Читать книгу Der Heidekönig - Max Geißler - Страница 29
ОглавлениеNun wäre kaum etwas verwunderlicher, als wenn der gescheite Herr Lukas ter Meulen seine Bergpredigt über all diese Dinge gegen die neunmal verschlossenen Türen des Gerbrand van Aken gerichtet hätte. Nein nein, derartig lächerliche Künste betrieb Lukas ter Meulen nicht. Er hatte die Gelegenheit zu seiner Gewissensrede auf dem Heidehügel wahrgenommen, von dem Bildhauer zu reden als von einem unrettbar Verlorenen, als von einem Menschen, der kein Geschick hat, auch nur leidlich glücllich zu sein — aber er zielte mit dieser Rede auf Matheis Maris. Das geschah einfach deswegen, weil er ein sinnfälligeres Lehrobjekt für den eichenhölzernen Maris nicht finden konnte.
Wie es um diesen stand, wusste ter Meulen nämlich ganz genau. Seit er den Aufsatz im »Telegraafen« gehabt, hatte er ihn — wie man so sagt — nicht mehr aus den Augen verloren, wiewohl er ihm seit Monaten nicht leibhaftig begegnet war. Just deshalb.
Von Nikolaas van der Layen hatte er erfahren: der Schützling ter Meulens zerrisse sich innerlich an den neuen Richtungen.
Anfangs hatte ihm der Althändler noch ein paar Bildertafeln abgekauft. Aber immer unfertiger, verworrener, ungelöster war geworden, was er ihm vorgelegt hatte. So zerschütterte sich der Glaube van der Layens an das Talent des Matheis Maris. Und dennoch: es war zwischen ter Meulen und dem Alten im verschossenen Seidenkäppchen die Rede von Matheis Maris, so oft sie unter der kleinen Schirmlampe des Labyrinths beieinander sassen.
Diese Zusammenkünfte fanden sehr häufig statt. Von ter Meulen rührte her die Bezeichnung Katakomben für das taglichtlose Käfterchengelass des Herrn van der Layen. Darin verschanzte sich der Dichter vor der Welt. Es wusste ausser dem Alten kein Mensch von dem geheimen Zweibund; denn ausser in dem Sonderfalle des Matheis Maris war er dort von niemandem gesehen worden.
Van der Layen aber beriet er in allem, was der vornahm — diese Behauptung muss zweimal und bedachtsam gelesen werden von dem, der die Absicht hat, mit der Geschichte des Matheis Maris des weiteren sich zu befassen.
In van der Layens Bücherregalen war das Geheimnis beschlossen des schier ungeheuerlichen Wissens, das den Kunstphilosophen und Dichter ter Meulen zu einer so rätselvollen und bewunderten Erscheinung machte. Es waren diese Studien für ihn weder Arbeit noch Mühe. Ter Meulen wurde dabei weder von Ehrgeiz getrieben, noch verfolgte er ein Ziel. Sondern: es war für ihn die einzige Möglichkeit, sich durch das Dasein zu lustieren in einer seinen Gaben angemessenen Weise — sofern dies Dasein nämlich über den Rahmen des Kaffeehauses hinauslag.