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Meine acht Wochen Elternzeit und was meine Frau daraus gemacht hat

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Auch wenn die Zahl der Väter, die zumindest für ein paar Monate Elternzeit nehmen, beständig steigt: Was schreckt die anderen davon ab? Es ist die Angst vor Einkommensverlusten. Das sagten zumindest 60 Prozent und damit fast zwei Drittel aller Väter in einer Allensbach-Umfrage, über die das Magazin „Der Spiegel“ im August 2017 berichtete. 38 Prozent gaben an, sich vor beruflichen Nachteilen zu fürchten und fast ebenso viele erklärten, die Väter-Monate seien beruflich einfach schwierig zu organisieren. Immerhin: Nur jeder Zwanzigste gab an, dass das „für Männer ungewöhnlich“ sei, er das also quasi mit seiner Männlichkeit nicht überein bringen konnte. Diese Zahlen verwundern mich nicht. Auch ich hatte Angst vor beruflichen Nachteilen bis hin zum Jobverlust, da ich als Redakteur seit Jahren auf befristeten Verträgen saß.

Ich hatte meine Elternzeit für zwei Monate im Sommer 2014 eingereicht. Acht Wochen lang pausierte der Fernsehredakteur und beschäftigte sich mit dem Befinden seiner Tochter statt mit Quotenverläufen, Aufmacher-Themen und dem Tagesgefühl der Zuschauer. Meine Hauptaufgabe bestand nun darin, die Kleine bei der Kita-Eingewöhnung möglichst feinfühlig zu betreuen, damit das Ganze ohne psychische Schäden für das Kind über die Bühne ging. Da die Stadt Düsseldorf uns keinen Kita-Platz zur Verfügung stellen konnte, mussten wir auf eine sehr teure Privat-Kita zurückgreifen, aber immerhin: Die Kommune beteiligte sich an den Kosten. Emma gewöhnte sich schnell an die neue Umgebung, so dass Papas Anwesenheit in den Kita-Räumlichkeiten nicht lange erforderlich war. So verbrachte ich viele Stunden meiner Väterzeit in einem nahegelegenen Eiscafé und las Zeitung.

Meine Frau nutzte die acht Wochen „Väterzeit“, um beruflich wieder „rein zu kommen“. Sie fing mit 24 Wochenstunden an und war schneller wieder „drin“ als erwartet - die To-do-Listen nahmen innerhalb kürzester Zeit schon wieder bedrohliche Ausmaße an. Also quasi alles wie früher, wie beruhigend! Sie fühlte sich aber relativ wohl bei der Sache und hatte richtig viel Spaß dabei, sich wieder um ihre Leib- und Magen-Themen kümmern zu können. Aber mit dem Herzen war sie natürlich immer auch bei unserer Tochter. Sie hätte sich durchaus vorstellen können, noch eine Weile zuhause zu bleiben und das Kind etwas später in eine Kita zu geben. Primär kehrte sie nur deshalb nach 12 Monaten zurück an den Arbeitsplatz, weil es ihr als Notwendigkeit erschien, weiterhin etwas zum Haushaltseinkommen beizutragen. Elterngeld zahlt der Staat schließlich nicht ewig und ein Elterngeld Plus gab es damals noch nicht.

Es war also keineswegs so, dass meiner Frau zuhause die Decke auf den Kopf gefallen wäre. Natürlich hätte man auch gemeinsam beschließen können, sich „zu verkleinern“, runterzufahren, mindestens eines der beiden Autos abzuschaffen, vielleicht in eine kleinere Wohnung zu ziehen oder in eine schlechtere Lage. Dann hätte auch mein Gehalt womöglich gereicht. Wir waren uns aber ziemlich schnell einig, dass wir den Komfort, den wir hatten, nicht missen wollten. Und so stellte sich die Frage, ob meine Frau wieder arbeiten geht, eigentlich gar nicht. Nein, ohne ein zweites Gehalt würde es kaum gehen, das war uns klar, zumal mein Redakteursvertrag ja befristet war. Er war in den letzten Jahren zwar immer wieder verlängert worden, aber ob das ewig so weiter gehen würde, stand in den Sternen. Klar, ich würde auch wieder frei für den Sender arbeiten können, so hatte ich es direkt nach dem Studium ja auch fünf Jahre lang getan. Aber ich wollte einfach nicht mehr zurück auf den freien Markt. Jenen Reportern Konkurrenz machen, die man als Redakteur jahrelang betreut und beauftragt hatte – da hätte ich kein gutes Gefühl bei gehabt. Die kurzfristigen Jobs, die spontanen Drehs, die Zeitnot bei der Recherche - in meinen „Zwanzigern“ und als Junggeselle war das alles gut zu ertragen gewesen. Aber jetzt? Ich war inzwischen 40, hatte mich um eine kleine Familie zu kümmern und empfand es in meiner Jobverlust-Angst als Segen, eine Frau zu haben, die nicht vorhatte, sich gänzlich von ihrem Mann als Ernährer abhängig zu machen, sondern stattdessen an ihrer eigenen Karriere arbeitete und das auch noch mit Erfolg. In psychologischer Hinsicht war dieser Erfolg definitiv eine Entlastung, und zwar für uns beide.

Ein Mann steht seine Frau

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