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Max schlug die Augen auf. Er sah sich um. Stellte fest, dass er irgendwo auf dem Boden liegen musste, da er in erster Linie nur Schuhe und Beine stehen und gehen sah. Er entdeckte eine graue Brunnenmauer neben sich. Der Karl-Valentin-Brunnen. Da wollten sie vorhin doch hin, oder? Na klar. So musste es sein.

Herrschaftszeiten, am schlimmsten waren die Schmerzen an seinem Hinterkopf. Jemand musste ihn von hinten niedergeschlagen haben oder er war wegen der Kombination aus Föhn und Alkohol einfach umgekippt und anschließend mit dem Hinterkopf gegen den Brunnen geknallt. Beides war möglich.

Zwei junge Männer in Jeans und T-Shirts kamen direkt an ihm vorbei. Sie hielten an, schauten zu ihm hinunter und fragten ihn, ob sie ihm helfen könnten.

»Nein, danke«, erwiderte er, während er, mit einer Hand am Brunnenrand, vor Schmerzen stöhnend aufstand. »Ich komme klar.«

»Ein Bierchen zu viel erwischt, was?«, erkundigte sich der größere von beiden in astreinem Berliner Dialekt.

»Ich komme klar«, wiederholte Max eine Spur bestimmter und deutlich unfreundlicher als zuvor.

»Man darf das bayerische Bier nicht unterschätzen«, stichelte der Tourist unbeeindruckt weiter. Er grinste breit dabei.

»Schleicht’s euch, aber schnell.«

Zwei oberschlaue Jungpreißndeppen haben mir gerade noch zu meinem Glück gefehlt.

»Mein Gott, man wird ja noch helfen dürfen«, erwiderte jetzt der kleinere. »Sie sind schließlich auch nicht mehr der Jüngste.«

»Ach, habt’s mich doch gern.« Max winkte ab. Er beachtete die beiden nicht mehr, sondern drehte sich lieber einmal um die eigene Achse, um dabei zu realisieren, dass Mathilde nicht mehr da war. Hätte ihm auch gleich auffallen können. Aber da waren schon beim Aufwachen diese mörderischen Kopfschmerzen gewesen, die ihn immer noch nicht klar denken ließen.

»Das ist gar nicht gut, Max Raintaler«, murmelte er mehr zu sich selbst, während er immer noch dabei war, sich vollends in der Senkrechten auszurichten. »Hoffentlich ist ihr nichts Schlimmeres zugestoßen. Mann, was ist bloß passiert?«

»Du hast das Bier bei der Hitze nicht vertragen«, meinte der größere der beiden Burschen, die immer noch neben ihm standen. »Das ist passiert. Sonst nichts.«

Sie lachten albern und zeigten dabei mit den Fingern auf ihn.

Max lachte nicht.

»Wenn ihr nicht in einer Sekunde verschwunden seid«, sagte er laut, »kriegt ihr eine Tracht Prügel, die sich gewaschen hat. Hamma uns, ihr Kaschperlköpfe?« Er holte demonstrativ mit der rechten Faust zum Schlag aus.

»Ist ja schon gut. Meine Güte, was für ein unhöflicher bayerischer Waldschrat«, empörte sich der größere. »Da will man helfen und dann das. So viel zum Thema ›Weltstadt mit Herz‹.«

Dann sahen sie zu, dass sie Land gewannen. Anscheinend befürchteten sie, dass sie sich tatsächlich gleich eine Tracht Prügel einfingen.

»Was mach ich jetzt nur?«, fragte sich Max währenddessen wieder halblaut. »Mathilde ist doch sicher nicht einfach verschwunden und hat mich hier auf dem Boden liegen gelassen.«

Vielleicht holte sie sich aber auch nur irgendwo etwas zu trinken oder zu essen. Er wollte solange kurz hier auf sie warten, und dann hatte ihm jemand überraschend von hinten einen Scheitel gezogen. Wenn es so war, konnte sie gar nicht wissen, was geschehen war, und müsste jeden Moment wiederkommen. Aber warum hatte er eins draufgekriegt? Wenn er sich doch nur daran erinnern könnte, was geschehen war. In seinem Kopf herrschte diesbezüglich nichts als Dunkelheit.

Er sah auf seine Armbanduhr. 23.15 Uhr. Das letzte Mal hatte er, kurz bevor er und Mathilde den Brunnen erreichten, drauf gesehen. Da war es 22.55 Uhr gewesen. Dagmar war noch nicht hier gewesen. Mathilde hatte sich ängstlich darüber beschwert. Das wusste er noch. Aber an mehr konnte er sich nicht mehr erinnern. Also war er wohl locker eine Viertelstunde lang ohnmächtig gewesen. Den Schmerzen in seinem Kopf nach konnte dies sehr gut so gewesen sein.

Moment mal. Er wurde um kurz vor 23 Uhr nachts mitten auf dem Viktualienmarkt niedergeschlagen, und niemand hatte es beobachtet oder die Polizei gerufen?

Sehr seltsam. Oder war er doch nur umgekippt?

Obwohl, allzu viel war nicht mehr los in dieser eher etwas abgelegenen Ecke des großen Platzes, und dunkel war es obendrein.

Vielleicht sollte er noch ein paar Minuten warten, bis sie eventuell wieder zurückkam.

Nicht lang herumraten. Entscheidungen treffen, Raintaler.

Zum Glück hatte er Mathildes Handynummer, da sie ihm vorhin das Bild von Dagmar aufs Display geschickt hatte. Er rief sogleich bei ihr an.

Sie ging nicht ran, obwohl er wusste, dass sie ihr Handy bisher die ganze Zeit über wegen Dagmar eingeschaltet hatte.

»Das ist gar nicht gut, Max«, murmelte er. »Das ist sogar eher ziemlich schlecht.«

Er legte wieder auf.

Denk nach, Mann. Was ist passiert, bevor du ohnmächtig wurdest? Hast du, außer Mathilde, noch jemanden gesehen? Was tat sie in dem Moment, ab dem du dich nicht mehr erinnern kannst?

In Ermangelung einer Antwort rief er erst mal Monika an.

»Ich komme später, Moni. Ich wurde, glaube ich, niedergeschlagen, und die zweite Frau ist auch verschwunden.«

»Welche zweite Frau?«

»Erst ist Dagmar verschwunden, dann Mathilde.«

»Ach wirklich?« Die Ironie in ihrer Stimme war nicht zu überhören.

»Jetzt tu nicht so blöd gespreizt.« Er schnaubte genervt. »Franzi und ich hatten zwei Touristinnen aus Dortmund am Tisch. Hier im kleinen Biergarten am Viktualienmarkt. Alles ganz harmlos. Doch jetzt sind beide weg, und ich hab eins auf den Kopf bekommen. Denke ich zumindest.«

»Von Mathilde oder Dagmar?«

»Ich weiß nicht, wer es war. Vielleicht bin ich auch nur unglücklich gestürzt.« Er schüttelte verwirrt den Kopf, ließ es aber wegen der stechenden Schmerzen gleich wieder bleiben. »Auf jeden Fall tut es verdammt weh. Ich war ohnmächtig.«

»Was? Wirklich?« Sie hörte sich auf einmal gar nicht mehr so forsch an wie zuvor. Eher erschrocken und ernsthaft besorgt.

»Ja.«

»Und wo ist Franzi?«

»Beim Essen.«

»Wo sonst.«

»Stimmt.« Max konnte sie förmlich grinsen sehen. Er grinste ebenfalls schwach, obwohl ihm überhaupt nicht danach zumute war. »Aber er müsste längst fertig sein bei den Hubers. Ich ruf ihn gleich mal an.«

»Tu das, und lass jemanden deine Verletzung anschauen. Mit einer Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen. Das weißt du selbst.«

»Mach ich.«

Mord am Viktualienmarkt

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