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DIE ALPEN ALS SPASSKULISSE

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Eines haben all diese „Angebote“ gemeinsam: Die Alpen werden zum Sportgerät und zur Spaßkulisse degradiert. Wichtig ist vor allem, dass ausreichend Geld an den verschiedenen Kassen und Chipkarten-Lesegeräten in der verbauten Landschaft hängen bleibt. Und die Anlagen müssen massentauglich sein.

Die Beliebtheit der alpinen Spaß- und Sporteinrichtungen ist eine der Ursachen für die wachsende Not der alpinen Ökosysteme. Das betrifft nicht nur das Skifahren, sondern auch andere Trendsportarten im sogenannten Outdoor-Be-reich. Die Alpen sind in dieser Hinsicht weltweit einzigartig: Keine andere Bergregion wird von erlebnishungrigen Menschen so beansprucht wie die Gipfel und Täler zwischen Nizza und Wien.

Früher waren vor allem Bergwandern und Bergsteigen angesagt. Die extremeren Auslegungen des Alpenerlebnisses waren einer überschaubaren Gruppe von Könnern vorbehalten. Das Streben nach Nervenkitzel und Angstlust treibt Touristiker und ihre Kundschaft immer weiter in bisher kaum berührte Naturlandschaften. Dort erhofft man sich intensive Körper- und Landschaftserlebnisse durch Canyoning, Mountainbiking, Paragliding, Rafting, Caving, Freeriding oder Klettern. Bisher kaum gestörte Orte wie Felswände, Schluchten oder Höhlen kommen mehr und mehr unter Druck.

Ein Beispiel dafür ist die „Area 47“, eine Erlebniswelt am Eingang zum Tiroler Ötztal. Der alpine Vergnügungspark macht in seinen Werbetexten klar, um was und wen es geht: „Wildwasser und Stromschnellen, steiler Fels, tiefe Gumpen und Berghöhlen ziehen dich magisch an? Mit den erfahrenen Guides der AREA 47 eroberst du das nasse Element im Raftingboot. Spürst das Herzklopfen im Hals, bevor du in der Schlucht nach unten springst. (…) Geh an deine Grenzen, mit der geeigneten Tour für Einsteiger, Familien und eingefleischte Bergabenteurer.“

Die Area 47 bietet einen 20.000 Quadratmeter großen Wasserpark. Zahlende Gäste können „Wakeboarden“ oder sich beim Blobbing oder auf der Wasserschanze austoben. Rafting auf dem Inn, Canyoning, ein Hochseilgarten oder Höhlentouren sorgen für die Steigerung des Nervenkitzels – mit Sicherheitsnetz. Fachleute haben dafür einen neuen Anglizismus erfunden: das „Thrilling“, die Lust an der Angst. Ein Urlaub muss heute mehr bieten als nur ein Urlaubsziel oder eine Sportart. Also werden bekannte Angebote „neu verpackt“ und frisch inszeniert.

Die Gebirgslandschaft allein ist nicht genug, sie wird nun „bespielt“. Um die touristischen „Produkte“ unter die Leute zu bringen, werden „Marken“ kreiert und „positioniert“. Natürlich geht es dabei um „Wertschöpfung“, also Einnahmen. Beim guten alten Wandern bzw. Radfahren und einem eher kontemplativen Naturaufenthalt verbleibt halt weniger Geld in der Gegend.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stellt dazu kritisch fest: „Der Natur wird keine Atempause mehr gegönnt.“ Ihre Belastungsgrenzen seien aber in vielen Bereichen bereits überschritten. „Von der Eventisie-rung halten wir nichts, das sind Geschmacksverstärker, die den Blick von der Schönheit der Natur ablenken“, meint Hanspeter Mair vom Deutschen Alpenverein.6

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