Читать книгу Verfassungsprozessrecht - Michael Sachs - Страница 19

5. Plenum

Оглавление

40Von den weiteren Gliederungen des BVerfG ist vor allem das Plenum von Bedeutung, in dem alle Richter des BVerfG zusammenwirken. Das Plenum ist im BVerfGG nur im Zusammenhang mit einzelnen Zuständigkeiten angesprochen; einige nähere Bestimmungen treffen die §§ 1–3 GOBVerfG. Abgesehen von der schon erwähnten Regelung der Geschäftsverteilung gemäß § 14 Abs. 4 BVerfGG (→ Rn. 31) sind dem Plenum die Entscheidungen übertragen, die das BVerfG im Zusammenhang mit der Versetzung eines dienstunfähigen Richters des BVerfG in den Ruhestand oder mit seiner Entlassung zu treffen hat (vgl. § 105 BVerfGG).

41Eine für den Inhalt der Judikatur des BVerfG zentrale, wenngleich in der Praxis selten relevant gewordene Entscheidungskompetenz des Plenums ergibt sich aus § 16 Abs. 1 BVerfGG. Diese Bestimmung dient dem Zweck, Divergenzen zwischen der Judikatur der beiden Senate des „Zwillingsgerichts“ zu vermeiden, positiv ausgedrückt, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des BVerfG zu sichern. Dieses den Vorbildern anderer Prozessordnungen entsprechende Zwischenverfahren, das in §§ 48f. GOBVerfG näher ausgestaltet ist, ist dann durchzuführen, wenn ein Senat in einer Rechtsfrage von der in einer Entscheidung des anderen Senats enthaltenen Rechtsauffassung abweichen will. Die fragliche Rechtsauffassung muss für die Entscheidungen beider Senate von tragender Bedeutung sein bzw. gewesen sein (auch → Rn. 497f.); Unterschiedlichkeiten der Rechtsprechung, die sich nur in obiter dicta, d.h. in beiläufigen Bemerkungen der Entscheidungen, finden, bleiben unberücksichtigt. Ob die Voraussetzungen für eine Vorlage gegeben sind, entscheidet allein der jeweils vorlagepflichtige Senat.

|13|Hinweis: Den Versuch des Zweiten Senats, in einem spektakulären Fall („Kind als Schaden“) den Ersten Senat zu einer Vorlage zu veranlassen (BVerfGE 96, 409ff.), hat dieser dementsprechend zurückgewiesen (BVerfGE 96, 375 [403ff.]).

42Das Plenarverfahren unterbleibt, wenn der Senat, von dessen Rechtsauffassung der andere Senat abweichen will, auf Anfrage erklärt, dass er an seiner Rechtsauffassung nicht festhält (§ 48 Abs. 2 GOBVerfG). Nach der Entscheidung des Plenums hat der Senat, der das Plenum angerufen hat, bei der Entscheidung in seinem Ausgangsverfahren die Rechtsauffassung des Plenums zu Grunde zu legen; eine erneute Anrufung des Plenums wegen derselben Rechtsfrage in späteren Verfahren ist nicht ausgeschlossen (zur vergleichbaren Divergenzvorlage nach Art. 100 Abs. 3 GG → Rn. 501).

43Die wenigen einschlägigen Verfahren betrafen die Frage, wie politische Parteien vor dem BVerfG die Verletzung ihres verfassungsrechtlichen Status geltend zu machen haben (BVerfGE 4, 27), die Auslegung des (zwischenzeitlich aufgehobenen) § 554b Abs. 1 ZPO (BVerfGE 54, 277), die Bedeutung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bei überbesetzten Spruchkörpern (BVerfGE 95, 322), das Fehlen fachgerichtlicher Abhilfemöglichkeiten bei Verletzungen des rechtlichen Gehörs (BVerfGE 107, 395) und Kompetenzfragen im Zusammenhang mit dem Streitkräfteeinsatz im Inland (BVerfGE 132, 1ff.). Ferner ist hinzuweisen auf die bereits erwähnte unterbliebene Vorlage des Ersten Senats der Frage, ob es von Verfassungs wegen (Art. 1 Abs. 1 GG) verboten ist, die Unterhaltspflicht für ein Kind als Schaden zu begreifen (→ Rn. 41).

Verfassungsprozessrecht

Подняться наверх