Читать книгу VI Girl goes Germany - Melanie T. Shetty - Страница 6
Kapitel 2
ОглавлениеNach ein paar Tagen zu Hause entschloss ich mich, meine Oma in Pforzheim zu besuchen.
Ich mag sie. Sie weiß, was sie mag und hat seit bestimmt zehn Jahren die gleiche Frisur. Aber zumindest kümmert sie sich um ihr Äußeres.
»Und wie läuft es mit den Männern?«, fragt sie. Sie fragt mich in der Regel jedes Mal die gleichen Fragen, wenn ich zu Besuch da bin. In der Vergangenheit gab es nie wirklich etwas zu berichten. Aber dafür heute.
Ich hebe die Augenbraue. »Ich kann mich nicht beklagen.«
Sie kichert mir zu. »Die Männer heut zu Tage«, und schüttelt verzweifelt den Kopf.
»Alles was ich will ist jemand, der mich glücklich macht. Und ich habe ihn gefunden«, sage ich.
Sie bringt mich zum Lachen. Ich hoffe, dass ich genauso werde, wenn ich alt bin. Obwohl, wenn ich daran denke, ich wünschte, manche Leute wie meine Schwester wären jetzt schon so.
Meine Oma nimmt sich eine Tasse Kaffee und setzt sich an den Esstisch.
»Alles in Ordnung?«, frage ich.
Sie nickt und fragt »Eine Tasse Tee für dich?«
»Sehr gerne«, antworte ich.
Mit einem Tee kommt sie zurück an den Tisch und sagt »Ich bin froh, dass du jemanden gefunden hast.«
Wir reden viel und ich erzähle ihr die Geschichte meines Lebens. Die Hochzeit in Belize, und der Plan kirchlich im Juli zu heiraten. Es wird nichts Spektakuläres oder Glamouröses sein, aber immer hin.
Ich meine, es gibt Leute in meinem Bekanntenkreis, die mit dem Mann zusammen sind, nur weil er Geld hat. Sie ist klein, hübsch und blond. Er ist gutaussehend, okay, und halt reich. Würde ich mich mit so einem Mann begnügen? Ich weiß es nicht. Kann das überhaupt eine perfekte Mischung sein? Und doch scheinen sie sich gut zu verstehen.
Wie auch immer. All diese Stunden verbrachten wir redend. Bevor ich aus der Türe ging griff meine Oma noch schnell zu ihrem Portemonnaie. Da ich nicht an Geburtstagen oder anderen Gelegenheiten da war, gab sie mir von Zeit zu Zeit etwas Bargeld.
Ich ging nach Hause und sprach mit David. Bevor ich wieder zu arbeiten beginne möchte ich sein Land besuchen und wenigstens seine Familie kennen lernen. Vielleicht mag es einen Mangel an Ehrgeiz zeigen, dass ich mich noch nicht um einen Job bemüht habe, aber ich hatte bisher nicht daran gedacht, Ruhm und Reichtum zu jagen. Es wäre ja auch schlimm, wenn wir alle gleich wären, oder? Ich kann zwar von nun an nicht mehr die Welt sehen, aber ich bin glücklich.
Ich wusste nicht, dass man für Indien ein Visum benötigt. Aber Gott sei Dank fand ich im Internet einen Express-Service und bekam alle Papiere innerhalb von zwei Tagen.
»Es ist schön warm zu dieser Jahreszeit. Perfekt, um hier herzukommen«, sagt David am Telefon.
Das Reisen erweitert den Geist, so sagt man. Und ich liebe es, mich für verschiedene Kulturen zu öffnen. Es ist sehr erfüllend.
Mein Flug geht am Freitag und ich habe geplant, zehn Tage zu bleiben. Da ich, natürlich, in seiner Wohnung bleiben kann, muss ich nur den Flug bezahlen.
Am Flughafen in Istanbul sitzend, springen mir viele Fragen in den Kopf.
Meine Erfahrung, jemanden zu lieben und mit ihm zu leben, war bis jetzt angenehm. Meine Erfahrung mit dem Leben ohne den Liebsten ist bis jetzt ziemlich schrecklich. Manchmal frage ich mich, ob er wirklich verliebt ist. Hat er mich geheiratet, weil er mich liebt oder weil ich ihn darum gebeten hatte und er sich einfach nur dachte, ‚ warum eigentlich nicht?‘. Ich lese diese Romane über Liebe und Romantik. Mein Herz pocht, meine Knie werden schwach, alles weg. Nun, mein Appetit hat mich noch nie im Status Verliebt sein verlassen, leider. Aber trotzdem …
Ich sehe so viel Leben hier am Flughafen. Glücklich Verheiratete, die ganz hartnäckigen, und bestimmt auch Frisch geschiedene. Gibt es überhaupt so etwas wie die vollkommen perfekte Liebe?
Als mein Flug nach Mumbai aufgerufen wird, merke ich, dass ich mit den Gedanken total weg war.
Ich erreiche den Flughafen Mumbai um 4 Uhr morgens. Ach du meine Güte! Ich habe noch nie so viele Menschen in der Nacht oder am frühen Morgen gesehen. Es ist wahnsinnig viel los!
David hatte schon auf mich gewartet und gemeinsam fuhren wir mit einem Taxi zu seiner Wohnung.
»Ich habe dich sehr vermisst«, flüstere ich ihm zu.
»Ich habe dich auch vermisst. Wie war denn dein Flug?«, fragt er.
»Es war in Ordnung. Danke!« sage ich.
Es hat sich gelohnt. Es lohnt sich, daran zu glauben, denn er scheint mich zu lieben.
»Willst du deine Eltern anrufen? Denn ich nehme mal an, dass du das tun solltest oder?«, er lächelt mich an.
»Ich mache das morgen. Es ist jetzt zu spät. Ich möchte auch erst einmal schlafen gehen«, antworte ich.
Ich schaue aus dem Fenster. Ich glaube, ich habe noch nie zuvor so viele Menschen bei Nacht auf den Straßen gesehen.
Wir kamen in der Wohnung an und mussten erst einer Hindi-Tradition, »Arati«, folgen.
Seine Mutter begrüßte mich sehr herzlich und bat mich, eine kleine Schale mit Reis umzustoßen. Dann durfte ich mit dem rechten Bein eintreten. Wir fütterten uns mit einer Art Süßigkeit und bekamen dann von ihr diesen roten Punkt auf der Stirn verpasst. Mir wurde gesagt, dass es normal ist, ein Brautpaar auf diese Art und Weise zu begrüßen und das Böse abzuwehren. Das »Bindi«, der rote Punkt, ist ein traditionelles Symbol für Ehe, und bedeutet weibliche Energie, die ihren Mann schützen soll.
Am nächsten Tag hatten wir zusammen Frühstück und ich überzeugte David davon, einen Spaziergang zu machen. Warum nur im Haus sitzen, wenn es draußen 30°C hat?
»Wow«, sage ich halblaut.
»Was ist?«, fragt er.
Es war gerade mal neun Uhr morgens und die Straßen waren voller Menschen. Und all die Fahrzeuge? Was auch immer ich mir vorgestellt hatte, es ist weit davon entfernt.
»Erwarte das Unerwartete«, scherzt David.
»Da vorne ist eine Kuh in der Mitte der Straße?!«, sage ich.
»Das ist hier normal«, sagt er, als sei es absolut nichts Besonderes.
Ich grinste, dann klingelte mein Telefon »Hhhello?«, keuchte ich.
Der Lärm von all den Autos, Menschen, Tieren und was auch immer, ist immens.
»Wie geht’s dir? Hast du vergessen, uns anzurufen?«, sagt meine Mutter.
»Ach quatsch, nein. Ich kam nur sehr spät an und wollte euch nicht aufwecken«, grinste ich.
»Aber ist alles in Ordnung?«, entgegnet sie.
»Ja natürlich. Es ist mein erster Tag hier. Ich muss erst mal die ganzen Eindrücke wirken lassen«, sagte ich.
Zuviel wollte ich nicht sagen. Alles ist so neu für mich.
David lacht. »Ich sag dir was, es ist ganz anders hier. Aber ich werde versuchen, diese Reise so angenehm wie möglich für dich zu machen. Versprochen.«
»Du bist fantastisch, ich liebe dich!«, sage ich.
So viel Verkehr! Ich habe so etwas noch nie in meinem Leben gesehen! Und alles extrem chaotisch. Eine berauschende Mischung aus Armut, Bars und Restaurants, viele alte Basare, eine Handvoll Hinduismus und einen kleinen Anteil Islam, die Masse der Menschen ist eine hektische Mischung aus dem Extremen Indiens. Was mich etwas schockt, die Mehrheit der Bevölkerung lebt in Slums. Und auf der anderen Seite speisen die Menschen in ultra schicken Bars und genießen die Zeit neben einem Bollywood-Star oder so einem Möchtegern.
Wir gingen zu verschiedenen Einkaufszentren und ich war beeindruckt, was mit einem halb-vollen Geldbeutel alles möglich ist.
»Morgen müssen wir zur deutschen Botschaft fahren«, sagt David.
»Mein Gott, die machen es einem wirklich schwer, nicht wahr?«, ich schaue ihn an, in einer ‘Tuck-Tuck’ sitzend.
»Willkommen im Mumbai Wahnsinn«, lacht er.
»Was gibt es denn für Sehenswürdigkeiten hier? Nicht, dass wir dafür Zeit hätten, nur aus reiner Neugier«, ich überprüfe, ob ich meine Kamera in der Handtasche habe.
»Nun, morgen, auf unserem Weg zur Botschaft, können wir am Gateway of India vorbeifahren. Es wurde vor einer Weile erbaut, um den Besuch des englischen Königs zu gedenken.« sagt mein Mann stolz.
»Okay. Lohnt es sich, das zu besichtigen?« frage ich ihn.
»Es ist in einer touristischen Gegend von Mumbai, gleich neben dem Taj Hotel. Normalerweise wimmelt es da nur so von Einheimischen und Touristen. Wir können ja einfach dran vorbeifahren, und dann entscheidest du selbst, ob es einen Besuch wert ist oder nicht!«, berichtet David.
Am nächsten Tag fuhren wir vorbei und ich schoss ein paar Bilder aus dem Taxi heraus, da wir es etwas eilig hatten, zur Botschaft zu gelangen.
»Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?«, fragt uns die Dame am Schalter.
»Wir möchten gerne einen Antrag auf eine Aufenthaltsgenehmigung für meinen Mann stellen«, sage ich.
»Wurde die Ehe bereits bei Ihrem ortsansässigen Standesamt registriert?«, fragt sie weiter.
»Wie bitte?« David und ich schauen uns nur verblüfft an.
»Wenn Sie eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen möchten, müssen sie diese Schritte hier beachten«, sie zeigt auf ein Informationsblatt.
»Ich verstehe. Aber können wir jetzt gleich ein Touristen-Visa beantragen?«, frage ich mich.
Sie sieht mich an, ihr Gesicht ganz ernst. »Nein, hier sind die notwendigen Dokumente. Wenn Sie wollen, können Sie damit dann ein Touristen-Visa einreichen.«
Na Dankeschön auch! Wir warteten eine ganze Weile, um überhaupt hineinzukommen, und jetzt können wir nicht einmal etwas tun? Auch wenn wir in Indien sind, scheint es, als ob man mit einem Schritt in der deutschen Botschaft gleich wieder am deutschen Papierkrieg teilnehmen würde.
Auf unseren Weg zurück nach Mulund (der Stadtteil, in dem David lebt) hielten wir in einem Restaurant und riefen Nitin an. Wir haben uns seit Dezember 2008 nicht mehr gesehen. Zum Glück lebt er hier in Mumbai und hatte eine Stunde für uns Zeit. Er hat es tatsächlich geschafft einen guten Job zu ergattern. Und wer hätte gedacht, dass ich einmal vor ihm heiraten würde?
Am Abend haben wir den Antrag für das Tourismus-Visa ausgefüllt und gingen gleich am nächsten Tag wieder hin.
Auf Wiedersehen Mumbai, und mein hübscher Ehemann, wir sehen uns am Ende des Monats wieder!