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Berechtigt ja, aber gleich? Elternzeit-Modelle und was die Väter davon halten
ОглавлениеDie Möglichkeit einer Eltern(aus)zeit wird bei Vätern immer beliebter. 2016 wurde sie von 364 853 Männern in Anspruch genommen, was einem Anstieg von fast 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. 35,7 Prozent der Väter jener Kinder, die zwischen April und Juni 2015 in Deutschland geboren wurden, bezogen dem Statistischen Bundesamt zufolge Elterngeld, das ist immerhin mehr als jeder Dritte. Im Jahr 2017 waren es dann sogar schon drei von vier Vätern! Der springende Punkt aber bleibt die Bezugsdauer – und die ist in den letzten Jahren nicht gerade explodiert. Rund 80 Prozent aller Väter, die überhaupt Elternzeit nehmen, setzen gerade mal zwei Monate aus. Und bei den Frauen? Da ist es meist ein ganzes Jahr und mehr. Eine Aufteilung der Elternzeit nach dem Prinzip: „Du sieben, ich sieben“ ist zwar möglich, findet aber deutlich seltener statt als das beliebte Modell „12+2“. Wer nimmt also das Karriereknick-Risiko primär in Kauf? Die Frau. Und was bedeuten diese Vätermonate? Dass Männer inzwischen zumindest gerne ein bisschen „good will“ zeigen. Die große Wende in Sachen Rollenverteilung ist es sicher nicht.
Inzwischen ist die Elterngeld-Bezugsdauer bei Männern auf durchschnittlich mehr als drei Monate gestiegen, was auch am Elterngeld Plus liegen dürfte. Dadurch kann der Elterngeld-Bezug gestreckt werden, wobei sich die monatlichen Transferleistungen entsprechend verringern. Es soll den Wiedereinstieg in Teilzeit und damit das berufliche Comeback einfacher machen. Wenn Mütter und Väter sich dann entscheiden, einige Zeit gemeinsam auf Teilzeit zu gehen (für vier Monate und das Ganze mit einem Kontingent zwischen 25 und 30 Wochenstunden), dann gibt es zusätzlich einen „Partnerschaftsbonus“ in Form von vier weiteren Elterngeld-Plus-Monaten. Man kann darin einen kleinen Anreiz für Väter sehen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch als ihr Problem zu betrachten und daher gemeinsam mit der Partnerin beruflich zumindest für eine gewisse Zeit einen Gang runterzuschalten. Das Karriereknick-Risiko könnte dadurch etwas gerechter verteilt sein.
In einer Allensbach-Umfrage im Auftrag des Bundesfamilienministeriums (2017) gaben zwei Drittel der befragten Väter an, dass sie sich für das Elterngeld Plus entschieden hätten, weil sie so ihre Partnerin besser unterstützen könnten als beim Standard-Elterngeld. Es war diesen Männern wichtig, dass die Familie-und-Beruf-Problematik auf beide Schultern verteilt wird. Und das lässt doch hoffen, oder? Von Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt sind wir zwar trotz dieser staatlichen „Incentives“ noch meilenweit entfernt, aber immerhin: Die Einsicht, dass Kinderbetreuung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch ein Männer-Thema ist, die scheint doch beträchtlich zu wachsen. Papa 1.0 dachte noch „Was hab ich als Mann und Ernährer damit zu tun?“, Papa 2.0 fand „Na ja, man müsste mal, man sollte theoretisch“ und Papa 3.0 sagt bereits „Ach, ich riskiere das jetzt, komme was wolle – Nur die Liebe zählt!“. Ich träume derweil von Papa 4.0, der sich die Kinderbetreuung mit seiner Frau teilt, weil es einfach das Normalste von der Welt ist und ein bisschen Teilzeit weder für ihn noch für sie jobtechnisch einem Spiel mit dem Feuer gleichkommt.
Früher war alles besser? Mit Blick auf die Zeit, die Väter mit ihren Kindern verbringen, kann davon keine Rede sein. In einer Studie, über die in der Fachzeitschrift „Psychologie heute“ berichtet wurde, haben die Wissenschaftlerinnen Judith Treas und Giulia Maria Dotti Sani (als Co-Autorin) von der University of California, Irvine, untersucht, wieviel Zeit Eltern mit ihren Kindern verbringen. Erfasst wurden Tagebuch-artige Aufzeichnungen von über 120 000 Eltern aus 11 westlichen Ländern, darunter Deutschland. Der Auswertung zufolge haben sich Väter 1965 gerade mal 16 Minuten pro Tag (im Schnitt) um das Kind bzw. die Kinder gekümmert. Am Ende des untersuchten Zeitraums, im Jahr 2012, waren es bei den Vätern dann laut Studie „schon“ 59 Minuten, also fast das Vierfache. Bei den Müttern hat sich der Wert „nur“ verdoppelt, aber natürlich auf einem ganz anderen, viel höheren Niveau. Aber gerade mal eine Stunde pro Tag aktiv mit dem Kind verbringen - ist das nicht auch noch ziemlich dürftig? In Deutschland wird der Durchschnittswert zwar höher liegen als in manchen anderen Ländern, zum Beispiel Frankreich, wo die Ganztagsbetreuung eine lange Tradition hat und viel mehr akzeptiert ist, aber selbst wenn er ein paar Minuten drüber liegt, im Vergleich mit den durchschnittlich drei Stunden täglichem Fernsehkonsum (Stand Juli 2018) bleibt da auf jeden Fall noch Luft nach oben.