Читать книгу KOMPASS - Zürcher Kompetenztraining für Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen - Maya Schneebeli - Страница 9
1.1.2 Asperger-Syndrom (gem. ICD-10 F84.5)
ОглавлениеHans Asperger, der 1944 das Syndrom erstmalig beschrieb, verwendete den Begriff der Autistischen Psychopathie. Lorna Wing rückte das Störungsbild zu Beginn der 1980er-Jahre wieder in die Aufmerksamkeit der Kliniker und Forscher. Erst 1992 wurde es in die ICD-10 und 1994 in das DSM-IV aufgenommen und international bekannt (Remschmidt et al. 2006). Das Asperger-Syndrom unterscheidet sich vom Frühkindlichen Autismus durch zwei Aspekte: Es lässt sich weder eine sprachliche noch eine allgemeine Entwicklungsverzögerung feststellen (Baron-Cohen 2006).
Die diagnostischen Kriterien des Asperger-Syndroms (F84.5) lauten nach den Forschungskriterien der ICD-10 (Remschmidt et al. 2006):
»A. Es fehlt eine klinisch eindeutige allgemeine Verzögerung der gesprochenen oder rezeptiven Sprache oder der kognitiven Entwicklung. Die Diagnose verlangt, dass einzelne Worte bereits im zweiten Lebensjahr oder früher und kommunikative Phrasen im dritten Lebensjahr oder früher benutzt werden. Selbsthilfefertigkeiten, adaptives Verhalten und die Neugierde an der Umgebung sollten während der ersten drei Lebensjahre einer normalen intellektuellen Entwicklung entsprechen. Allerdings können Meilensteine der motorischen Entwicklung etwas verspätet auftreten und eine motorische Ungeschicklichkeit ist ein häufiges (aber kein notwendiges) diagnostisches Merkmal. Isolierte Spezialfertigkeiten, oft verbunden mit einer auffälligen Beschäftigung sind häufig, aber für die Diagnose nicht erforderlich.
B. Qualitative Beeinträchtigung der gegenseitigen sozialen Interaktion (entsprechend den Kriterien für Frühkindlichen Autismus).
C. Ein ungewöhnlich intensives, umschriebenes Interesse oder begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten (entspricht dem Kriterium für Autismus, hier sind aber motorische Manierismen, ein besonderes Beschäftigtsein mit Teilobjekten oder mit nicht-funktionalen Elementen von Spielmaterial ungewöhnlich).
D. Die Störung ist nicht einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder sonst einer Störung (F21, F20.6, F94.1, F94.2, F60.5, F42) zuzuordnen.«
Die Sprache von Menschen mit einem Asperger-Syndrom kann insofern auffällig sein, da sie ohne Anpassung an den Zuhörer und seine Interessen erfolgt und die Stimme monoton und nur mit geringer Modulation versehen ist.
Während sich die diagnostischen Kriterien von ICD-10 und DSM-IV gleichen, finden sich in der neueren Forschungsliteratur weitere, abweichende Vorschläge zur Definition (Remschmidt et al. 2006; Poustka et al. 2008): die diagnostischen Kriterien nach Gillberg (Gillberg und Gillberg 1989, Gillberg 2002), nach Szatmari (Szatmari et al. 1989) und nach Klin (Klin et al. 2005). Besonders diskutiert werden das Kriterium des Erstmanifestationsalters, der Einschluss der sprachlichen Auffälligkeiten im verbalen und nonverbalen Bereich sowie der motorischen Ungeschicklichkeit und die Bedeutung der Spezialinteressen. Außerdem werden die Ausschlusskriterien einer verzögerten Sprachentwicklung und einer nicht durchschnittlichen Intelligenz infrage gestellt. Ferner ist noch nicht ausreichend geklärt, inwieweit sich der sogenannte High-Functioning-Autismus ( Kap. 1.1.5) vom Asperger-Syndrom abgrenzen lässt (Ghaziuddin und Mountain-Kimchi 2004). Im Bereich der exekutiven Funktionen ( Kap. 1.5.1) finden Ozonoff et al. (1991a) sowie Ozonoff et al. (1991b) Unterschiede, Verté et al. (2006) hingegen keine.