beginnen und bis zu einen Monat früher enden wird als derzeit.
In 80 Jahren könnten somit nur mehr Skigebiete über 1800 Meter überleben, für die anderen wird der Winter zu knapp. Der sogenannte „Christmas-Easter-Shift“ (Verschiebung der Saison in Richtung Ostern) wird an Grenzen stoßen: Künftig könnte der Schnee schon im März geschmolzen sein. Die Klimazonen verlagern sich bis 2035 um 200 bis 500 Meter nach oben, bis 2085 um 700 bis 1000 Meter. So viel Schnee, wie heute auf 1200 Meter liegt, wird dann erst in 2000 Meter Höhe zu finden sein. Wenn es der Weltgemeinschaft gelingt, das Zwei-Grad-Klimaschutzziel einzuhalten, was derzeit wenig wahrscheinlich ist, könnte sich der Schneerückgang bei rund minus 30 Prozent zum Ende des Jahrhunderts stabilisieren.
Tourengeher werden deshalb in Zukunft immer weiter hinaufsteigen müssen. Und das birgt neue Gefahren: Lawinen. In den Alpen sterben jetzt schon jährlich mehr als 100 Menschen in Lawinen. 2010 waren es 147. Mit einer weiteren Zunahme ist zu rechnen. Besonders gefährlich sind Nassschneelawinen; die kamen bislang eher in tieferen Lagen unter 1000 Meter vor. Die gefährlichen, schweren Schneemassen werden in Zukunft durch den Klimawandel auch in größeren Höhen ein Thema sein. Nasser Schnee ist bis zu zehnmal schwerer als trockener Schnee, die Lawinen sind entsprechend gefährlicher.