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1.2.3 Sprach- und TextspielkompetenzTextspielkompetenz

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Die Begriffe SprachspielSprachspiel und TextspielTextspiel erfassen kreative Experimente mit sprachlichen bzw. textuellen Einheiten. Die darauf bezogenen KompetenzenSprachspielkompetenz schließen Kenntnisse über Sprachstrukturen und TextmusterTextmuster ebenso ein wie die Fähigkeit, kreativ mit diesen Strukturen und Mustern umzugehen. Textrezipientenseitig ist es die Fähigkeit, sprach- bzw. textspielerisch realisierte GestaltungsideenGestaltungsidee zu erkennen. Im Einzelnen lassen sich – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – folgende „Spiel-Arten“ unterscheiden:

WortspieleWortspiel: Darunter fallen textkommunikative Spiele

 mit ähnlich lautenden Wörtern, z.B. mit den Substantiven Grube und Gruppe in der satirischen Titelzeile Häschen in der Gruppe (Eulenspiegel, Nr. 3/2016, 50), die auf ein bekanntes Kinderlied anspielt;

 mit der Komponentenstruktur von PhraseologismenPhraseologismus (Redewendungen), z.B. mit der Reihenfolge von Komponenten: Tunnel am Ende des Lichts (Programmtitel des Kabaretts „Magdeburger Zwickmühle“); Schafe im Wolfspelz (Frankfurter Rundschau, 17.12.2012, Beilage S, 1);

 mit der PolysemiePolysemie (Mehrdeutigkeit) von Lexemen (Systemwörtern) – wie in der Schlagzeile Zähes Ringen bei Olympia (Focus, Nr. 8/2013, 139). Die GestaltungsideeGestaltungsidee besteht darin, die Schlagzeile unter Ausnutzung der Polysemie des Lexems Ringen (1. ‚große Anstrengungen zur Lösung eines Problems‘; 2. ‚Ringkampf‘) mit textkommunikativer Mehrdeutigkeit (AmbiguitätAmbiguität) anzureichern, indem sich beide Bedeutungsvarianten überlagern. Im Haupttext erfahren wir sowohl vom Vorhaben des IOC, die Sportart Ringen (Bedeutungsvariante 2) ab 2020 aus dem olympischen Programm zu nehmen, als auch vom internationalen Ringen (Bedeutungsvariante 1) um den Erhalt dieser Sportart bei Olympia.

WortbildungsspieleWortbildungsspiel: Es handelt sich erstens um kreative Experimente mit der Konstituentenstruktur von Wortbildungskonstruktionen. Konstituenten werden

 auf der Basis von Lautähnlichkeit ausgetauscht: Wochenschauer (Eulenspiegel, Nr. 9/2016, 65) statt Wochenschau; Hartz-Infarkt (Programmtitel des Kabaretts „Kartoon“) statt Herzinfarkt;

 auf der Basis paradigmatischer Beziehungen im Wortschatz antonymischAntonym/antonymisch hinzugefügtHinzufügen: unorganisierte Kriminalität (Eulenspiegel, Nr. 6/2016, 40) statt organisierte Kriminalität;

 auf der Basis des Wortbildungsmusters Zusammensetzung (Komposition) dekomponiert: Wahn & Sinn (Rubriktitel der Satirezeitschrift „Eulenspiegel“) statt Wahnsinn.

Spiele mit der Wortbildung haben zweitens ein spezielles Wortbildungsmuster hervorgebracht: die Kreuzung/Verschmelzung zweier Wörter (KontaminationKontamination). Das Wort Demokratur ist eine Kreuzung aus Demokratie und Diktatur, das Wort zwischendurst (Paulaner: Genuss für zwischendurst!) eine Kreuzung aus Durst und zwischendurch.

Wort-Bild-SpieleWort-Bild-Spiel: Kreative Experimente mit Wörtern und Bildern erstrecken sich zum einen auf die geistreiche VisualisierungVisualisierung von Wortbedeutungen (als Beispiel die Visualisierung von Wiege der Pferdezucht im vorhergehenden Teilabschnitt), zum anderen auf die Formung von Bildern aus Wörtern. In einer Edeka-Werbeanzeige sind 41 anpreisende Wörter, darunter Frische, Qualität und Leckerbissen, zu einem Bild geformt, das ein Herz darstellt.

TextmusterspieleTextmusterspiel: Gespielt werden kann auch mit den Mustern von TextsortenTextsorte. Auf diese Weise entstehen z.B. in der Werbekommunikation hybride Texte als Mischung von Werbeanzeige und Lexikonartikel (vgl. Sandig 1986: 201), von Werbeanzeige und Märchen (vgl. Fix 1997: 101), von Werbeanzeige und Kontaktanzeige (vgl. Keßler 1998: 279). Auch Einzeltexte wie der Dekalog (die Zehn Gebote) können die Struktur einer Werbeanzeige bestimmen (ebd.: 282).

NamenspieleNamenspiel: Sie können sprach- oder textspielerisch in Erscheinung treten. Der sprachspielerische Umgang mit Eigennamen aller Art (Personen-, Mannschafts-, Städtenamen usw.) zeigt sich z.B.

 bei der Modifikation des SprichwortsSprichwort Unverhofft kommt oft. in der Schlagzeile Unverhofft kommt Ovtcharov (Potsdamer Neueste Nachrichten, 03.08.2012, 15), wo der Familienname eines Sportlers (Sportart Tischtennis) das Adverb oft ersetzt;

 bei der Kreuzung des Mannschaftsnamens Hoffenheim (Kurzform) mit dem Wertadjektiv hoffnungslos in der Schlagzeile Neue Pleite für Hoffnungslosheim (Bild, 18.02.2013, 20), die auf eine Serie verlorener Fußballspiele Bezug nimmt;

 bei der paradoxen ZusammenrückungZusammenrückung der Verbform bog (umgangssprachlich boch) und der Präposition um zum Städtenamen Bochum in der Titelzeile Ein Mönch Bochum die Ecke (Eulenspiegel, Nr. 4/2016, Sonderseiten Literatureule, 94), mit der ein Nonsens-Text, über die Entstehung des Städtenamens Bochum Auskunft gebend, überschrieben ist.

Ein Beispiel für den textspielerischen Umgang mit Personennamen liefert ein Exemplar der journalistischen TextsorteTextsorte Porträt (vgl. Hoffmann 2012a: 242). Der Text ist nach dem poetischPoetizität/poetisch-ästhetischen Muster AkrostichonAkrostichon strukturiert. Das heißt: Jeder Buchstabe des Vor- und Familiennamens der porträtierten Person (im Beispieltext Armin Mueller-Stahl) wird der Reihe nach zum Anfangsbuchstaben eines am Anfang eines Abschnitts stehenden Wortes. Die abschnittseröffnenden Sätze zum Vornamen Armin lesen sich in diesem NamenspielNamenspiel-Porträt so (vgl. Filmspiegel, Nr. 3/1962, 16): Am Anfang war die Begeisterung für das Theater. / Recht oft ging er mit den Kindern ins Theater. / Mueller-Stahl … Dieser Name ist heute in Theaterkreisen recht gut bekannt. / In Karl-Marx-Stadt bereitet seine Schwester Dietlind als Dramaturgin jede Neuinszenierung mit vor. / Neunzehnhundertneunundvierzig hatte Armin Mueller-Stahl sein Staatsexamen bestanden – als Musiklehrer!

Mit Sprach- und TextspielenTextspiel verbindet sich eine breite Palette an Funktionen und Wirkungen. Das Erzielen formbezogener Erträge ist lediglich eine Funktion unter vielen anderen (vgl. u.a. Poethe 2002: 26–29; Janich 2010: 211ff.).

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