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REICHT DAS PARISER KLIMAABKOMMEN?

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Am 12. Dezember 2015 feierte die Welt den Durchbruch bei der Klimakonferenz in Paris: Ein neuer Weltklimavertrag wurde nach heftigem Ringen doch noch unterzeichnet. Erstmals vereinbarten Industrie- und Schwellenländer, gemeinsam gegen den Klimawandel vorzugehen. Alle teilnehmenden Staaten sind nun völkerrechtlich verpflichtet, ihren nationalen Klimaschutzbeitrag zu definieren und Maßnahmen zu dessen Umsetzung zu ergreifen.

Ziel des Vertrags ist es, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad (bezogen auf das vorindustrielle Niveau) zu beschränken, wobei 1,5 Grad angestrebt werden. De facto geht es aber darum, die Erwärmung bei einem weiteren Anstieg von einem Grad ab heute zu stabilisieren. Um das zu erreichen, müssen die weltweiten Treibhausgasemissionen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts auf null reduziert werden. Das bedeutet, dass ab 2050 keine klimaschädlichen Gase mehr ausgestoßen werden dürfen, die nicht wieder durch sogenannte „Senken“, zum Beispiel Wälder, aus der Atmosphäre aufgenommen werden. Und die Industriestaaten müssen den Entwicklungsländern unter die Arme greifen.

Doch sind diese Ziele überhaupt ausreichend?

Im September 2016 warnte ein Team von Top-Wissenschaftlern die Weltgemeinschaft, dass „sie damit aufhören sollte, sich mit dem Paris-Abkommen selbst zu gratulieren“, weil die globalen Temperaturen wahrscheinlich bereits in 35 Jahren gefährliche Werte erreichen werden. Sie legten einen Kurzbericht vor, wonach die Welt schon um 2050 den heiklen Wert von ein Grad Erwärmung überschreiten könnte, sollten die Emissionen nicht stärker gekürzt werden. Sir Robert Watson, Professor an der University von East Anglia und ehemaliger Leiter des UNO-Weltklimarats, betont: „Wenn ihr Regierungen es wirklich ernst meint, dann müsst ihr viel, viel mehr tun.“23

Die Klimamodelle berücksichtigen bis jetzt vor allem die bekannten Emissionen von Treibhausgasen, vor allem CO2. Wissenschaftler warnen aber davor, dass sich die Klimaerhitzung beschleunigen könnte, wenn es zu sogenannten „Kippeffekten“ („tipping points“) kommt. Damit sind „Rückkopplungen“ gemeint, etwa Methangase, die wegen der Erwärmung verstärkt aus dem auftauenden Permafrostboden Sibiriens entweichen. Methan ist um ein vielfaches klimawirksamer als CO2 und könnte das Klimasystem noch mehr ins Wanken bringen.

„Die tipping points sind das größte Problem“, bestätigt Herbert Formayer. „Nicht, was wir wissen, ist die Crux, sondern was wir nicht wissen. Da könnten Entwicklungen eintreten, wo wir nicht wissen, wie sich das Klimasystem verhalten wird. Dieses Problem können wir mit den Klimamodellen aber nicht abbilden, weil die werden dann so instabil, dass das nicht mehr glaubwürdig ist.“ Ein solches Worst-Case-Szenario wäre für die Alpen noch viel verheerender.

Im Alpenraum ist der motorisierte Straßenverkehr mit Abstand der größte Emittent von Treibhausgasen. Das gilt für den Lkw-Transit ebenso wie für den Freizeit- und Binnenverkehr. Die Zersiedelung und die wuchernden Shoppingwelten an den Ortsrändern tragen wesentlich zum Problem bei. Auch die künstliche Beschneiung und die Urlaubsmobilität sind riesige Energieverbraucher. Ein Teil des Klimaproblems ist also hausgemacht. Und die Alpenländer haben ihre „Hausaufgaben“ in Sachen Klimaschutz längst nicht gemacht.

Touristiker wissen um die Bedeutung des Schnees für ihr Geschäft. Ohne die „Magie“ des weißen Winters kollabiert das milliardenschwere Wintergeschäft in seiner aktuellen Form. Seilbahnbetreiber und Groß-Hoteliers müssten demnach längst die Klimaschutz-Bewegung anführen und in Washington demonstrieren, um Präsident Donald Trump zur Abkehr von seiner ignoranten Klimapolitik zu bewegen. Aber das ist aus heutiger Sicht nicht einmal in den kühnsten Vorstellungen denkbar.

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