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Paul atmete erleichtert aus. Er fuhr sich durchs Haar und brachte dabei den blonden Schopf noch mehr in Unordnung. Als er den stürmischen Applaus bemerkte, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Er verneigte sich kurz und griff nach den Notizblättern.

Mit einem Blick auf die über hundert Zuhörer im Kemenatensaal des Schlosses trat er zum seitlichen Bühnenrand, übersah jedoch den kleinen Treppenvorsprung und stolperte direkt in die Arme von Lena Kessler.

Die engagierte Tagungsleiterin war gerade auf ihn zugekommen, um sich für den beeindruckenden Vortrag zu bedanken. Im letzten Moment konnte sie seinen Sturz noch abfangen. „Doktor Stenson, nicht so schüchtern“, flüsterte sie ihm lächelnd zu. „Das war ganz hervorragend. Kommen Sie doch noch mal mit auf die Bühne und genießen Sie Ihren Applaus.“

Paul starrte sekundenlang in ihr Gesicht und fragte sich, warum ihm diese klaren, dunklen Augen nicht bereits früher aufgefallen waren.

Schließlich folgte er ihrer Aufforderung und ließ sich zurück vor das Auditorium führen.

In den folgenden Minuten unter anhaltendem Applaus hielt er ihren Arm so fest, als wollte er nie mehr loslassen.

Mit den vielen Worten des Lobes, die er während der Signierstunde zu hören bekam, löste sich langsam die Anspannung. Immer wieder blickte er auf die eindrucksvolle Schlange, die sich mittlerweile gebildet hatte. Er war stolz über jeden Teilnehmer, der ihm eines seiner druckfrischen Bücher vorlegte, und nahm sich ausgiebig Zeit für persönliche Widmungen. Zusehends fühlte er sich wieder wohl in seiner Haut.

Zuletzt trat Lena strahlend an ihn heran: „Ich freue mich sehr über Ihren Erfolg. Noch mehr würde ich mich freuen, wenn Sie auch mir eine kleine Zeile widmen.“ Lächelnd reichte sie ihm den Band und während Paul besonders ausführliche Dankesworte formulierte, setzte sie sich elegant auf eine Seite des Tisches. Sein Blick streifte über die grazile Silhouette ihrer Hüften und eine Hitzewelle jagte ihm durch den Körper. Die eben gewonnene Sicherheit geriet sofort wieder ins Wanken. Zugleich erlebte er erneut ein Gefühl tiefer Vertrautheit mit ihr.

„Sie sind nicht sehr geübt im Umgang mit Frauen, nicht wahr, Doktor Stenson?“, sprach sie ihn kokett auf seine Verunsicherung an und fuhr, ohne eine Antwort abzuwarten, fort: „Erstaunlich für einen so attraktiven Mann.“ Sie lächelte verführerisch. „Die Tagung ist zu Ende. Ich muss mich nur noch von einigen Referenten verabschieden. Wie wäre es, wenn wir den Abend zusammen verbringen?“

Paul brachte kein Wort über die Lippen und seine Antwort fiel, in Form von großen Augen und zögerlichem Nicken, wenn auch stumm, so doch allemal liebenswert aus.

Sie hatten sich zum Essen im Arkadencafé verabredet.

Nach umfangreichen Renovierungen in den Achtzigerjahren nahm das Café mit seinem stilvollen Ambiente aus historischer und moderner Architektur das halbe Erdgeschoss des Schlosses Goldegg ein. Das aus dem vierzehnten Jahrhundert stammende Anwesen im österreichischen Salzkammergut bot als Kultur- und Seminarzentrum den idealen Rahmen für Tagungen. Paul war ein paar Minuten zu früh im Café und wählte einen Tisch an einem der seitlichen Rundbogenfenster.

Lena hingegen erschien auf die Minute pünktlich und hatte ein enges, schwarzes Abendkleid angelegt.

Sie sah atemberaubend aus.

In Leinenhose mit dunkelblauem Hemd fühlte sich Paul ihr gegenüber gleich zu leger gekleidet, gestand sich diese Nachlässigkeit aber im Schwung seines erstarkten Selbstvertrauens durchaus zu.

Zum Essen bestellten sie zur Feier des Tages einen Brunello di Montalcino und schon nach dem ersten Glas spürten beide die wohlige Wirkung des schweren Weins.

Das Gespräch fand schnell jene Tiefe, nach der sich Paul in vielen Situationen mit Bekannten oder Freunden oft vergeblich sehnte. Und auch Lena schien die Unterhaltung zu genießen. Sie lachte und flirtete unverhohlen mit ihm, während sie immer wieder kurze Worte an die verbliebenen Tagungsteilnehmer richtete, die gekommen waren, um sich von ihr dankend zu verabschieden.

Auch Paul erhielt noch einiges an Anerkennung und bedankte sich seinerseits voll Freude.

Lena erzählte davon, dass ihr in diesem Monat noch die Abschlussprüfung des Medizinstudiums an der Universität Wien bevorstand. Sie hatte das Studium in Rekordzeit absolviert und geplant, sich im Anschluss alternativen Heilmethoden zuzuwenden. Die Organisation der Jahrestagung zu diesem Thema war ihr nur kurzfristig in den Schoß gefallen.

Ein befreundeter Arzt konnte die Aufgabe – der um Wochen zu frühen Geburt seiner Tochter wegen – nicht mehr wahrnehmen. So kurz vor der Prüfung würde die Zeit nun, mit dem vielen Lernstoff, den Lena noch zu bewältigen hätte, etwas knapp werden, doch war sie überzeugt, ihren Abschluss mit Bravour zu bestehen.

Paul genoss das Gespräch und fühlte sich immer mehr zu ihr hingezogen. Dennoch schreckte ihn ihr ausgeprägter Ehrgeiz etwas ab.

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