Читать книгу Sie wollen doch betrogen werden! - Michael Aulfinger - Страница 7
Kapitel 4
ОглавлениеThomas war im Herbst mit Sabine befreundet. Er hatte inzwischen eine Anstellung als Kurierfahrer erhalten, deren Touren ihn überallhin innerhalb Europas führte. Die ganze Woche über war er unterwegs. In seinem Jumper Kastenwagen von Peugeot brachten die Touren ihn von Portugal bis Schweden, und von England bis Österreich. Seinen Golf hatte er auf Harrys Namen angemeldet, weil er sich davon einen Vorteil versprach. Auch wenn Harry keinen Führerschein hatte, konnte dieser trotzdem Eigentümer eines Kfz sein. Der Vorteil wäre auch weiterhin beständig gewesen, wenn nicht eines Tages, als Thomas sich gerade auf einer Tour befand, der Golf einen größeren Schaden gehabt hätte. Sabine wußte nicht, daß Thomas der eigentliche Eigentümer des Golfes war. So war sie erstaunt, als Harry bei ihr in der Vorweihnachtszeit vorsprach, und um eine größere Summe Geld bat.
„2000,- Mark möchtest Du, das ist aber viel Geld. Das wäre alles was ich habe.“
Zähneknirschend ließ sie Harry ins Wohnzimmer treten.
„Ich weiß,“ Harry blieb in seiner äußeren netten Art ruhig und bescheiden. Aber er hatte herausbekommen, daß man auf der Freundschaftstour reitend viel mehr erreichen konnte.
„Aber Thomas hat es mir versprochen, und wenn ihr mal Hilfe braucht, bin ich sofort da, und helfe euch. Wir sind doch Freunde, oder?“
Er lächelte Sabine herzerwärmend an, so daß sie gar nicht anders konnte.
„Also, gut. Nur muß ich mich noch mal absichern. Dafür hast Du sicherlich Verständnis. Thomas ruf ich auf dem Handy an. Er müßte noch in Schweden sein, wenn er sein Einverständnis gibt, bekommst Du das Geld, aber nur unter der Voraussetzung, daß ich es so bald wie möglich wieder bekomme, schließlich ist es alles was ich habe, und ich habe lange darauf gespart.“
„Aber natürlich. Ich verspreche es.“ Harry legte wie unter Eid seine rechte Hand auf seine Brust, worunter sich sein Herz befand.
Sabine griff nach dem Handy und wählte Thomas Nummer. Die Verbindung war schlecht, so daß sie nicht lange reden konnten. Der Ton war miserabel, so daß nur Wortfetzen an ihr Ohr drangen. Sie fragte ihn nur, ob es in Ordnung sei, wenn sie Harry für das Auto Geld leihen würde. Eine Summe wurde nicht genannt. Thomas bejahte es am anderen Ende, und schon war die Leitung unterbrochen. Danach ging sie beruhigt mit Harry zur Sparkasse. Eine halbe Stunde später bedankte sich Harry recht nett für die 2000,- DM in bar, und ging auch gleich weiter.
Als Thomas wieder aus Skandinavien zurück war, klärte es sich auf. Er hatte angenommen, daß es sich um eine geringere Summe handeln würde, und Sabine erfuhr, daß Harry gar keinen Führerschein, und auch gar kein Auto besaß. Sie suchte gleich Harry auf, aber außer einen Achselzucken inklusive der Bemerkung, daß er das Geld nicht mehr habe, bekam sie nichts. Wem wundert’s, das Sabine angesichts des Vorfalls an diesem Abend noch mit Thomas Schluß machte, mit der Bemerkung: „Schöne Freunde hast du. Betrüger nenn ich so was. Eigentlich müßte ich zur Polizei gehen und diesen Mistkerl anzeigen. In den Knast gehört er.“
Thomas war äußerst schlecht auf Harry zu sprechen, doch schaffte dieser es immer wieder, Thomas an seiner weichen Stelle des Herzens zu erfassen. Ein treuer, bereuender Blick verbunden mit der Zusage, das dies wirklich nie wieder geschehen würde, gepaart mit einem eindringlichen Appell an die Freundschaft, und seine Wut ließ allmählich nach. Es ist nicht immer ein Vorteil, wenn man ein gutes Herz hat. Es besteht zu leicht die Gefahr, daß andere Mitbürger, die weniger Skrupel haben dies erkennen und radikal ausnutzen. So auch in diesem Fall. Sabine hat bis heute die 2000,- Mark nicht wieder gesehen.