Читать книгу KOMPASS - Zürcher Kompetenztraining für Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen - Maya Schneebeli - Страница 6
Vorwort
ОглавлениеIm vorliegenden Praxishandbuch1 werden das Zürcher Gruppentraining KOMPASS, Kompetenztraining für Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen, und die Daten zu dessen Evaluation vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein Training sozialer Kompetenzen, das sich an Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von rund zwölf bis 25 Jahren richtet, die an einer Autismus-Spektrum-Störung mit hohem Funktionsniveau (Asperger-Syndrom, Atypischer Autismus, High-Functioning-Autismus) leiden. Sie wünschen sich Kontakt und Freundschaft, wissen allerdings nicht, wie sie diese aufbauen oder aufrechterhalten können. Tag für Tag empfinden viele ihre Andersartigkeit, fühlen sich von Gleichaltrigen nicht akzeptiert und stoßen aufgrund ihrer sozialen Ungeschicklichkeit nicht selten auf Ablehnung. Diese tägliche Auseinandersetzung mit den eigenen Schwierigkeiten und der zunehmende soziale Anpassungsdruck im Jugend- und Erwachsenenalter führen zu einem wachsenden Leidensdruck. Der Begriff KOMPASS soll nicht nur als Abkürzung verstanden werden, sondern auch verdeutlichen, dass den Jugendlichen mit einer Autismus-Spektrum-Störung damit eine Orientierungshilfe in der sozialen Welt zur Verfügung gestellt wird.
Bislang ist das Behandlungsangebot für Jugendliche und junge Erwachsene mit einer Autismus-Spektrum-Störung auf höherem Funktionsniveau im deutschsprachigen Raum meistens nicht spezifisch auf deren besondere Bedürfnisse zugeschnitten. Die beiden Erstautoren2 Bettina Jenny und Philippe Goetschel haben auf diese Versorgungslücke mit der Entwicklung ihres KOMPASS-Sozialtrainings reagiert. Bettina Jenny hat den theoretischen Hintergrund formuliert, das Praxishandbuch konzipiert und aufgrund eines Vorentwurfs von Martina Isenschmid geschrieben. Hans-Christoph Steinhausen hat das Forschungsprojekt zu einem Sozialtraining in der Gruppe für Jugendliche und junge Erwachsene mit einer Autismus-Spektrum-Störung wie auch die Erstellung des Praxishandbuchs gefördert.
Das KOMPASS-Praxishandbuch bietet im 1. Kapitel eine theoretische Einführung in die Klassifikation der Autismus-Spektrum-Störungen, das klinische Störungsbild und die Komorbiditäten, die Epidemiologie sowie Hinweise auf die Ätiologie und im Besonderen neuropsychologische Aspekte. Ferner gibt es einen Überblick über evaluierte Interventionsprogramme in der Gruppe, die Ziele eines Sozialtrainings und die zentralen Bausteine einer Gruppenintervention für Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der Entwicklungsgeschichte des KOMPASS-Gruppentrainings.
Das 2. Kapitel schildert den Hintergrund des KOMPASS-Sozialtrainings: Es geht auf das Konzept und den Aufbau ein, Indikation und Ziele, Rahmenbedingungen, Gruppenzusammensetzung und Räumlichkeiten sowie die Eltern- und Bezugspersonenarbeit und beschreibt neben den Materialien und deren Gebrauch auch die Durchführung des Gruppentrainings.
Das erste von vier Modulen folgt im 3. Kapitel. Erläutert wird das Einführungsmodul »Kennenlernen« (E) mit den administrativen Informationen und dem gegenseitigen Kennenlernen der Gruppenmitglieder. Im 4. Kapitel steht das Modul »Emotionen« (M1) mit den Gefühlsbegriffen, dem Erkennen und Ausdrücken von Emotionen sowie dem Reagieren auf Gefühle im Vordergrund. Das Modul »Small Talk« (M2) mit dem wechselseitigen, sozialen Plaudern und dem Telefongespräch wird im 5. Kapitel dargestellt. Im 6. Kapitel folgt das Modul »Nonverbale Kommunikation« (M3) mit Übungen zum Ersteindruck und höflichen Verhalten, zur kommunikativen Mimik und Gestik, zu Körperhaltung und Stimme. Für jede Einheit werden Informations-, Protokoll- und Arbeitsblätter sowie Übungen und Spiele beschrieben. Das notwendige Material wird in einer Übersicht im Anhang ( Übersicht der Materialien zum Download) einzeln aufgelistet und steht auf der Internetseite des Kohlhammer Verlags (https://dl.kohlhammer.de/978-3-17-037134-7) zur Verfügung. Im Text wird des Öfteren mit einer halbfett gedruckten, drei- bis fünfstelligen Zeichenfolge auf dieses Material verwiesen; dabei geben die ersten beiden Zeichen das Modul und die letzten ein bis drei Zeichen die Materialart an, z. B. EM10 für das Einführungsmodul, Material 10, oder M3A12 für Modul 3, Arbeitsblatt 12.
Die Ergebnisse der Evaluation des KOMPASS-Gruppentrainings werden im 7. Kapitel dargestellt und diskutiert. Den Schluss bilden das Literaturverzeichnis sowie der Anhang mit einer Übersicht über alle elektronisch verfügbaren Trainingsmaterialien. Die neue Auflage umfasst zusätzliches Material: Es kamen drei neue Arbeitsblätter, zehn neue Materialien und 22 neue Tondateien hinzu. Zudem wurden 42 neue Übungen entwickelt, sodass sich das Übungsmaterial um einen Drittel vergrößert hat. Manche Übungen wurden überarbeitet und präzisiert und einige wenige, für die zum Beispiel Computerprogramme nicht mehr zur Verfügung stehen, gestrichen. Zudem wurde das Konzept im 2. Kapitel noch weiter präzisiert. Das 7. Kapitel zur Evaluation ist komplett neu. Es umfasst die abschließende Evaluation, die auszugsweise und mit Anpassungen aus Jenny, Goetschel, Schneebeli, Köpfli & Walitza (2019) übernommen worden ist.
Wir danken lic. phil. Martina Isenschmid, die ihre Masterarbeit zu KOMPASS geschrieben hat, M.Sc. Peter Rötlisberger und M.Sc. Camille Schär, unsere ehemaligen wissenschaftlichen Hilfsassistenten, M.Sc. Sandra Schneebeli, die früher einmal als Teilnehmerin KOMPASS besucht hat, M.Sc. Susanne Köpfli, die ihre Masterarbeit zur KOMPASS-Evaluation geschrieben hat, sowie M.Sc. Maya Schneebeli und für die Dateneingabe. Die umfassende abschließende statistische Auswertung erfolgte durch den großen Einsatz von M.Sc. Maya Schneebeli, teilweise im Rahmen ihrer Arbeit an der Forschungsabteilung der KJPP. Herzlichen Dank auch an Dr. sc. nat. Matthias Staib für die große Unterstützung in statistischen Fragen. Dr. med. Ronnie Gundelfinger, der leitende Arzt der Fachstelle Autismus der KJPP, hat die Entwicklung und Evaluation von KOMPASS immer unterstützt.
Besonders dankbar sind wir den Jugendlichen mit einer Autismus-Spektrum-Störung, von denen wir viel lernen durften und die unsere Sicht auf die Welt und die sozialen Mechanismen des Zusammenlebens erweitert haben. Ihnen und ihren Familien gilt unser Respekt dafür, wie sie den komplexen sozialen Alltag bewältigen.
Zürich, im Herbst 2011
Ergänzungen im Herbst 2020
Bettina Jenny,
Philippe Goetschel,
Maya Schneebeli
Martina Rossinelli-Isenschmid und
Hans-Christoph Steinhausen
1 Der Theorieteil des Manuals stellt einen Teil der Dissertation der Erstautorin dar.
2 Zur besseren Lesbarkeit wird im Manual die grammatisch männliche Form in herkömmlicher Weise auch als geschlechtsneutrale Kollektivform verwendet. Aufgrund der ungleichen Geschlechterverteilung bei Autismus-Spektrum-Störungen bilden männliche Jugendliche ohnehin die größere Klientengruppe.