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Kapitel: 4 Spiele hab ich gerne
Оглавление„Spiele habe ich gerne, wie Sie ja schon gemerkt haben. Sie scheinen mein Tuch ja gar nicht mehr hergeben zu wollen?“
„Wenn ich es noch ein wenig tragen darf? Wo sind hier eigentlich die Schlafräume?“ „Es gibt riesige Säle“, meint Barbara und dann hat sie wieder dieses umwerfende Lächeln auf ihrem Gesicht.
„Aha, Schlafsäle, stimmt meine Vermutung also doch, dass hier eine Infanterie- Einheit untergebracht war. Sicher waren es Leute vom Geheimdienst oder von der Stasi?“
Barbara meint, „Schon möglich. Wir werden hoffentlich in den nächsten Tagen einiges aufklären können.“ Nachdem wir uns noch einen weiteren Kaffee eingeschenkt haben beginnen wir mit der Besichtigung im ersten Stock. Es sind circa sechshundert Quadratmeter, es können auch mehr sein, vermutet Barbara.
Eine Vermessung wird die Wahrheit an den Tag bringen. „Wo ist denn Ihr Zimmer?“
„Vor etwa einem Jahr habe ich einen Teil abgetrennt und diesen ausgebaut. Ich habe kurzer Hand eine Zwischenwand eingezogen und so eine Einliegerwohnung für mich geschaffen.“
„Aber fürchten sie sich denn nicht, nur mit ihrer Mutter, sonst ganz allein?“
„Wer soll schon kommen, der nicht schon da ist“, erklärt Barbara lächelnd.
Beim Vermessen der Räume entdecken wir immer mehr seltsame Dinge. Doppelte Spiegel in einem Kleiderschrank. „Hier muss wohl mal ein Raum gewesen sein, in dem Leute verhört wurden.“
„Wieso?“
„Kommen sie mal, wenn man diesen Schrank öffnet, gibt es einen weiteren Raum.“ „Lassen sie sehen. Ist mir noch nicht aufgefallen.“
„Gehen wir doch mal hinein. Hier steht noch ein Tisch mit einem seltsamen Stuhl.“
Ich bitte Barbara auf diesem Platz zu nehmen. Sie setzt sich bereitwillig nieder. Ich zeige ihr die angebrachten Ledergurte.
Für was sollen diese Gurte denn gut sein, will Barbara wissen.
Ich zögere nicht und führe es Barbara vor. Mit wenigen Handgriffen sind alle Gurte festgezogen und sie ist auf dem Stuhl fixiert.
„Dieser Stuhl ist aber nicht für Frauen sondern für Männer“, protestiert sie.
„Wie fühlen Sie sich?“, frage ich hinterhältig. Deutlich spüre ich, dass ihr dieses Spiel gefällt.
Aber sie meint nur, „Komisch, wenn ich mir vorstelle, dass hier Leute verhört wurden, da vergeht einem der Gedanke an ein Spiel ziemlich schnell.“
Ich scherze und meine, „Dann machen sie sich mal wieder los. Ich werde inzwischen die anderen Räume besichtigen.“
Ich gehe hinaus und verschließe die Türe.
Von der anderen Seite kann ich durch den Spiegel sehen, was Barbara unternimmt um sich zu befreien. Sie bleibt völlig ruhig sitzen, versucht mit den Fingern an die Gurte zu kommen. Ich will sie aber nicht länger so zurücklassen und gehe wieder zu ihr.
„Wollen sie noch ein wenig so sitzen bleiben oder wollen sie lieber frei sein, ich könnte ihnen auch noch die Augen verbinden, dass erhöht sicher den Reiz.“ „Schon seltsam, wenn man sich vorstellt, dass es kein Scherz ist.“ Prompt fragte sie mich, ob ich nicht mal Probesitzen will. Ich überzeuge sie aber davon, dass es wohl besser ist, wieder an die Arbeit zu gehen.
„Feigling.“ Mehr sagt sie nicht. „Sie werden schon noch dran kommen.“
Im nächsten Zimmer finden wir eine ehemalige Abhörstation. Es gibt aber nur noch Fragmente, die wichtigen Teile sind bereits entfernt worden. Wir kommen zu den Schlafsälen. Sie sind an den Türen mit Nummern versehen. Die Liegen bestehen aus Doppelbetten, wir nennen sie auch Stockbetten. Sogar die Matratzen sind noch da. „Naturmatratzen“ meint Barbara. Sie riechen ein wenig vergammelt. Auch Decken sind noch darauf.
„Einmal hinlegen? Vielleicht ein Mittagsschläfchen gefällig?“ meint sie.
Ich lege mich auf eine Liege und meine, „Gar nicht so unbequem“
„Sie können ja die Nacht hier verbringen.“, meint Barbara mit einem verschmitzten Lächeln.
Wir gehen in den nächsten Raum, hier fällt auf, dass nur wenige Liegen aufgestellt sind. Vielleicht der Offiziers Raum? Aber alles ist noch vorhanden, „hier könnte man auch ein Pfadfinderlager für die Ferien einrichten“, gebe ich zu bedenken.
„Sie waren mal bei den Pfadfindern?“
„Ich sehe schon, wir haben uns viel zu erzählen.“ Der nächste Raum war früher mal ein Toiletten Raum.
„Oh, dass erinnert mich an etwas, dürfte ich mal einen Moment alleine sein?“ Sie versteht und geht diskret einen Raum weiter. Ich komme ihr nach und stutze: „Was war hier untergebracht?“ Eine Holzliege, ohne Matratze, der restliche Raum ist leer. „Jetzt legen sie sich mal hier hin!“ befiehlt sie.
Ich lache und lege mich auf die Holzpritsche. „Sehr unbequem.“
„Nun passen sie mal auf. Liegen bleiben, klar?“
„Wieso?“
„Sie werden es gleich merken.“ Die Ledergurte hab ich wohl übersehen. Nun kam die Retourkutsche von Barbara, das war unschwer zu erkennen.
Sie hat richtig Freude daran mich Gurt um Gurt zu fixieren. So liege ich dann völlig unbeweglich auf der Pritsche. Sie nimmt noch eines ihrer Tücher, faltet es genüsslich zusammen, macht einen Knoten in die Mitte und bindet es über meinen Mund.
„So ist es zwecklos zu rufen“, stellt sie fest.
Ein weiteres Tuch verwendet sie für die Augen. „Also bis bald, ich mache jetzt erstmal ein Mittagsschläfchen“, sagt sie und verschwindet. Ihre Schritte höre ich noch lange im Gebäude nachhallen.
Die Zeit will nicht vergehen. Die Pritsche wird immer härter, rufen einfach zwecklos. Aber ich muss zugeben, es hat auch seinen Reiz. Ich höre Schritte, das muss Barbara sein. Die Türe geht auf. „Na wie geht es meinem Gefangenen?“ Zum Lachen ist mir in dieser Situation nicht mehr. Eine Antwort bleibe ich ihr schuldig.
Sie lacht und meint, „Hab ich mich nicht toll revanchiert? Das hätten Sie wohl nicht erwartet. Aber sie hatten ja vorhin auch ihren Spaß.“
Sie macht nicht die geringsten Anstalten mich zu befreien. „Ich glaube, es wurde früher eher ein Knebel aus Leder verwendet und nicht ein Tuch mit Knoten. Soll ich mal suchen gehen, ob ich etwas Passendes finde?“
Ich höre wie sie einen Schrank öffnet, „aha, was haben wir denn hier?“ Eine Schublade, wurde unter lautem Quietschen aufgezogen.
„Ich glaube, ich habe, was ich suche.“
Sie genießt die Situation offensichtlich. „Vielleicht reden wir mal über ihren Preis?“
„Das ist gemein“, versuche ich zwischen dem Stoffknebel hervor zu bringen. Sie scheint zu überlegen, was sie noch alles ausprobieren könnte. „Ob ich Sie heute noch befreien soll? Ich werde abzählen. Oder besser eine Münze werfen. Sind sie damit einverstanden?“ Viel kann ich nicht einwenden.
„Also Kopf, sie bleiben liegen. Zahl, ich mache sie vielleicht frei.“
Sie wirft, „Kopf, da haben Sie aber Pech gehabt. Jetzt möchte ich aber ganz ehrlich von ihnen wissen, ob sie mitspielen oder lieber nicht. Sie dürfen jetzt selbst über den heutigen Abend entscheiden.“ Ich zögere, so eine Lage ist schon verflixt komisch.
„Keine Antwort ist auch eine Antwort.“ Ehe ich mich versehe, legt sie mir ein Tuch über das Gesicht und anschließend ein Geschirr. Sie zieht es richtig fest.
Ich frage mich, was das eigentlich für ein Aufenthalt werden soll. Ich muss erkennen, dass Barbara ihre wahre Freude an diesen Spielen hat und ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll.
So langsam werde ich ungeduldig, es macht inzwischen keinen Spaß mehr, die Gurte schneiden ein und es tut richtig weh. Automatisch muss ich mir vorstellen, wie es wohl einem Gefangenen zu Mute war, der hier gefoltert wurde. Ich bekomme eine Gänsehaut und Panik und will dieses Spiel nur noch beenden. Da geht die Türe auf, ich werde von dem Geschirr erlöst. Barbara sagt kein Wort. Erst im Gang, meint sie,
„Ich glaube sie haben für heute genug? Jetzt stellen sie sich mal vor, sie liegen hier mehrere Tage.“
„Schrecklich, und immer das Gefühl es könnte einen jemand umbringen. Dieses Regime hat doch vor nichts zurückgeschreckt.“
„Na, wieder okay?“, fragt Barbara mit einem herzerweichenden Lächeln.
„Das war gemein, wie lange war es denn?“, frage ich.
„So wichtig ist das doch gar nicht, vielleicht eine Stunde oder länger, ich hab nicht auf die Uhr gesehen.“
„Pass auf, ich werde mich revanchieren.“
Sie grinst mich an, „Passen Sie nur auf, hier gibt es noch viele unerforschte Türen.“ Inzwischen wechseln wir immer zwischen du und Sie. „Ich selbst kenne höchstens ein Viertel der Räume. Ich hatte immer Angst, alleine hier herumzustöbern. Aber jetzt sind wir ja schon zu zweit.“
Sie nimmt ihre Tücher und schlingt sie sich um ihren Hals.
„Wollen Sie meines immer noch tragen?“
„Wenn es Ihnen nichts ausmacht, gerne.“ Wir kommen zum nächsten Raum, dieser ist leer. Ich will die Fenster öffnen, dies ist aber nicht möglich, sie sind alle mit einem Sicherheitsschloss versehen. Die Fensterläden aller Fenster sind geschlossen. Einen Blick nach Draußen gibt es nur in Richtung des Innenhofes.
„Wir sollten mal darüber nachdenken, wo ich die Nacht verbringe.“
„Aber Sie kennen doch die Schlafräume.“
„Wenn du meinst, das ich da gerne übernachte?“
„Keine Angst ich habe da noch ein schönes Zimmer, mit anschließendem Bad.“
Nun kommen wir in einen bereits renovierten Teil des Gebäudes und ich fragte, ob es ihr Reich sei.
„Nein, ich habe mein Reich gegenüber auf der anderen Seite des Gebäudes. Dieser Teil ist für Gäste bestimmt.“ Sie begleitet mich zu einem sehr ordentlich eingerichteten Zimmer mit einem neuen angrenzenden Badezimmer.
„Ich meine, du solltest dich mal frisch machen, nach all den Strapazen.“ Ich lache und trage mein Gepäck hinauf. Sogar Warmwasser gibt es. Nach dem Duschen lege ich mich entspannt auf das Bett. Ich schalte den Fernseher ein und höre Nachrichten. Es klopft an und ich rufe „Komm ruhig herein!“
Sie ist umwerfend, in einen Sari gewickelt, mit etlichen Tüchern verschlungen. „Toll! Ich hätte dir das nicht zugetraut.“
„Ich habe ein wenig für den Abend vorbereitet, wenn Sie wollen, treffen wir uns im Salon, den kennen Sie ja schon. Ich will es gleich vorweg nehmen, mein eigenes Reich bleibt für alle tabu, auch für Sie. Es sind allein meine Räume und meine Welt.“
Ich bin verwundert, warum ist sie nun wieder auf das „Sie“ umgeschwenkt?
Im Salon übergebe ich ihr das Tuch, „Ich glaube es muss in die Wäsche.“
„Da könnten sie Recht haben.“ Sie wirft es in die Ecke.
„Haben sie hier eine Waschmaschine?“ Frage ich vorsichtig.
„Natürlich gibt es so etwas.“
„Darf ich Ihnen denn meine Wäsche bringen?“
„Bringen schon, aber waschen tun Sie sie bitte selbst. Ich werde es Ihnen erklären, auch ein Bügeleisen habe ich für Sie. Sie können doch bügeln?“
„Klar, zwar nicht perfekt, aber man kann die Hemden tragen. Ich werde aber mal kurz meine Wäsche holen, so kann ich sie noch heute waschen und das Tuch wasch ich gleich mit.“
„Wie sie meinen. Darf ich ein wenig Musik auflegen, hier gibt es einen alten Plattenspieler und ein Radio aus den fünfziger Jahren.“
„Super, wollen Sie lieber Schnulze oder Klassik? Was trinken wir denn dazu?“
„Einen Roten, dann Schnulze, vielleicht etwas italienisches aus den Sechzigern.“
So wühlen wir in den Singles und lassen es uns gut gehen. Es bleibt nicht aus, dass wir uns nach drei Stunden Weingenuss nun endlich duzen. „Sag mir noch, was bist du für ein Sternbild?“, fragt Barbara.
„Stier mit Aszendent Schütze.“
„Aha gut, dann weiß ich ja nun Bescheid.“
„Was weißt du nun über mich, was ich nicht weiß?“
„Ich werde ein andermal darüber sprechen, dann, wenn du mir deine Pfadfindergeschichten erzählst.“
Ich wollte gerade vom Tisch aufstehen, als sie hinter mir steht und mir ein großes weiches Tuch umlegt. Sie verschlingt es mehrmals um meinen Hals und meinte, „es wird dir gut tun.“
Ich wünsche eine gute Nacht. Inzwischen ist es halb zwölf, ich gehe in mein Gästezimmer und schlafe erschöpft ein.
Ich höre ein lautes Geräusch, schrecke hoch und tastete nach dem Lichtschalter, springe auf und sehe in den Innenhof und erkenne eine Person. Wahrscheinlich ein Hausmeister, so denke ich.
Ich betrachtete den Innenhof und entdeckte im verlegten Blaubasalt einen Stern. Im Zentrum des Innenhofes kann ich nach längerem betrachten ein Wappen erkennen. Vor jeder Türe befindet sich ein Buchstabe. Die Einlegearbeiten sind so geschickt ausgeführt, dass man sie nur bei einem bestimmten Lichteinfall sehen kann. Ich hole meine Kamera, welche einen hochempfindlichen Film hat. Ich mache Fotos von verschiedenen Seiten, in dem ich den Gang entlang gehe und aus den Fenstern fotografiere.
„Das hatten wir nicht vereinbart“ sagt Barbaras Stimme hinter mir.
„Bitte entschuldige“, ich erzählte von einem lauten Rattern.
„Das ist die Wasserpumpe, sie füllt die Zisterne.“
„Ich wollte einfach nur Luft schnappen und beim Betrachten des Hofes entdeckte ich die Einlegearbeiten.“
Sie verstand nicht, „zeig mir was du meinst. Beim besten Willen, ich glaub du nimmst mich auf den Arm, ich kann nichts erkennen.“
„Komm wir gehen runter ich will es aus der Nähe sehen.“
„Wie spät haben wir es eigentlich?“
„Ach, dass ich es nicht gleich gesehen habe, da über dem Eingang des Hauptportals ist ja eine Uhr.“
„Die kannst du vergessen, die geht doch schon lange nicht mehr.“
„Aber sieh mal 5.35 Uhr. Das ist Zufall, sicher ist sie damals um diese Zeit stehen geblieben, außerdem wissen wir doch gar nicht ob es wirklich so spät ist.“
Ich gehe nun in mein Zimmer und sehe auf mein Handy, 5.36 Uhr. Es stimmt also. Wir sehen beide gleichzeitig auf die Uhr am Portal, 5.37 Uhr.
„Sie geht, hast du hier einen Hausmeister?“
„Wäre schön, aber kann ich mir nicht leisten.“
„Aber er ging doch über den Hof als ich runter sah.“
„Du spinnst ja wohl. Ich lege mich noch mal hin, dass war jetzt einfach zuviel.“
„Warum bist du eigentlich hierhergekommen, du konntest doch nicht wissen, dass ich fotografiere?“
„Keine Ahnung, ich ging Pipi machen und hatte das Gefühl ich müsste nach dir sehen. So sah ich dich hier fotografieren.“
„Sei es wie es wolle, ich lege mich nun noch ein Stündchen hin.“ Kaum in meinem Zimmer angekommen und mich hingelegt, klopft es. „Bitte, komm rein.“
„Ich habe für dich etwas, damit du besser schläfst.“ Sie kommt herein, drückt mir zwei Ohrenstöpsel in die Hand und eine Schlafbrille.
So ausgestattet, schlief ich nochmals tief ein.
Wir treffen uns zum Frühstück und beschließen die gegenüberliegende Seite des Gebäudes zu erkunden. Dieser Teil ist in wirklich gutem Zustand. Es scheint so, dass hier wohl bis zuletzt gearbeitet wurde. Die Wandfarbe ist noch so frisch, dass ist noch keine fünf Jahre her, als gestrichen wurde. Der Saal gleicht einem Klassenzimmer, es sind etwa 30 Tische. Ein Pult, eine Tafel. Wir fanden auch alte Landkarten von Deutschland, Polen und Russland. Diese stammen alle aus der Zeit um 1938.
„Sie mal hier ist noch ein alter Diaprojektor.“
„Eine Schachtel, lass mal sehen, was darin ist.“
„Lauter alte Dias. Die werden wir uns zum Abendessen reinziehen“ meinte Barbara. Wir gingen einen Raum weiter und fanden mehrere Clubsessel, Beistelltische und eine wunderschöne Mahagoniwand.
Als wir die Türen öffnen, staunten wir. Geschliffene Karaffen und Gläser, ein Kühlschrank, mindestens vierzig Jahre alt, leider ohne Inhalt, müssen wir feststellen.
Eine weitere Türe gibt eine Bar aus den dreißiger Jahren frei. Sogar die Flaschen waren noch darin. Wir schnappen uns zwei Gläser, waschen sie aus und probieren einen Cognac.
„Prima, den trinken wir, wenn wir uns die Dias ansehen.“
So kommen wir zu dem Ergebnis, dass hinter den Mahagoniwänden noch Hohlräume sein mussten. Es muss also einige Geheimtüren geben! „So langsam werde ich das Gefühl nicht mehr los, dass es sich hier um ein Hauptquartier handelt. Wahrscheinlich vom Geheimdienst Honeckers.“
„Da kannst du Recht haben. Ich war ja erst drei, oder viermal hier, immer mehr bekomme auch ich einen ähnlichen Eindruck.“
„Aber du bist schon sicher, dass hier außer dir niemand mehr wohnt?“
„Ich kann das ja nicht kontrollieren. Ich kenne als Eingang nur das Tor, durch welches ich immer herein komme. Aber vielleicht gibt es ja noch weitere Eingänge?“
„Diese Räume sind in einem Zustand, als wäre gestern noch jemand hier gewesen. Wann hast du denn das letzte Mal die Räume inspiziert?“
„Ach, das kann schon länger her sein. Ich bin mit Betti, kurz nach der Übergabe mal alle Räume durchgegangen, das ist sicher schon einige Jahre her. Ich habe mich damals entschieden, meinen Wohnbereich abzutrennen. Eine kleine Baufirma, hier aus der Nähe, hat dies gemacht.“
„Wie ist das mit dem Strom?“
„Ich habe hier einen eigenen Generator, du wirst ihn kaum hören, da er in einem Spezialraum untergebracht ist. Wasser kommt aus der eigenen Quelle.“
„Du bist völlig autark.“
„Ja, so sehe ich das auch.“
„Wir werden alles aufzeichnen, sonst bekommst du niemals einen Überblick über das Gelände.“
„Was steht uns denn noch bevor?“
„Wir haben noch einen Speicher, wunderschön zum Gruseln. Na das ist ja dann was für dich. Vielleicht hängen da noch ein paar Leichen. Wir haben uns das für den Baumeister aufgehoben. Da werde ich dann einen freien Tag nehmen und die Einkäufe erledigen.“
„Ach, ich soll also den Speicher alleine besichtigen.“
„Natürlich, du wirst doch keine Angst haben?“
„Nein, ein Gebäude ist vielleicht erschreckend, aber Angst muss man davor nicht haben. Eigentlich wollte ich lieber mit dir Einkaufen fahren.“
„Kommt ja gar nicht in Frage, dann weißt du ja wo wir sind. Erst wenn ich volles Vertrauen habe, wirst du es erfahren.“
„Und deine Freundin Betti? Die weiß aber wo es liegt.“
„Nein, die bekam genauso wie du eine Augenbinde, sie mag das Spiel besonders gerne.“
„Vielleicht einmal, aber dreimal? Ich glaube du warst auch mal bei den Pfadfindern?“
„Klar, ich hatte viel Spaß.“
„Und Betti, war auch dort?“
„Ja, wir waren zusammen dabei.“
„Daher also dein Spieltrieb.“
„Was habt ihr gemacht?“
„Das aufregendste, was es bei uns gab, war ein Spiel auf einer großen Wiese.“ Berichtet Barbara.
„Na, jetzt erzähl schon.“
„Aus unserer Gruppe wurde ein Mädchen heraus gewählt. Es wurden ihr die Augen verbunden, und wir führten sie auf eine große Wiese. In der Mitte angekommen, wurde sie noch gedreht. Dann musste sie zum Ausgangspunkt zurückfinden.“
„So hast du also deine Leidenschaft entdeckt.“
„Was für eine Leidenschaft meinst du denn?“ Bohrt Barbara hartnäckig nach.
„Ach, tu doch nicht so, du weißt schon, was ich meine.“
„Du hast ja Recht, ich habe immer schon gerne Blindekuh gespielt. Oder ähnliche Spiele mit Augenverbinden gemacht.“
„Was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Abend?“, frage ich.
„Oh nein, das machen wir sicher nicht.“ Barbara grinst über ihr ganzes Gesicht.
„Ich schlage vor, wir treffen uns im Salon und trinken vom guten Cognac. Du bringst noch ein paar Leckereien mit, okay?“
In meinem Zimmer angekommen, hatte ich das Gefühl, als hätte jemand etwas gesucht. Die Schranktüren stehen offen, mein Koffer ist verschoben. Ich bin mir nun ganz sicher, hier muss noch jemand anderes hausen. Aber wer soll Interesse an meinen Dingen haben. Ich sehe sofort nach meinem Navigationssystem. Man hat es nicht gefunden. Mein Handy ebenfalls nicht. Wenn ich beides zusammen schalte, kann ich per E-Mail meine Peilung senden. Nach dem Duschen und Umziehen begab ich mich wieder in den Salon, wo auch schon Barbara mit den Vorbereitungen für ein Abendessen begonnen hat.
Nach zwei Stunden versuchte ich zu gehen. Mit der Ausrede, „Arbeit wartet auf mich.“ Ich wollte gerne wissen, was mich im Speicher erwartet.
Barbara ruft noch, „Du weißt ja, ich bin morgen nicht da, du wirst den Speicher alleine durchforsten.“
„Wie lange wirst du denn weg sein?“
„Ich schätze mal so drei bis vier Stunden.“
„Da werde ich dann gerade mal einen kleinen Teil besichtigt haben.“
Mein neu erstellter Plan, hatte nun den ersten Stock vollständig erfasst, bis auf den Teil, der Barbara persönlich betrifft.
Die Nacht war sehr unruhig, ich konnte das Gefühl nicht loswerden, als hätten sich die ganze Nacht Generäle gestritten und diskutiert. Truppen waren durch den Hof marschiert. Auch Schreie von Gefolterten glaubte ich zu hören. Ich schreckte immer wieder hoch. Meine Träume spielen verrückt.
Am nächsten Morgen erwachte ich wieder sehr früh. Vielleicht täuschte ich mich ja, aber in den Fenstern gegenüber im sogenannten Westteil, sah ich drei Personen hinter den Fenstern. Ich war aber zu müde, um dieser Fatamorgana nachzugehen. Ich verdrängte es kurzerhand.