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2. Anwendung auf den Fall: Arbeitseinsatzäquivalenzprinzip (Unternehmerlohnprinzip)

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Die vorstehenden (finanziellen) Berechnungen für den Käufergrenzpreis des Neumeier (700 000 Euro) stimmen nur, wenn der Investor in dem Steuerbüro nicht mitarbeitet. Muss Neumeier aber seine aktuelle Anstellung kündigen, um seine Arbeitskraft in die neu erworbene Steuerkanzlei einzubringen, ist diese für ihn keine 700 000 Euro wert. Dies zeigt die etwas ausführlichere Bewertungsformel deutlich:


Neumeier teilt dem Bankangestellten mit, dass er 70 000 Euro aus dem Unternehmen erhält, wenn er 360 Tage im Jahr intensiv mitarbeitet. Der Bankangestellte antwortet ihm, dass er 700 000 Euro bei der Bank anlegen muss, um ebenfalls einen Betrag von 70 000 Euro zu erhalten – allerdings ohne mitzuarbeiten. Dies ist zwar eine interessante Aussage, sie beantwortet jedoch nicht die anstehende Bewertungsfrage, weil sie von falschen Prämissen ausgeht.

Das Dilemma zeigt sich in einem Vorher-Nachher-Vergleich. Vor dem Kauf hatte Neumeier einen Nettocashflow aus seiner Arbeitstätigkeit von 65 000 Euro und keinen Nettocashflow aus der Kanzlei „Tippe“, weil er diese noch gar nicht erworben hatte. Dafür fallen aber auch (noch) keine Schuldzinsen an. Per Summe verbleiben Neumeier 65 000 Euro jährlich für seinen Lebensunterhalt. Erwirbt er die Kanzlei für 700 000 Euro, so muss er sein Angestelltenverhältnis kündigen. Er hat dann keine Lohneinnahmen mehr. Dafür bezieht er nun Nettocashflows aus der Kanzlei „Tippe“ i.H.v. 70 000 Euro pro Jahr, die er in voller Höhe benötigt, um die Schuldzinsen für das Darlehen aufzubringen (= 700 000 Euro · 10 %). Insgesamt hat Neumeier nach dem Kauf kein Geld mehr zum Leben: Er hat seinen Job gekündigt und braucht die gesamten Nettocashflows des Unternehmens, um seinen Zinslasten nachzukommen.

Aus diesem Grund muss Neumeier die Bewertungsformel anpassen, indem er den Nettocashflow um den Betrag vermindert, den er einem Geschäftsführer zahlen müsste, damit dieser für ihn die Kanzlei „Tippe“ leitet, so dass er nach wie vor seiner Arbeit außerhalb des Unternehmens nachgehen und daraus Nettocashflows erzielen kann. Alternativ kann er auch selbst im Unternehmen mitarbeiten, muss sich dann aber ein angemessenes Gehalt (Unternehmerlohn) zahlen, das den verfügbaren Nettocashflow mindert. Die (modifizierte) Formel lautet dann:


Der Vorher-Nachher-Vergleich bestätigt, dass der Preis von 50 000 Euro angemessen ist: Vor dem Kauf hat Neumeier einen Nettocashflow aus seiner Arbeitstätigkeit von 65 000 Euro, keinen Nettocashflow aus der Kanzlei „Tippe“ und keinen Zinsaufwand, weil er die Kanzlei noch nicht erwarb. Erwirbt er die Kanzlei für 50 000 Euro, so muss er zwar seinen Arbeitsplatz kündigen und verliert dadurch jährliche Nettocashflows von 65 000 Euro. Zugleich erwartet er aber aus der Kanzlei „Tippe“ einen Cashflow von 70 000 Euro pro Jahr. Von diesem Betrag muss er aber 5 000 Euro (= 50 000 Euro · 10 %) an die Hausbank an Schuldzinsen abführen, so dass ihm noch 65 000 Euro zum Leben verbleiben. Bei einem Kaufpreis von 50 000 Euro hat sich seine finanzielle Situation nicht verändert. Der jährliche Nettocashflow bleibt von der Investitionsentscheidung unberührt. Deshalb stellen die 50 000 Euro den Käufergrenzpreis dar, wenn Neumeier in der Kanzlei mitarbeiten muss.

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