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aa) Bußgeldrisiko

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Auch bei vertikalen Kartellrechtsverstößen können die Europäische Kommission (Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003) und das Bundeskartellamt (§ 81 GWB) im Falle schuldhafter, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig begangener Verstöße gegen jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen i.H.v. bis zu 10 % des jeweils im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes verhängen. In Deutschland drohen auch den an einem Vertikalverstoß beteiligten natürlichen Personen Geldbußen i.H.v. bis zu 1,0 Mio. EUR.

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Bei der Ahndung vertikaler Beschränkungen standen bisher Verletzungen des Preisbindungsverbots im Fokus der Wettbewerbsbehörden.[89]

Im Nachgang zu ihrer Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel hat auch die Kommission wieder Verfahren wegen verbotenen Preisbindungen der zweiten Hand eingeleitet und zuletzt im Mai 2018 Bußgelder in einer Gesamthöhe von 110 Mio. EUR verhängt.[90] Das BKartA hingegen hat in den letzten Jahren kontinuierlich (mit zuletzt steigender Tendenz) eine Vielzahl von Verfahren wegen Verstößen gegen das Preisbindungsverbot geführt und Bußgelder verhängt.[91] Der bedeutendste[92] Verfahrenskomplex betraf die zwischen 2014 und Anfang 2017 wegen Verstößen gegen das Preisbindungsverbot im Lebensmitteleinzelhandel gegen Hersteller sowie Einzelhändler ergangenen Bußgeldbescheide. In diesem sog. „Vertikalfall“ wurden insgesamt 38 Einzelgeldbußen gegen 27 Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von 260,5 Mio. EUR verhängt.[93]

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Insoweit muss zunächst die preisbindende Partei mit einem Bußgeld rechnen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sowohl die deutsche Bonusregelung als auch das EU-Kronzeugenprogramm, wonach jeweils Bußgelderlässe oder -reduktionen im Falle der Kooperation mit den Behörden möglich sind, auf horizontale Kartelle beschränkt sind, in vertikalen Konstellationen also nicht zur Anwendung kommt.[94] Zwar hat das BKartA die „Kooperation“ von beteiligten Unternehmen im Rahmen seines allgemeinen Ermessens – d.h. außerhalb der Bonusregelung – auch bei vertikalen Preisbindungen bis hin zu einem vollständigen Bußgelderlass berücksichtigt. Eine Garantie besteht insoweit aber nicht.

Beispiel:

Kein sicherer Kronzeugenschutz für Vertikal-Verstöße

Während der Brauerei-Konzern ABInBev als Kronzeuge im Vertikal-Fall Bußgeldfreiheit erlangt hat, obwohl mitunter eine vertikale Preisbindung eingeräumt wurde,[95] hat das Bundeskartellamt gegen Garmin im Jahr 2010 ein Bußgeld festgesetzt, obwohl Garmin seine Kartellrechtsverstöße freiwillig gegenüber dem Amt aufgedeckt hatte.[96]

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In Deutschland ist nicht nur die vollendete Preisbindung verboten und bußgeldbewehrt, sondern bereits der Versuch: Unternehmen dürfen gem. § 21 Abs. 2 GWB anderen „Unternehmen keine Nachteile androhen oder zufügen und keine Vorteile versprechen oder gewähren, um sie zu einem Verhalten zu veranlassen, das nach folgenden Vorschriften nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Bindung gemacht werden darf“. Das bloße Androhen/Zufügen von Nachteilen oder Versprechen/Gewähren von Vorteilen ist damit – unabhängig vom Ergebnis – bußgeldbewehrt. Dem Adressaten der Drohung bzw. des Vorteils hingegen droht grds. kein Bußgeld, solange er auf das Drängen nicht eingeht.[97] Übernimmt der (gebundene) Händler hingegen selbst eine aktive Rolle, so geschehen etwa im Vertikalfall des Bundeskartellamts (hier haben Händler die Preisbindung in der Erwartung akzeptiert, dass der Hersteller auch andere Händler entsprechend bindet),[98] so kann er ebenfalls sanktioniert werden.[99]

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