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Kapitel: 8 Wo seid ihr denn?
Оглавление„Wo seid ihr denn?“ rufe ich.
„Wir sind gerade in einer Zelle und lesen was an der Wand eingeritzt ist. Dies war wohl eine Art Gefangenentrakt.“
„Verrückt, wenn man sich die einzelnen Schicksale vorstellt. Wie viele sind hier überhaupt lebend wieder rausgekommen.“
„Was ist auf der anderen Seite?“
„Ihr findet dort lauter kleine Zellen.“
Ich bin nochmal zurück zum alten Mercedes, er hat mich fasziniert.
„Kommst du mal zu uns rüber, wir sind im rechten Gang.“
„Na wie findet ihr diese Räume?“
„Etwas eng“, meint Betti
„Lass mich mal hineinsehen.“
„Stell dich doch mal rein“, fordert mich Betti auf. Tatsächlich gehe ich hinein, die Türe wird geschlossen. Stockdunkel, absolut kein Lichtschein vom Gang. Ich versuche mich umzudrehen, das geht nur sehr beschwerlich. Hier haben sie wohl die Leute hineingesteckt um sie gefügig zu machen. Ich rufe nochmals, „ihr könnt jetzt wieder aufmachen“, aber es klingt sehr gedämpft. Das muss an der Türfüllung liegen. Ich klopfe dagegen, keine Reaktion. Ich stelle mir vor, was wohl ein Häftling für ein Gefühl empfunden hat, wenn er hier womöglich längere Zeit eingeschlossen war.
„Na wie findest du das? Fragt Barbara.
„Komm lass den Blödsinn.“
„Für heute werden wir Schluss machen.“
„Treffen wir uns später?“ Barbara meint, „wenn du gerne mal allein sein willst, sag es bitte.“
„Vielleicht hast du Recht, dann machen wir heute einfach mal getrenntes Abendessen und wir sehen uns morgen zum Frühstück. Wir sollten unbedingt überlegen, ob wir den kleinen Mercedes für dich richten lassen.“
Plötzlich wird die Türe aufgerissen, „Barbara Dein Onkel liegt im Sterben, hilf bitte! Wir wollen ihn nach Stralsund bringen, da gibt es einen Arzt, oder besser noch in ein Krankenhaus“ meint Barbaras Mutter.
„Ich helfe euch ihn runter zu tragen, so könnt ihr ihn ins Krankenhaus bringen.“
Ich gehe sofort mit, Betti klappte an ihrem Wagen den Sitz um. „Wir legen ihn auf den Beifahrersitz.“
Die Mutter wollte lieber daheimbleiben. „Bitte fahrt jetzt ohne mich los, ich bleibe hier, ich will lieber alleine sein.“
„Wir verstehen das“, meinte Barbara. „Wir rufen dich vom Krankenhaus aus an.“
„Junger Mann, können Sie mal zu mir kommen?“
„Ja sicher, ich komme gleich.“
„Nehmen Sie sich ein Glas aus der Vitrine und setzen sie sich zu mir, ich will Ihnen etwas erzählen. Ich muss Barbara einiges erklären, ich hoffe sie wird mich verstehen und mir verzeihen.“
„Um was geht es denn?“, frage ich neugierig.
„Sie fährt nicht ihren Onkel in Krankenhaus, sondern ihren Vater. Ich musste dies immer geheim halten, aber da ich nun spüre, dass es mit ihm zu Ende geht, muss sie es wissen. Ihr Vater und sein Bruder waren wie ein Ei dem anderen. Sein Bruder jedoch war ein brutaler und unangenehmer Mensch. Es verging kaum ein Tag, an dem er nicht jemanden gequält oder sogar hingerichtet hat. Eines Tages ließ er seinen eigenen Bruder von den Wächtern abholen. Er warf ihm vor, das Land verraten zu haben. Sein Bruder war mein Mann. Sie müssen wissen, ich war mal sehr schön, sehen Sie sich ruhig die Bilder auf dem Kaminsims an.“ Ich stehe auf, und gehe zum Kamin.
„Meinen sie die Bilder hier? Das ist doch Barbara.“
„Nein, das bin ich. Mein Mann sagte auch immer, sie kommt voll nach mir. Na denken sie, mein Mann kam in den Kerker, hier im eigenen Haus. Besuchen konnte ich ihn nicht mehr. Eines Tages kam sein Bruder abends vorbei und meinte, „übrigens morgen früh lasse ich ihn erschießen. Dann ging er mit einem Grinsen im Gesicht. Am selben Abend kam er nochmals zu mir und meinte, es tut mir leid.“
An seiner Stimme merkte ich aber, dass etwas nicht stimmte. „Ich muss dir etwas erklären, bitte erschrecke nicht.“ Ich spürte die Sanftheit in seiner Stimme, als ich plötzlich seine Verletzung an der rechten Hand bemerkte. „Bist du es?“, fragte ich.
„Ja, aber es darf niemand wissen. Gestern Abend kam mein Bruder in Zivil in den Kerker. Er ging auf mich zu und meinte, damit du es weißt, ab morgen werde ich deine Frau vögeln. Daraufhin kam ich so in Rage, dass ich ihm einen Boxhieb verpasste. Er taumelte zurück und fiel an die Eisenkante meiner Liege. In diesem Moment kam mein Kumpel Gerhard vorbei, er hat alles beobachtet. Er sagt nicht viel und meinte nur, „um dieses Schwein ist es nicht schade.“ Komm beeil dich tausche einfach die Kleidung. Er half die Kleidung zu wechseln. Als sie es geschafft hatten, riefen sie die Wärter. Sie berichteten den Wärtern, dass der Gefangene den General angegriffen hätte, so blieb nur eine Möglichkeit, ihn zu erschlagen. Es war Notwehr!
Die Wärter meinten, so brauchen wir ihn nicht mehr erschießen, ließen ihn abholen und in ein Massengrab werfen.
Mein Mann, Hans-Werner, hieß ab diesem Tag Hans-Georg. Wir hielten dies natürlich geheim, ich hatte aber immer vor meiner Tochter Angst, dass sie es
herausbekommt. In den Aktenordnern hätte sie vielleicht einen Hinweis finden können. Die Jahre vergingen, als Barbara volljährig wurde, zog sie aus.“
„Was ist denn aus Gerhard geworden, er hat ja schließlich deinem Mann das Leben gerettet?“
„Er wollte so schnell wie möglich hier weg, er ließ sich nach Hamburg zur Marine versetzen. Später, hab ich nichts mehr von ihm gehört.“
„Aber dein Mann hat doch eine ganz andere Art gehabt, hat denn nie jemand etwas bemerkt, dass da was nicht stimmt.“
„Nein, er hat sich krank gemeldet, hat einen Nachfolger bestimmt. Die ganze Einheit, hat aufgeatmet. Sie dachten natürlich alle, ich hätte über Nacht die Fronten gewechselt.“
„Aber wann ist denn der Junge zur Welt gekommen“?
„Es ist nicht unser Sohn, wir haben ihn gefunden, auf einem Transport war er zwischen den Männern. Ich bat, ob ich ihm was zu essen geben dürfte. Der Transportführer meinte, nimm ihn, aber rede nicht darüber.
So kam Wilhelm im Alter von etwa zehn Jahren zu uns. Er ist noch heute verstört, hat ein Trauma.“
„Wie alt ist er denn heute“?
„Er ist inzwischen zweiunddreißig. Fast so alt wie Barbara.“
„Wie kam denn eigentlich Betti zu euch?“
„Betti stand eines Tages vor der Türe, etwa drei Jahre alt, genaues wissen wir bis heute nicht. Selbst der Suchdienst konnte keine Mutter oder Eltern ausfindig machen. Sie hatte Papiere bei sich, in denen stand, „Ich heiße Bettina Papenbruck.“
„Seitdem haben wir uns um sie gekümmert.“
„Aber von was habt ihr denn gelebt?“, frage ich.
„Ach, die Rente von Onkel Werner war sehr gut.“ Ich musste lachen, so viel Schlitzohrigkeit hätte ich ihr nicht zu getraut.
„Sie dürfen sicher sein, über meine Lippen wird nichts nach Draußen dringen.“
„Er wird sterben, ich weiß es.“
„Sie sind aber noch sehr rüstig, und ich finde, sie sollten öfter mal unter Menschen. Sie müssen mir bei Gelegenheit ein wenig mehr erzählen. Ich finde sie sehr sympathisch, wir sollten alle mal zusammen Abendessen. Aber jetzt wollen wir erstmal sehen, was aus ihrem Mann wird.“
Das Telefon läutet. „Das sind die Kinder, tatsächlich, und was gibt es Neues?“
Barbara berichtet, „Die Ärzte haben ihn an den Tropf gehängt, aber es sieht nicht gut aus. Wir kommen jetzt wieder zurück.“
„Es wird noch dauern, darf ich sie nun alleine lassen?“ frage ich vorsichtig.
„Machen Sie, ich habe nur eine Bitte, retten Sie dieses Anwesen. Ich habe so auf Sie gesetzt.“
„Ich werde mein Möglichstes tun. In den nächsten Tagen wissen wir mehr. Also Gute Nacht.“ Es fallen mir die Gespräche mit Barbara ein, so genau weiß sie anscheinend über ihre eigene Familie nicht Bescheid, man hat ihr wohl vieles bis heute verschwiegen.
Es war so um neun Uhr, als ich sie beide kommen hörte. Ich sah mir im Fernsehen gerade einen Krimi an, als die Türe aufging und Betti herein kam. „Du hattest wohl noch nicht genug von Mord und Todschlag?“, meint sie süffisant.
„Wieso, was meinst du?“
„Na, alles was du heute so gesehen hast.“
„Na ja, es hing ja nirgends eine Leiche. Ich habe vorhin lange mit Barbaras Mutter gesprochen, sie hat mir einiges erzählt.“
„Alles?“
„Ich glaube schon.“
„Na, dann weißt du ja nun Bescheid. Ich finde es gut, wenn du alles weißt, schließlich gehörst du ja nun fast zur Familie.“
Dann kam auch schon Barbara herein. Betti meint, „er weiß über alles Bescheid.“ „Ich wollte eigentlich vorschlagen, dass wir mal alle zusammen, ich meine auch mit deiner Mutter, Abendessen“, meint Barbara.
„Wir werden das in den nächsten Tagen arrangieren.“ Barbara kommt auf mich zu, „Ich habe ja völlig vergessen, dir ein Tuch um deinen empfindlichen Hals zu wickeln, damit du besser schlafen kannst.“ Barbara beginnt damit, eines ihrer großen langen Tücher aus einem Regal zu nehmen. Sie kommt auf mich zu und führt es vor. „Ich glaube, das ist für dich das richtige.“
„Was wird das denn? keift Betti sofort“
„Betti, du kannst natürlich auch eines von mir haben, damit du nicht eifersüchtig wirst.“
„Nein lass nur, nun weiß ich ja Bescheid. Hätte nicht gedacht, dass Manfred auf Tücher steht.“
Am nächsten Morgen, komme ich kaum aus dem Bett. Erst gegen neun, als Betti an der Türe steht und meinte, „willst du denn heute liegen bleiben?“, entschloss ich mich aufzustehen. Die beiden waren mit dem Frühstück schon fast fertig, als ich in den Salon kam. „Ach, sieh mal“, lästert Betti, „Er trägt dein Tuch immer noch.“
„Was steht heute auf dem Programm?“
„Wir wollten uns doch den alten Karren ansehen, ob wir ihn in Gang bringen“
Antwortet Barbara.
„Ja, irgendeine Lösung musst du haben, denn ein Auto brauchst du.“
Wir gehen gemeinsam zur Rampe und schieben die Türe auf.
Betti fährt mit ihrem Wagen in die Garage. Bei Tageslicht sieht der alte Wagen noch viel eindrucksvoller aus. Wir holen einen Besen und den Wasserschlauch. Wir sind richtig begeistert, es kommt ein kleiner Traum zum Vorschein. Wir klemmen das Batteriekabel um und versuchten zu starten. Wie zu erwarten, macht er keinen Mucks. Er muss in eine Werkstatt und das wird sicher nicht billig. Vielleicht mach ich den Vorschlag, ihn erneut einzumotten.
„Wir werden in den nächsten Tagen einen Entschluss fassen, was meint ihr?“
„Da bin ich ganz deiner Meinung. Vielleicht ist es billiger, momentan einen Leihwagen zu nehmen?“
„Glaub ich auch.“
„Wo ist denn Betti abgeblieben?“
„Keine Ahnung, du kannst sie ja suchen gehen, vielleicht erwartet sie ja, dass du nach ihr siehst.“
„Sie ist vorhin in diese Richtung gegangen.“ Wir gehen zu den Zellen. Alle Türen stehen offen. Wir sehen Zimmer für Zimmer durch, keine Betti. Da hinten sind die Waschräume, „vielleicht nimmt sie ja gerade ein Vollbad?“
Tatsächlich steht sie hier, mit beiden Händen an eine Wasserleitung gefesselt. Mit Handschellen, linke Hand an ein Rohr, rechte Hand ebenfalls. Die Augen verbunden und einen Knebel im Mund.
„Was soll das denn?“ frage ich sie, aber was soll sie antworten, sie kann ja gar nicht reden.
„Viel Spaß“ meint Barbara zu Betti! Wir sehen dann später nochmal nach dir.“
„Na gut, ich werde inzwischen mal in den Salon gehen, so treffen wir uns einfach später bei Betti, um sie zu erlösen.“ Am späteren Nachmittag, treffe ich wieder auf Barbara, „Hast du mal nach Betti gesehen?“
„Wieso, ich dachte du hast.“
„Nein, ich wollte mich da nicht einmischen, es ist ja wenn ich es richtig sehe, eure Sache.“ Wir gehen beide gemeinsam zu Betti in den Waschraum.
„So, nun schnauf mal durch.“ Meint Barbara zu Betti und nimmt ihr den Knebel aus dem Mund. Was zur Folge hat, dass sie in den Raum brüllt.
„Ihr seid ja so was von gemein, lasst mich hier hängen, seit Stunden, kommt niemand vorbei!“ Sie schimpft wie eine Furie.
„Hast du nun endlich genug?“, wird sie von Barbara gefragt.
„Wartet nur ab, meine Zeit kommt bestimmt und dann wird es euch schlecht ergehen.“
„Aber für heute sollte erstmal Schluss sein. Ich für meinen Fall, gehe zu Bett.“
Am nächsten Morgen treffen wir uns alle im Salon.
„Was steht denn heute auf dem Programm“?
„Wann fährt denn jemand mal zur Post, es könnte sein, dass für mich einiges aus München eingetroffen ist?“
„Wir könnten das am Nachmittag machen“ schlägt Barbara vor.
„Wir werden sehen, morgen reicht auch.“
Wir begeben uns in den etwas runtergekommenen Westteil. Betti hatte dann einen guten Einfall für die Verwendung des Anwesens. „Wir machen eine Grusel-Burg aus dem Anwesen. Vielleicht für das Fernsehen, so wie es dies schon in Frankreich gibt.“
Hier sind wohl früher mal die Herrschaftszimmer gewesen. Alle Räume haben Parkett und sehr große Türen. Auch Mobiliar ist teilweise noch vorhanden. Riesige Spiegel an den Wänden.
„Hier haben also die Großkopferten gewohnt.“ Es waren verschiedene Wohnungen, eine an der anderen. Die letzte aus dieser Reihe war schon eine richtige Südwohnung. Die Sonne hat sie trocken gehalten, daher roch sie auch nicht so modrig wie die anderen. Die Wohnung ist auch komplett ausgestattet. Wir reißen die Fenster auf und öffnen die Läden. Sogar die Betten sind noch drin. Betti gibt mir einen kräftigen Schubs und ich lande direkt in einem Federbett.
„Puh, ist das aber widerlich.“
„Hier werde ich dich mal eine Nacht zurücklassen“ verspricht Betti.
„Wahrscheinlich bin ich dann am nächsten Tag erstickt.“
„Das könnte schon sein.“
„Aber bei offenem Fenster, da werden dann die Fledermäuse kommen, vielleicht auch Vampire!“
„Das ist doch das Höchste.“ Barbara meint zu Betti, „du kannst ja gerne umziehen.“ „So schlecht ist das hier gar nicht. Ist doch eine große Wohnung. Sogar eine Küche ist vorhanden. Ein Badezimmer ist auch da. Seht euch mal die tollen Fliesen an. Die Waschbecken kommen gerade wieder in Mode.“ „Sehen wir mal was darunter ist. Hier geht eine Treppe hinab, völlig separat. Vielleicht eine Einleger-Wohnung?“
Im Untergeschoß finden wir einen Eingangsbereich. „Super, jetzt brauchen wir noch nach dem Speicher sehen, ob das Dach dicht ist. Dann steht ein Umzug für Betti an.“ Betti protestiert gleich, „ich will doch nicht alleine hier wohnen.“
„Hast du etwa Angst vor Geistern?“
„Na klar. Ich habe schon letzte Nacht Todesängste ausgestanden.“
„Hast du dir in die Hose gepinkelt?“ will Barbara wissen.
„Jetzt werde bloß nicht frech“, meint Betti.
„Los jetzt in den Speicher.“ Wir steigen in den Speicher, er ist nicht verschlossen. Gleich im Eingangsbereich gibt es hier zwei große Dachgauben. Die Räume sind sehr schön ausgebaut. Wir öffnen die Fenster, um frische Luft hereinzulassen. Hier finden wir eine Bibliothek. Sogar mit vielen Büchern darin. „Also… es kann nicht so lange her sein, dass hier jemand gewohnt hat.“ Ein Mädchenzimmer, in den Schränken sind noch ihre Kleider.
„Schau mal, dass könnte dir passen.“ Barbara hält sich eines vor die Brust. Unterwäsche, die stammt ja wohl noch aus Omas Zeiten. „Ein Mieder, dass kannst du ja mal probieren.“ Die beiden albern herum, wie kleine Kinder.
„Zieh doch mal an.“ Blusen und Röcke aus der Jahrhundertwende.
„Toll, hier die Schals und Tücher. Komm wir binden Manfred ein Tuch um, vielleicht mag er es ja so gerne wie die deinen.“
Ich ließ es geschehen. Betti wickelte und wickelte, sie hatte ihre wahre Freude.
„So nun noch eines, dann ist das so wie früher.“ Sie zog es sehr streng zu. Wenn es nicht so modrig wäre - die Mode war gar nicht so schlecht, angenehm warm.
„Wir werden sie waschen. Dann darfst du sie tragen.“ Sie bindet mir noch eines vor die Augen und lacht. „So bleibst du jetzt.“ Sie nehmen mich am Arm und gehen mit mir in das nächste Zimmer. Ich tastete mich ein bisschen herum, zum Gelächter der beiden. Ich kam in ein anderes Zimmer, verschloss die Türe und befreie mich von den vielen Tüchern. „Na Gott sei Dank.“
Da gibt es noch eine weitere Türe. Wir öffnen sie, hier geht es wohl in eine Art Wäschespeicher. Da hängen noch Bettlaken, Vorhänge, Tischdecken.
„Guck mal Betti, da sind noch Stoffwindeln, die müssen ein Baby gehabt haben.“
„Die kann ich ja dann für dich verwenden.“, meint Betti lachend.
„Diese Wohnung könnte man sicher mit wenigen Mitteln renovieren.“
„Das Bettzeug muss noch gebügelt werden“, merke ich an.
„Das wäre doch eine Wohnung für Manfred“, meint Betti.
„Ich will doch nicht ewig bleiben!“
„Wir werden dich zu überzeugen wissen, dass kannst du uns glauben.“
Wir steigen die Treppen hinunter, „Wir hätten einen Koffer mitnehmen sollen.“
Ich gehe noch mal nach oben, um den Lederkoffer zu holen. Er ist ziemlich schwer, aber ich schaffe es. Als wir im Hof stehen, sehe ich Barbara mit einem großen Stoffpaket. „Was ist das denn, willst du etwa heute noch Waschen?“
„Na die Tücher und Schals, die werde ich dir waschen.“
„Aber die Windeln, hast du hoffentlich dort gelassen.“
„Mal sehen.“
Am Abend treffen wir uns wieder im Salon, um den Koffer zu inspizieren. Er ist abgeschlossen und das Schloss ist ziemlich stabil. „Wir brauchen einen Schraubenzieher, dann werden wir es schaffen“. Gegen die rohe Gewalt hatten die Schlösser keine Chance. Die Schnappriegel sprangen auf und wir staunten nicht schlecht über den Inhalt. Der Koffer war voll von Fotos. Die Qualität war teilweise sehr schlecht. Alle Bilder hatten etwas mit Militär zu tun. Gruppenfotos, aber auch Panzer und Granatwerfer. „Am besten wir bringen den Koffer zum Roten Kreuz. Vielleicht gibt es Hinweise auf Vermisste.“ Wir leeren den Koffer vollständig aus, ganz unten finden wir dann doch noch etwas Interessantes. Jede Menge Fotos vom Anwesen. „Sieh mal, hier ist das große Garagentor. Und im Hintergrund kann man die Lastwagen sehen, die stehen heute noch dort.“
Auf einem Bild erkannten wir Barbaras Mutter in der Küche. Auf weiteren haben wir sogar Barbara im Kinderwagen entdeckt. „Schau Mal, da ist ja unsere alte Schule und Betti ist auch auf dem Bild.“
„Kommt lasst uns ein Glas Wein trinken.“ Ich hole Gläser und ein wenig zum Knabbern haben wir auch noch. „Wie war das denn früher bei euch mit der Schule? Ich habe mal gehört, dass es Schulen gab, da waren mehrere Klassen in einem Raum.“
„Ja, so war das bei uns auch, zumindest die ersten vier Klassen. Wir sind ja schon sehr früh von hier weggekommen, wir, da meine ich Betti und ich. Es war für uns etwas Besonderes, dass wir zur Tante durften, in die Großstadt nach Stralsund.“
In Stralsund gab es ein Schwimmbad, und natürlich jede Menge Jungs. Wir gingen ins Kino, tanzen und konnten auch mal ans Meer zum Segeln.
Ich höre sehr gespannt zu.
„Ihr hattet ja riesiges Glück, dass ihr beide bei der Stadtverwaltung untergekommen seid, oder seht ihr das anders?“
„Wir haben ja auch hart dafür studiert. Wir waren die einzigen, die sich mit den alten Schlössern und Burgen auskannten. Jetzt sind wir inzwischen verbeamtet. Wir bekommen also später mal eine gute Pension.“