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Kassettenrecorder

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Fast alle befragten Jugendlichen sind zum Zeitpunkt des Interviews im Besitz eines Kassettenrecorders. Während die Westberliner Jugendlichen ihn bereits im Kindesalter als Abspielgerät von Märchenkassetten benutzten, erhielten viele Ostberliner Jugendliche ihn als Geschenk zur Jugendweihe. Holm Felber weist auf die besondere Bedeutung der Kassette bei DDR-Jugendlichen hin: „Die Musikcassette avancierte zum entscheidenden Medium des gezielten Zugriffs DDR-Jugendlicher auf Musik. Die Programminhalte der privat bespielten Musikcassetten DDR-Jugendlicher wurden grundlegend von den in der DDR empfangbaren UKW-Hörfunkstationen der BRD und Westberlins bestimmt. Die Mehrheit der DDR-Jugendlichen war musikkulturell längst in die massenmedial zugänglichen Gefilde des westlichen Popmarktes emigriert“ (Felber in: Hennig/Friedrich 1991: 107 f.).

Unmittelbar nach der Wende wurde der Kassettenrecorder in Ostberlin als sinnvolles Übergangsmedium wahrgenommen: „Ich nutze am meisten den Kassettenrecorder. Also ich habe von Platten, die ich mal ausborge, weil, bei uns gibt es ja doch keine zu kaufen, also nicht so was, was mich interessiert, und drüben habe ich noch nicht das Geld dafür, mir die zu kaufen, da hole sie mir lieber und überspiele sie auf Kassette“, erklärt Petra (19) aus Ostberlin. In beiden Teilen der Stadt werden von den befragten Jugendlichen selten bespielte Kassetten gekauft, sondern Leerkassetten mit aktueller Musik für den Walkman aufgenommen. Hier sind zwischen Ost und West keine Unterschiede erkennbar. Später ist jedoch feststellbar, dass aufgrund von Zeitmangel immer weniger aufgenommen wird als früher: „Erstens komme ich kaum dazu, höchstens morgens, und zweitens überspiele ich mir von Leuten dann, wenn die sich eine Kassette gekauft haben, oder ich kaufe mir selber Originalkassetten“, so Daniel (14) aus Ostberlin. Lediglich Jugendliche mit Migrationshintergrund nutzen häufiger bespielte Kassetten, da sie ihre Lieblingsmusik selten im Radio hören können.

„Da gibt es erstens nicht so interessante Lieder. Und den Kanal suchen, das ist alles blöd. Einfach lieber die Kassetten hören, wo die Musik gut ist“, stellt Murat (13) aus Westberlin lapidar fest. Generell bleibt festzuhalten, dass Kassetten, die für Ostberliner Jugendliche eine wichtige Funktion vor der Wende hatten, nämlich die gezielte Aufnahme von Lieblingstiteln, inzwischen aus der Medienwelt der Jugendlichen verschwunden sind. Musik ist heute immer und überall im Internet verfügbar, zum anderen kann man sich auf das Handy jederzeit seine Lieblingsmusik aufnehmen.

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