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III. Schiedspreisberechnung 1. Erläuterung
ОглавлениеAls einfachste Lösung zur Ermittlung eines Schiedspreises bietet es sich an, den Verhandlungsspielraum zu mitteln:
Beträgt der Verkäufergrenzpreis 100 000 Euro und errechnet der Käufer für sich einen Grenzpreis von 200 000 Euro, weil er ein besseres Unternehmenskonzept hat, das zu höheren Nettocashflows führen wird, so beträgt der Schiedspreis 150 000 Euro. Die dabei vorgenommene Mittelung erscheint auf den ersten Blick ungerecht, weil der Verkäufer durch sie auch an einer Wertentwicklung des Unternehmens partizipiert, die erst nach dem Verkauf möglich wird. Andererseits kann der Käufer seine Innovationen nur verwirklichen, wenn der Verkäufer mitwirkt und zum Verkauf bereit ist. Ohne sein Zutun verpuffen die erhofften Wertsteigerungen auf Seiten des Käufers vollständig. Bei einem Kauf zum Schiedspreis kann er zumindest die Hälfte davon realisieren. Es kommt damit zu einer „Win-Win-Situation“. Der Verkäufer erhält 50 000 Euro mehr, als er mindestens aus dem Verkauf benötigte, und der Käufer zahlt 50 000 Euro weniger, als er hätte zahlen können, um seine finanzielle Situation nicht zu verschlechtern.
Dennoch muss bezweifelt werden, dass eine Mittelung des zur Disposition stehenden Verhandlungsspielraums zu einem fairen Schiedspreis führt. Trifft z.B. in einem Fußballturnier (z.B. Weltmeisterschaft) der amtierende Weltmeister in der Gruppenphase des Turniers auf eine deutlich spielschwächere Mannschaft, die sich in der Weltrangliste auf den hinteren Plätzen wiederfindet, so ist unter normalen Umständen zu erwarten, dass der amtierende Meister gewinnt. Ein Schiedsrichter, der immer dann in das Spiel eingreift, wenn die spielstärkere Meistermannschaft ein Tor erzielt, und den Spielverlauf solange manipuliert, bis auch die formal unterlegene Mannschaft zum Ausgleich gelangt, würde als unfair bezeichnet – obwohl er doch nur möchte, dass die zu verteilenden Punkte, die es zu gewinnen gilt, fair und gleichmäßig auf die beiden Turniermannschaften verteilt werden. Ein fairer Schiedsrichter wird stattdessen das Spielgeschehen überparteilich begleiten, die Kräfteverhältnisse akzeptieren und nur bei groben Regelverstößen eingreifen.
Überträgt man aber diese Fairness-Grundsätze auf das zu erstellende Schiedsgutachten, so entspräche jede wie auch immer geartete Mittelung der beiden Grenzpreise dem Drängen auf ein Unentschieden seitens des Schiedsrichters. Fair wäre es daher, wenn sich der Schiedsgutachter einen Überblick über das Verhandlungsgeschick und die Verhandlungsstärke von Käufer und Verkäufer machte und danach den versierteren Investor bevorzugt, der kenntnisreicher und mächtiger ist – auch wenn dies unserem Empfinden von Fairness scheinbar widerspricht. In der Praxis wird der Unternehmensbewerter dennoch (zu Recht) zur Mittelung der Grenzpreise tendieren, denn eine davon abweichende Aufteilung lässt sich kaum auf justiziable Art und Weise45 begründen.