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6. Handel

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Llaranea, Hafenstadt der Landmark, an der Südspitze des Kontinents

Llaranea war noch immer die größte Stadt der Landmark, auch wenn ihre Bedeutung teilweise geschwunden war. Hier war die kleine Flotte mit den Überlebenden gelandet, hier hatte man die erste Siedlung der Landmark gegründet. Llaranea war Hauptstadt und Handelszentrum der neuen Mark und von hier aus hatte man einst begonnen, das Land zu erkunden.

Die Entdeckung der Landenge im Norden, die des dortigen Gebirges und der Tatsache, dass sich jenseits der nördlichen Gebirgskette ein weitaus größeres Land befand, welches von feindlichen Barbaren bewohnt wurde, hatte aus militärtaktischen Gründen dazu geführt, die Hauptstadt mit der Gründung von Newam um rund 1.200 Tausendlängen nach Norden und ungefähr in die Mitte der Landmark zu verlegen. Llaranea blieb jedoch das Zentrum des Handels und der bescheidenen Industrie, auch wenn beides in Newam im Wachsen befindlich war. Doch mit der Lage als geschützter Hafen in einer riesigen Bucht würde Newam niemals konkurrieren können, davon waren die Bewohner von Llaranea überzeugt.

Eigentlich lag Llaranea rund fünfhundert Tausendlängen nordwestlich der eigentlichen Südspitze der Landmark. Die Südspitze selbst wurde von einem massigen Gebirgszug eingenommen, in dem man Steine abbaute und sich die reichhaltigen Erzadern nutzbar machte. Auf einer der niedrigeren Berggipfel des Gebirges befand sich der südlichste und wohl einsamste Vorposten der Landmark. Es handelte sich um einen Beobachtungs- und Signalposten, der mit drei Männern besetzt war, die jede Woche abgelöst wurden. Ihnen standen zwei hervorragende Langaugen und einer der Lichtspiegel zur Verfügung.

Schon seit Langem beherrschte man die Kommunikation mit Hilfe der beweglichen Spiegel, die entweder das Sonnenlicht oder den Schein einer sehr hellen Lampe nutzten. Eine einfache Klappe verdeckte die Konstruktion und diente dazu, kurze und lange Lichtblitze abzugeben. Man hatte eine schlichte Signalsprache entwickelt, in der man den wichtigsten Worten eine entsprechende Anzahl von Lichtimpulsen unterschiedlicher Kombination zuordnete. So waren die Lichtspiegel-Stationen ein bewährtes Mittel, sich schnell und über weite Distanzen zu verständigen. Inzwischen verband eine ganze Reihe dieser Drei-Mann-Posten die Hafenstadt Llaranea mit der Hauptstadt Newam und allen Weilern der Mark.

Die Bucht von Llaranea war mit ihren nahezu einhundert mal einhundert Tausendlängen sehr groß, doch sie war geschützt, bot ruhiges Wasser und großen Fischreichtum, so dass die Fischer der Stadt nur selten auf das offene Meer hinausfuhren. Am nördlichsten Punkt lagen Hafen und Stadt.

Es gab eine Reihe von Kais, an denen Schiffe festmachen konnten. Auch die letzten hölzernen Stege würden schon bald durch die stabilen Konstruktionen ersetzt werden. Die Enden der Kais gingen in die Hafenmauer über, die sich breit und mit Steinen gepflastert vor der Stadt entlangzog. Hier gab es mehrere Gebäude und Hallen, die dem Hafenbetrieb dienten. Kais und Hafenmauern waren kaum drei Längen hoch, da der Unterschied zwischen Ebbe und Flut kaum zwei Längen betrug. Selbst wenn es auf dem Meer einmal stürmisch wurde, machte sich das in der Bucht nur selten bemerkbar.

An den Anlegestellen lagen zwei Dutzend große Dampfschiffe und ein Drei-Mast-Segler. Die meisten waren kaum mehr als Wracks. Es waren die Überbleibsel der einstigen Rettungsflotte. Bis auf eine Handvoll waren sie ausgeschlachtet und zum Bau der ersten Siedlung verwendet worden. Hinzu kamen einige Dutzend kleinerer Wasserfahrzeuge, vom Segler bis zum geruderten Zubringerboot. Mit den kleineren Seglern nutzte man jene Flüsse als Wasserstraße, welche die Mark durchzogen.

Der Handel mit den anderen Siedlungen fand über Newam statt, da es zentraler gelegen war. Llaranea war der Umschlagplatz für Steine und Erz, die man überall benötigte, und so waren Markt und Handel nicht besonders groß. Man lag weit abseits der Routen, welche die Händler anderer Völker befuhren und da die Landmark, nach deren Ermessen, noch nicht viel zu bieten hatte, verirrte sich nur selten ein fremdes Schiff hierher. Andererseits fuhren auch die Schiffe der Landmark nur selten hinaus. Fast einhundert Jahre lang hatte der Hochlord immer wieder Erkundungsschiffe entsandt, die nach dem Verbleib der übrigen Flotte forschen sollten, die in dem verhängnisvollen Sturm auseinandergetrieben worden war, doch man hatte keine Anzeichen anderer Überlebender entdeckt. Dafür jedoch bewohnte Inseln und Länder, deren Bewohner nicht unbedingt freundlich waren. Aufgrund der Tatsache, dass die neue Mark noch schwach und verwundbar war, hatte sich der Hochlord entschlossen, das neue Land möglichst im Verborgenen erblühen zu lassen, bis es stark genug war, jeder Gefahr zu begegnen.

Llaranea war eine teilweise befestigte Stadt. Nach der Landung hatte man nicht gewusst, ob das neue Land bewohnt war und so hatte man die erste Siedlung zunächst mit einer hölzernen Palisade und später mit einer stabilen Mauer und Türmen umgeben. Inzwischen war die Stadt längst über diese Einfassung hinaus gewachsen. Wie sehr die latente Bedrohung durch die Walven das Leben ihrer Bewohner beeinflusste, zeigte sich an der Bebauung.

Im geschützten Bereich der inneren Stadt war Baugrund kostbar. Die Häuser nahmen nur eine kleine Grundfläche ein, strebten dafür jedoch bis zu vier Stockwerke empor. Die Hausdächer schienen aufeinander zuzuwachsen. Vor allem in den engen Gassen erreichte das Sonnenlicht nur wenige Stunden am Tag den Boden. Alles war beengt und es erwies sich als schwierig, die Abwässer und Abfälle so zu beseitigen, wie es die Heilkundigen verlangten, damit keine Krankheit oder sogar Seuche ausbrach.

Hier, im Kern von Llaranea, hatten die Handwerker ihre ersten kleinen Werkstätten errichtet. Inzwischen waren aus ihnen Läden entstanden, in denen die Hersteller ihre Waren zum Kauf anboten, denn die neuen und größeren Werkstätten lagen nun vor der Mauer. In den Läden wurden Kleidung, Lederwaren, Töpferwaren, Glaswaren, Schmuck und viele Dinge mehr geboten und zwischen ihnen gingen die Bäcker und Lebensmittelhändler ihrem Geschäft nach.

Außerhalb der Stadtmauer waren Tausende von Menschen damit beschäftigt, die Landmark mit den verschiedensten Waren zu versorgen und auch jene Dinge herzustellen, die nicht unbedingt zum täglichen Bedarf gehörten. Steinmetze, Bauern und Rinderzüchter waren die Einzigen, die fern der Städte tätig waren. Doch Glasschmelzen, Mühlen, Bäckereien, Eisenschmelzen und Schmiede, Schlachtereien und Gerbereien, Spinnereien und Webstuben, Waffenschmiede und ähnliche Betriebe arbeiteten vor den Toren der Stadt. Holz gab es reichlich und so wurden die Kessel der vielen Dampfmaschinen mit Feuer oder Sonnenspiegeln aufgeheizt. Dampf und Rauch hingen stetig über den Arbeitsstätten und wurden gelegentlich, wenn der Wind ungünstig stand, in die Stadt hineingetrieben, was oft den Unwillen der dort Wohnenden hervorrief.

Zwischen Stadtmauer und dem Areal der Betriebe befand sich der große Markt. Hierher kamen die Händler der anderen Siedlungen und sogar aus der Hauptstadt Newam, um Waren zu erstehen und eigene Produkte anzubieten. Die erworbenen Waren wurden dann auf den Flüssen verschifft oder mit Kolonnen von Planwagen transportiert.

Hier herrschte immer Handel. Stimmen schwirrten zwischen den zahlreichen Ständen umher, man feilschte und stritt oder freute sich über ein gutes Geschäft. Die Handelsherren waren umgeben von den zahllos erscheinenden Trägern und Arbeitern, welcher die Waren transportierten.

Handel war harte Arbeit und so gab es auch jene, die einen harten Arbeitstag erträglich machen. Man bot Speisen und Getränke unterschiedlichster Zubereitung und auch für Kurzweil war gesorgt. Es gab Akrobaten, Zauberkünstler, die allerdings nichts mit Magie gemein hatten, Spieler und kleine Bühnen, auf denen Schauspieler ihre Stücke darboten. Tanz- und Musikgruppen erfreuten Zuhörer und Betrachter.

Frau Indara war die unbestrittene Herrin des Marktes von Llaranea. Sie war klein, mollig und gutmütig, doch das durfte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie über den Markt und sein Treiben wachte und keinen Regelverstoß duldete. Sie trug ein langes Kleid mit langen Ärmeln, schlicht, jedoch aus bester Wolle. Darüber eine ärmellose Jacke mit zahlreichen Taschen, in denen sie persönliche Dinge und jene Gegenstände mit sich führte, die sie für ihre Funktion benötigte. Die Füße steckten in flachen weichen Schuhen, die Indara zusätzlich ausgepolstert hatte, denn ihre Fülle und die langen Fußwege verursachten ihr abends stets schmerzende Beine. Ein breiter Gürtel vervollständigte ihre Kleidung. An ihm hing ein Beutel mit goldenen Schüsselchen.

Einst hatte man im Pferdevolk des Hochlords nur den Tauschhandel gekannt. Handel und Freundschaft mit dem Königreich von Alnoa führten dazu, dass man dessen Währung übernahm. Zuvor hatte Gold nur dem Zierrat gedient, doch nun goss man es in runde Formen von Daumennagelgröße. Die Bezeichnung als „Schüsselchen“ rührte daher, dass der Landesherr, dem allein die Herstellung vorbehalten war, sein Zeichen in die Goldmünze schlagen ließ. Die Wucht des Schlages hinterließ in dem weichen Metall eine leicht gewölbte Form.

Frau Indara war in Begleitung eines Schwertmannes. Llaranea verfügte über eine Garnison. Diese befestigten Anlagen wurden als Reet bezeichnet. In ihnen waren berittene Schwertmänner und Fußgardisten stationiert. Der Mann, mit dem langen grünen Umhang der berittenen Krieger, begleitete die Herrin des Marktes zu Fuß. Er war das sichtbare Symbol, das Frau Indara im Namen des Hochlords handelte. Seine Präsenz sollte ihren Entscheidungen und ihrem Schlichtungsspruch bei Unstimmigkeiten, Nachdruck verleihen. Er brauchte die Hand jedoch nur selten an den Griff seines Schwertes zu legen, denn die Autorität der Frau war unbestritten. Weitaus öfter musste er die Hand an eine Umhängetasche legen, in der sich die Prüfgewichte für die Waagen befanden.

Das bekam auch einer der Händler zu spüren. Frau Indara und der Schwertmann hatten einen kleinen Imbiss zu sich genommen, als sie den Disput zwischen dem Händler aus Llaranea und einem anderen hörten, der aus einem der Weiler stammte. Eigentlich war man sich über den Preis der Tuchwaren einig, die der Weiler auf dem Markt anbot, doch scheinbar gab es Unstimmigkeiten über den Gegenwert.

„Es ist beste Handarbeit und die Frauen unseres Weilers haben lange und sorgfältig gearbeitet, um das Tuch zu weben“, beharrte der Vertreter der kleinen Siedlung. „Feine Handarbeit und nicht der grobe Dung, den ihr hier auf den dampfbetriebenen Webstühlen produziert. Unser Tuch verlangt nach einem gerechten Preis.“

„Den ich Euch biete“, knurrte der Tuchhändler aus Llaranea.

„Ja, der Preis ist gerecht, doch mir scheint, unsere Tuchballen haben auf der Reise an Gewicht verloren.“

Tuch wurde nach Gewicht und Beschaffenheit bemessen und nicht nach seiner Länge. Der Händler des Weilers deutete mit seiner Behauptung an, dass sein Pendant aus Llaranea das Gewicht der Ballen zu niedrig ansetzte.

„Vielleicht hat es in Eurem Weiler geregnet, als Ihr das Tuch gewogen habt“, hielt der Tuchhändler dagegen. „Es ist nur natürlich, dass es da ein wenig mehr gewogen hat.“

„Und vielleicht sind Eure Gewichte zu alt und der Rost hat an ihnen gefressen. Jedenfalls stimmt nicht, was Ihr an Gewicht gewogen habt.“

Das Lächeln des Mannes aus Llaranea gefror. „Nennt Ihr mich einen Betrüger?“

Ringsum schienen die Gespräche zu verstummen. Ein furchtbarer Vorwurf stand im Raum und schlagartig richtete sich die Aufmerksamkeit der Umstehenden auf die Kontrahenten.

Frau Indara kam gerade hinzu, als der Tuchhändler die Hand an den Griff seines Ehrendolches legte. „Im Namen des Hochlords Nedeam, haltet ein!“

Indara trat zwischen beide Kontrahenten und sah sie mit blitzenden Augen an. „Ihr werdet euch mir erklären. Erst Ihr, Händler des Weilers, und ich will kein Geschwätz hören.“

Der Mann klagte sein Leid und der Vorwurf des Betrugs war nicht zu überhören. In der Menge war gelegentlich leises Raunen zu vernehmen, wenn die Anwesenden für den einen oder anderen Händler Partei ergriffen. Der Tuchhändler aus Llaranea wollte seinem Widersacher mehrmals ins Wort fallen, beherrschte sich jedoch angesichts des grimmigen Ausdrucks des Schwertmanns. Dann war er an der Reihe und beteuerte die Korrektheit seiner Gewichte und das er stets einen ehrlichen Handel betreibe.

Schließlich hob Frau Indara die Hand und gebot Schweigen. „Nun gut, ihr Herren, ich werde nun die Waage prüfen und dann werden wir ja sehen, wessen Worte die Wahrheit sprachen.“

Der Schwertmann nahm nacheinander die geprüften Gewichte Indaras aus seinem Beutel und stellte sie, mit dem entsprechenden Pendant des Händlers auf der anderen Seite, auf die Fläche der Waage. Das Ergebnis war eindeutig.

„Die Gewichte sind gleich“, verkündete die Herrin des Marktes. „Doch die Skala der Waage ist fehlerhaft.“ Wütendes Gemurmel erhob sich gegen den Tuchhändler und erneut gebot Indara Ruhe. „Haltet ein, denn der Tuchhändler ist nicht des falschen Handels schuldig. Seine Waage zeigt zu wenig an. Doch das gilt gleichermaßen für die Warenwaagschale und die mit dem Gewicht. Tuchballen und Gewicht wiegen somit gleichermaßen zu wenig. Dies gleicht sich aus. Keiner erlangt einen Vorteil. Der ausgehandelte Preis für das Tuch ist somit gleich ausgewogen, doch damit gerecht gezahlt wird, muss eine neue Waage her. Der Tuchhändler aus Llaranea hat diese zu beschaffen. Dann mag neu gewogen und die gerechte Zahl an Schüsselchen entrichtet werden. Das verkünde ich, Indara, als Herrin des Marktes von Llaranea und im Namen des Hochlords Nedeam.“

Das Gerät war fehlerhaft, doch niemand war absichtlich betrogen worden und so konnten beide Händler ihr Gesicht wahren.

Der Tradition folgend verneigten sich beide Männer voreinander und bekundeten so, dass kein Unmut zwischen ihnen stand. Während Helfer des Tuchhändlers zu einem Schmied eilten, um eine neue Waage zu besorgen, schlenderte Indara mit ihrem Begleiter weiter.

Plötzlich entstand erneute Unruhe.

„Seht dort! Am Himmel!“

Aus einem einzelnen Ruf wurden erregte Schreie und immer mehr Blicke richteten sich in den Himmel hinauf. Drei seltsame Objekte waren dort sichtbar, die sich langsam der Stadt näherten.

„Das … sind keine Lebewesen“, stellte Indara überrascht fest. „Das sind Schiffe, die den Himmel befahren!“

„Himmelssegler!?“ Der Schwertmann neben ihr umklammerte den Griff seiner Waffe. „Die alten Legenden berichten von Himmelseglern, die das Königreich Alnoa einst besaß.“

Kurz vor dem Untergang des alten Kontinents, durch den verheerenden Ausbruch eines Vulkans und der Flucht mit Hilfe der Evakuierungsflotte, hatte das Königreich Alnoa die ersten Luftschiffe entwickelt. Inzwischen hielt man die Berichte über sie allerdings für eine Legende. Doch was jetzt am Himmel schwebte, das war real.

„Jedenfalls sind es Dinge, die von sehr geschickten Händen gefertigt wurden“, stellte ein Glasschmelzer fest, der gerade ein von ihm gefertigtes Langauge ansetzte. „Es fragt sich nur, wessen Hände.“

„Soll ich das Reet alarmieren und Truppen anfordern?“, fragte der Schwertmann besorgt.

Indara überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Auch wenn diese Dinge durch den Himmel fliegen, so sind sie doch klein. Ich glaube nicht, dass sie großes Ungemach bringen.“

„Vielleicht wurden diese Himmelsschiffe sogar von anderen Überlebenden unseres alten Landes erbaut“, war eine hoffnungsvolle Stimme zu hören. „Anderen Überlebenden, die nach uns suchen und uns nun endlich gefunden haben.“

Der Glasschmelzer mit dem Langauge übergab das Instrument an Indara. „Ich glaube es nicht. Weit hinter den drei Fluggeräten schwebt etwas sehr viel Größeres am Himmel. Etwas wirklich Gewaltiges.“

Indara nahm das Langauge und war schockiert, als sie die ferne Wolkenstadt sah. Undeutlich und weit entfernt, doch ihre gewaltigen Ausmaße waren offensichtlich. Ein wenig bleich geworden, wandte sie sich dem Schwertmann zu. „Benachrichtige das Reet. Und der Hochherr der Stadt soll Alarm auslösen.“

„Das ist nicht erforderlich.“

Niemand hatte auf die Annäherung der Reitergruppe geachtet. Erst die ruhige Stimme des Sprechers zog nun die Aufmerksamkeit auf die kleine Schar.

„Das ist Nedeam!“, kam der Ruf. „Der Hochlord ist da!“

Nedeam war beliebt im Volk und Jubel brandete auf, bis Nedeam um Ruhe bat. „Lasst uns abwarten, was sich uns dort nähert. Ich glaube nicht, dass man feindliche Absichten hat. Wir sahen das Objekt von der Küste aus und eilten hierher, so schnell es uns möglich war. Bereiten wir uns auf die Begrüßung der Fremden vor. Wir sollten dies tunlichst in der gebotenen Höflichkeit tun. Freunde findet man selten und Feinde hat man sich rasch genug gemacht.“ Er breitete die Arme aus. „Schafft ein wenig Raum, damit die unbekannten Herren des Himmels hier landen können. Ah, und holt ein paar Musikanten her, die fröhlich aufspielen.“

„Ihr habt den Hochlord gehört!“, rief Frau Indara und klatschte auffordernd in die Hände. Nun los, bewegt euch!“

Die Unbekannten kamen nur sehr langsam näher.

„Das Reet, Herr?“, raunte Antarim.

Nedeam schüttelte entschieden den Kopf. „Auf keinen Fall, mein erster Schwertmann.“

„Sie kommen bedrohlich langsam näher“, meinte der Anführer der berittenen Kämpfer. „Vielleicht suchen sie sich bereits die lohnenden Ziele für ihren ersten Angriff aus.“

Nedeam stützte die Hände auf die Deckenrolle vorne am Sattel. „Ich kann Eure Bedenken verstehen, doch ich vermute, dass sie ebenso unsicher sind wie wir. Sie sind vorsichtig, was man ihnen nicht verdenken kann.“ Er sah seinen Freund lächelnd an. „Außerdem … Seht Euch das gewaltige Objekt an, welches hinter den drei vorderen folgt. Alle Reets und Kämpfer der Landmark könnten nichts dagegen ausrichten. Die Fremden könnten einfach über unsere Köpfe fliegen und uns mit Steinen erschlagen oder was immer ihnen als Waffe dient. Doch wer solche Dinge baut, der ist kein Barbar, der sinnlos einen Kampf beginnt.“

Inzwischen schuf man hastig einen freien Platz, der reichlich Raum für die kleineren Flugobjekte bot. Von überall, aus der Stadt, vom Markt und aus den Betrieben, eilten Menschen herbei, um dem Schauspiel und der Ankunft der Fremden beizuwohnen. Zwei Gruppen von Musikanten sammelten sich bei Nedeam und Indara.

„Spielt etwas Fröhliches“, forderte der Hochlord, „und hört erst auf, wenn ich das Zeichen gebe.“

„Die beiden Kleinen ähneln Vögeln“, stellte Antarim fest, „und das große Objekt jenen Beschreibungen, in denen unsere Legenden von den Himmelseglern Alnoas berichten.“

„Ihr habt recht, mein Freund.“ Auch Nedeam behielt die Objekte unentwegt im Auge. „Die Fremden werden sich an unseren Bannern orientieren. Wo ein Banner weht, da befindet sich auch derjenige, der etwas zu Sagen hat. Frau Indara, kommt näher an meine Seite und Ihr, Antarim, übernehmt den Befehl über unsere Ehrenwache.“

Mit der Handvoll Ordnungskräfte des Marktes war die Zahl der Schwertmänner auf zehn angewachsen, die hinter dem Herrn der Landmark eine saubere Linie bildeten. Das Banner des Pferdefürsten und der Wimpel der Stadt Newam wehten leicht im sanften Wind aus, der nun vom Meer heranstrich.

Die Himmelsflieger waren nun so nahe, dass man Details erkennen konnte, sofern der Blickwinkel von unten dies zuließ. Doch über der Reling des großen Objektes waren nun Gesichter zu sehen, die neugierig nach unten blickten.

Nedeam lachte befreit auf und winkte mit den Armen. „Rote Haare und lange Bartzöpfe? Das sind Zwerge, ihr guten Leute! Zwerge, wie jene, mit denen wir einst Seite an Seite kämpften.“

„Dann sind es gute und ehrbare Wesen“, seufzte Indara erleichtert.

„Mag so sein“, brummte Antarim, der jedoch misstrauisch blieb. „Es heißt, Zwerge seien uns im Wesen sehr ähnlich. Doch es gibt gute Menschen und es gibt Menschen, welche die finsteren Abgründe verschlingen mögen.“

„Da habt Ihr fraglos recht“, stimmte Nedeam zu. „Doch bei den kleinen Herren unseres alten Landes, da fand ich niemals ein arglistiges Wesen. Nein, dies ist ein Tag der Freude.“

In dem großen Luftschiff konnte der Herr der Wolkenstadt Eldont'haneeva seinerseits seine Unruhe nicht ganz verbergen. Unter den Zwergen versammelte sich eine immer größere Menschenmenge und starrte zu ihnen empor.

„Kann jemand erkennen, ob sie Waffen schwingen?“, kam die besorgte Frage eines Zwerges.

„Wenn sie uns feindselig gesonnen sind, so brauchen sie keine Waffen“, meinte ein anderer. „Die sind zu zahlreich und könnten uns mit bloßen Händen zerreißen.“

„Dort wehen Banner.“ Handelsmeisterin Benara Klughand nahm ihr kleines Langauge und reichte es an Barbrot weiter. „Wo Menschen ein Banner führen, da ist jemand von Bedeutung.“

Der Stadtmeister zog an seinen beiden Bartzöpfen und nickte zögernd. „So ist es, so ist es. Wir landen bei den grünen Tüchern, Freunde. Gebt Zeichen an die Flügelschwingen, dass sie in der Luft bleiben sollen. Nur für den Fall, dass diese Leute sich doch als unfreundlich erweisen.“

Benara strich sanft über einen seiner Bartzöpfe. „Es wird schon gut gehen, Barbrot.“

„Es wäre schlimm für unsere Stadt, wenn wir hier keinen friedlichen Handel treiben können.“

Die Fluggeräte erreichten eine freie Fläche, die man unter ihnen gebildet hatte. Sie befanden sich noch in einer sicheren Höhe von rund zweihundertfünfzig Längen. Von unten klang Musik herauf und Barbrot gab das Zeichen, zu landen.

Das Luftschiff mit der starren Tragehülle verfügte über zwei getrennte Auftriebskörper. Einer war mit dem Gas gefüllt, welches leichter als Luft war. Er trug das größte Gewicht von Schiff und Besatzung. Der andere wurde mit heißer Luft betrieben. Jetzt wurden die Sonnenspiegel in den Schatten der Hülle gedreht. Die Luft wurde nicht mehr aufgeheizt, erkaltete und das Luftschiff begann langsam zu Boden zu sinken.

„Macht freundliche Gesichter, meine Brüder und Schwestern“, befahl der Führer des Schiffes. „Zeigt ihnen, dass wir nichts Übles beabsichtigen.“

Das Luftschiff setzte mit einem sanften Ruck auf. Immer mehr Gewicht ruhte auf dem unteren Rumpf, so dass er bald sicher auf dem Boden stand. Aufgrund der starren Konstruktion fiel die Auftriebshülle nicht in sich zusammen.

Instinktiv packte Barbrot die Hand von Benara und für einen flüchtigen und kostbaren Moment lächelten sie sich zu und gaben sich ihren intimen Gefühlen hin. Dann löste der Stadtmeister den Griff und betrat als erster Zwerg den Boden der Landmark.

Rasch folgten Benara und eine kleine Gruppe Axtschläger, die ihre Arme jedoch abspreizten und fern der Waffen hielten, um so ihre friedlichen Absichten zu bekunden.

Den Zwergen der Wolkenstadt stand eine Gruppe der Menschen gegenüber, über denen zwei farbige Tücher an Lanzen wehten. Auch dort standen Bewaffnete, die allesamt lange grüne Umhänge und Schwerter trugen. Die Gesichter lächelten oder waren unbewegt, doch Barbrot hatte Erfahrung und spürte, dass die Männer kampfbereit waren.

Über die riesige Menschenmenge senkte sich angespanntes Schweigen. Nur die Musik spielte noch, bis sie, auf das Zeichen eines hochgewachsenen Mannes, mit einem Misston verstummte.

Barbrot war es sofort bewusst, dass er dem Herrn dieses Landes gegenüberstand. Seine Autorität war unverkennbar. Wieder einmal war er von der Größe dieser Lebewesen erschrocken. Barbrot war keineswegs klein und doch würde er, selbst wenn er sich reckte, dem Menschen kaum bis zu dessen Bauchnabel reichen.

Der fremde Herrscher lächelte. „Ich bin Hochlord Nedeam, Herr der Landmark, und ich freue mich, unsere Freunde vom Volk der kleinen Herren Zwerge begrüßen zu dürfen. Ihr seid uns willkommen.“

„Ich bin Barbrot Himmelsherr, Stadtmeister der Wolkenstadt Eldont'haneeva, vom Clan der Hanevaa. Ihr seid uns Zwergen schon begegnet?“

Dies galt nur für den langlebigen Nedeam. Kein anderer Bewohner der Mark hatte jemals einen leibhaftigen Zwerg zu Gesicht bekommen. Doch der Pferdefürst fand es nicht an der Zeit, sein Gegenüber mit komplizierten Details zu verwirren. Er trat etwas näher und ging in die Hocke, so dass sie beide sich bequem in die Gesichter sehen konnten.

„Wahrhaftig, guter Herr Zwerg, das sind wir, und wir standen Seite an Seite mit den tapferen Axtschlägern der Kristallstädte.“

„Kristallstädte?“ Barbrot räusperte sich. „Ich kenne die schwimmenden Städte unserer Brüder, der Zwerge der Meere, doch von Kristallstädten hörte ich noch nie.“

„Sie standen in den Bergen unserer alten Heimat. Doch ein gewaltiger Vulkanausbruch ließ unser Land im Meer versinken. Wir konnten uns mit Schiffen retten. Ein Sturm zwang unsere Flotte auseinander und wir wissen bis heute nicht, was aus unseren alten Gefährten geworden ist.“

Der Herr der Wolkenstadt nickte bedächtig. „Es wird interessant sein, unsere Geschichten auszutauschen.“

Nedeam richtete sich wieder auf und deutete auf die Luftgefährte. „Unsere Legenden berichten davon, dass wir einst ähnliche Himmelsschwingen besaßen. Das Geheimnis um ihre Beschaffenheit ging verloren. Aber ihr habt nicht nur Schwingen erbaut, sondern eine ganze Stadt errichtet. Eine einzigartige Leistung.“

Barbrot nickte lächelnd, obwohl ihm die Worte des Menschen überhaupt nicht gefielen. Die Konstruktion der Schwingen mit einem anderen Volk zu teilen, das würde keinem Zwerg gefallen, denn der Himmel verhieß Sicherheit. Zumindest, sofern keine Scharfschnäbel in der Nähe waren. Dieses Volk der Landmark mochte freundlich sein und es behauptete sogar, an der Seite von Zwergen gekämpft zu haben, aber selbst wenn dies der Fall war, so wusste man schließlich auch, wie wankelmütig Menschen sein konnten. Sein Clan würde gut daran tun, nicht zu viel über das Fliegen zu verraten.

„Ja, es ist eine großartige Leistung“, stimmte Barbrot Himmelsherrr dem Hochlord zu, „aber das gilt nicht weniger für das, was Ihr und Euer Volk erschaffen habt. Ihr habt eine schöne und große Stadt und nutzt die Kraft des Dampfes. Eurem Volk geht es gut und es treibt sicherlich regen Handel. Wie wir sehen konnten, befindet sich sogar eine Stadt des Wasservolkes in der Nähe der Küste.“

Nedeam verstand die versteckten Anspielungen und Fragen. Er war bereit, die Neugierde des Zwerges zu stillen. „Friedlicher Handel verbindet die Völker in Freundschaft, guter Herr Zwerg. Leider liegen wir fern der Handelsrouten. Nur sehr selten verirrt sich der Händler eines anderen Volkes zu uns.“ Er zuckte bedauernd mit den Schultern. „Leider sind wir kein Volk von Seefahrern. Auch wenn wir über einige Schiffe verfügen, so fährt doch nur selten eines hinaus. Was wir vom Meer brauchen, das holen unsere Fischer oder wir treiben Handel mit den Antari. Ihr habt deren Stadt tatsächlich gesehen?“

Bernbrot lächelte vergnügt. „Glaubt mir, guter Herr Nedeam, von den Wolken aus kann man so manches sehen.“

Nedeam deutete auf das Luftschiff. „Ihr gestattet einen Blick auf Euer Gefährt?“

Barbrot lachte freundlich. „Wenn der Hochlord einen Blick auf seinen Markt gestattet?“

Nedeam stimmte in das Lachen ein. Er wandte sich um. „Heißen wir die kleinen Herren willkommen und zeigen ihnen, was unsere Landmark zu bieten hat.“

Frau Indara klatschte in die Hände. „Ihr habt den Hochlord Nedeam gehört, ihr Männer und Frauen von Llaranea. Dies ist der größte Markt der Mark. Zeigen wir den Herren des Himmels, wie man bei uns Handel treibt.“

Benara Klughand eilte prompt zu Indara und es wurde sofort deutlich, dass beide Frauen sich im Wesen ähnelten und welche Vorfreude sie erfüllte, einen neuen Handelspartner gefunden zu haben. Nicht alleine, weil guter Verdienst winkte, sondern vor allem, weil beide Seiten davon ausgehen konnten, nützliche und auch ungewöhnliche Dinge zu entdecken. Der Handel mit Zwergen war für die Menschen der Mark ein erstmaliges Ereignis.

Innerhalb kurzer Zeit mischten sich Zwerge und Menschen untereinander. Die Neugierde auf beiden Seiten führte zu regen Gesprächen, in die sich immer wieder Gelächter mischte. Händler eilten herbei, um ihre Waren anzupreisen.

Barbrot Himmelsherr zeigte Nedeam und Antarim das große Luftschiff. Einige Zwerge breiteten das Angebot der Wolkenstadt aus, welches sich, im Vergleich zu dem der Mark, sehr bescheiden ausnahm. Barbrot hatte dies bereits befürchtet und wandte sich daher direkt an Nedeam. „Es mag sein, dass Euch unsere Waren nicht überzeugen, Hochlord, doch wir haben weit mehr zu bieten, als das, was Ihr hier mit Händen greifen könnte.“

Nedeam sah den kleinen Zwerg forschend an. „Und was wäre das, Herr der Wolkenstadt?“

„Unser Wissen, Hochlord. Nicht in der Kunst des Baus einer Stadt, die am Himmel fliegt, sondern in Wissen über das Land und die Inseln, welche unsere Stadt im Verlauf so vieler Jahre überflogen hat.“

Nedeam verstand sofort, worauf Barbrot anspielte. „Ihr sprecht von Karten?“

„Den besten, die Ihr nur bekommen könnt.“ Das Lächeln von Barbrot vertiefte sich. „Von der Höhe unserer Stadt aus können wir mit den Langaugen alles unter uns sehen.“

„Nun, sicherlich keine Bodenschätze, die im Untergrund verborgen sind“, erwiderte Nedeam freundlich, „aber ich bin mir sicher, dass Ihr herausragende Karten anfertigt, wenn es um die Form eines Landes, seine prinzipielle Beschaffenheit, um Entfernungen und Maße geht.“

„Sie wären nützlich für Euch“, versicherte Barbrot. „Es wären Karten in einer Genauigkeit, wie Euer Volk sie selbst niemals erstellen könntet.“

Nedeam überlegte. „Ich denke, das wären sie tatsächlich. Vermutlich habt Ihr sie noch nicht verfügbar?“

Der Zwerg schüttelte bedauernd den Kopf. „Eldont'haneeva hat diesen Kontinent gerade erst erreicht. Doch wir würden sie in kurzer Zeit für Euch fertigen“, fügte er rasch hinzu.

Nedeam warf einen langen Blick über das Luftschiff. „Ihr Zwerge seid hervorragende Handwerker.“

„Und hervorragende Flieger, Landvermesser und Kartenzeichner.“ Der Blick von Barbrot wurde forschend. Plötzlich hatte er eine düstere Vorahnung. „Warum erwähnt Ihr das Handwerk, Hochlord?“

„Weil ihr Zwerge dieses Himmelsschiff ganz ausgezeichnet ausgebessert habt“, bekannte Nedeam offen und sah die Betroffenheit im Gesicht des Stadtmeisters. „Man kann die reparierten Stellen kaum erkennen und muss schon ein sehr scharfes Auge dafür haben. Ich kenne die Sorgfalt der Zwerge aus unserer alten Heimat. Wenn diese einen Schaden an einer Stelle entdeckt hatten, von der ihr Leben abhing, dann flickten sie diese nicht, sondern tauschten gegen Neues aus.“ Er sah Barbrot ernst an. „Ihr habt das nicht getan. Ich vermute daher, dass Eure Stadt nicht über die erforderlichen Mittel verfügt.“

Das Gesicht des Herrn der Wolkenstadt verfinsterte sich. „Ich verstehe. Ihr wollte nun einen Vorteil im Handel daraus ziehen.“

Nedeams Antwort verblüffte den Zwerg. „Unsinn. Ich habe euch Zwerge als gute und tapfere Wesen kennengelernt und betrachte mich als euren Freund. Und ich weiß, dass ihr Zwerge einen fairen Handel schätzt. Seid also ehrlich, Barbrot Himmelsherr: Eure Stadt braucht viele Dinge, doch Ihr werdet nur das Notwendigste einhandeln, da Euch der Gegenwert in Handelsware fehlt. Ist es so?“

Der Stadtmeister strich nachdenklich über die Enden seiner Bartzöpfe. „Wenn Ihr Euch als Freund der Zwerge betrachtet, dann wisst Ihr auch, dass wir Zwerge nicht gerne in der Schuld anderer stehen.“

„Ich kenne den Stolz der Zwerge und dass sie niemals etwas schuldig bleiben“, antwortete Nedeam im Versuch, diplomatisch zu bleiben. Er begriff, dass der Stolz des Wolkenvolkes zu hoch war, um etwas entgegenzunehmen, für das sie keine echte Gegenleistung erbringen konnten. „Nun, hört mir gut zu, Herr der Wolkenstadt. Eure Karten werden sehr wertvoll für unser Volk sein, doch da gibt es etwas, mit dem ihr uns womöglich noch weitaus mehr helfen könnt. Sagt, wären die Karten auf unser Land beschränkt oder gingen sie auch über dessen Grenzen hinaus?“

Barbrot erkannte die Möglichkeit, die sich bot. „Die Karte umfasst Euer Land, aber wir können für Euch auch über die Grenzen hinweg und zu den benachbarten Inseln fliegen. Oder habt Ihr bereits Karten von diesen? Gar vom Wasservolk der Antari? Sie sind in Gewässern sicherlich kundiger,als Ihr.“

„Wir haben nur grobe Karten von den Küsten der benachbarten Inseln“, räumte Nedeam ein. „Und die Antari tragen zwar Küstenlinien ein, doch sie begeben sich nicht an Land.“

„Vernünftige Leute“, brummte Barbrot unwillkürlich. „Auch uns vom Wolkenvolk ist das Land nicht immer geheuer.“

„Im Norden stößt unser Land an ein noch weitaus größeres. Wir sind mit ihm über eine sehr schmale Landbrücke verbunden. Jenes Land ist von feindseligen Barbaren bewohnt und wir betreiben großen Aufwand, unsere Nordgrenze zu schützen. Wenn ihr Zwerge des Wolkenreiches, wenigstens für eine Weile, die Grenze aus der Luft beobachten könntet, dann hätte dies großen Wert für uns.“

Die Aussicht auf Barbaren gefiel dem Stadtmeister überhaupt nicht. Andererseits hatte der Hochlord sicher recht. Eine Flügelschwinge, die für begrenzte Zeit entlang der Grenze streifte, konnte weit ins Hinterland der Grenze sehen und sehr frühzeitig vor Gefahren warnen.

Barbrot Himmelsherr strich sich erneut über die Zöpfe, dann lächelte er. „Nun, Hochlord Nedeam, es sieht so aus, als sollten wir nun über einen Handel sprechen, der sich für beide Seiten lohnt.“

Wolken, Land und Wasser

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