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Fünf

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Kontaktaufnahme

Später vereinbarte ich einen Termin im Landwirtschaftsministerium. Am Telefon war ein Mädchen namens Catherine Lechardoy. Das Software-Paket hingegen nannte sich »Sycomore«. Die richtige Sykomore ist ein von den Möbeltischlern geschätzter Baum, der außerdem einen süßen Saft liefert und in bestimmten Gegenden der gemäßigt kalten Zone wächst; er ist besonders in Kanada verbreitet. Das Sycomore-Programm ist in Pascal geschrieben, mit bestimmten Routinen in C++. Pascal ist ein französischer Schriftsteller des 17. Jahrhunderts, Verfasser der berühmten Pensées. Zugleich ist es eine leistungsstark strukturierte, besonders für statistische Erhebungen geeignete Programmiersprache, die zu beherrschen ich in der Vergangenheit gelernt hatte. Das Sycomore-Programm sollte dabei helfen, den Landwirten die Regierungszuschüsse auszuzahlen, wofür Catherine Lechardoy zuständig war – auf der Ebene der Informatik, versteht sich. Wir hatten uns bisher noch nie getroffen. Es handelte sich also um eine »erste Kontaktaufnahme«.

Das Faszinierende an unserer Tätigkeit im EDV-Engineering ist zweifelsohne der Kontakt zur Kundschaft; jedenfalls pflegen das die Verantwortlichen des Unternehmens bei einem Glas Feigenschnaps zu betonen (beim letzten Seminar im Village-Club in Kuşadasi habe ich manchmal ihre Swimmingpoolgespräche belauscht).

Ich hingegen sehe dem ersten Kontakt zu einem neuen Kunden stets mit leichter Besorgnis entgegen. Man stößt da auf verschiedenartige Wesen, die in einer vorgegebenen Struktur organisiert sind und an deren Gegenwart man sich wird gewöhnen müssen – eine wenig erfreuliche Aussicht. Natürlich hat mich die Erfahrung bald gelehrt, dass ich ohnehin nur Leute treffen muss, die vielleicht nicht alle ganz gleich sind, sich aber in Gewohnheiten, Meinungen, Geschmäckern und allgemeiner Lebenshaltung weitgehend ähneln. Daher gibt es eigentlich nichts zu befürchten, zumal der rein berufliche Charakter der Begegnung in der Regel ihre Harmlosigkeit garantiert. Trotzdem hatte ich auch Gelegenheit, zu beobachten, dass sich die Menschen immer wieder gern durch ausgeklügelte, meist ärgerliche Variationen, Defekte, Charakterzüge und so weiter hervortun – natürlich um ihr Gegenüber zu nötigen, sie als vollwertige Individuen zu behandeln. So spielt der eine gern Tennis, der andere schwingt sich aufs Pferd, der dritte entpuppt sich als Golfspieler. Es gibt Manager, die schwärmen für Heringsfilets; andere verabscheuen sie. So viele Schicksale, so viele Lebensläufe. Obwohl der allgemeine Rahmen eines »ersten Kontakts mit dem Kunden« klar umrissen ist, bleibt leider doch immer ein Quäntchen Ungewissheit.

In diesem Fall war Catherine Lechardoy, als ich im Büro 6017 erschien, gar nicht da. Sie habe, wurde mir mitgeteilt, »noch eine Kleinigkeit im Hauptcomputerraum zu erledigen«. Man bat mich, Platz zu nehmen und auf sie zu warten, was ich tat. Das Gespräch drehte sich um das gestrige Attentat auf den Champs-Élysées. Jemand hatte unter einer Sitzbank eines Cafés eine Bombe versteckt. Zwei Personen kamen ums Leben. Einer dritten wurden die Beine abgetrennt und das halbe Gesicht weggerissen; sie bleibt für den Rest ihres Lebens verstümmelt und blind. Ich erfuhr, dass es sich nicht um das erste Attentat handelte; wenige Tage zuvor war in einem Postamt nahe dem Rathaus eine Bombe explodiert und hatte eine etwa fünfzigjährige Frau zerfetzt. Ich erfuhr auch, dass diese Bomben von arabischen Terroristen gelegt worden waren, die die Freilassung anderer arabischer Terroristen verlangten, die in Frankreich wegen mehrerer Morde im Gefängnis saßen.

Gegen siebzehn Uhr musste ich aufs Polizeikommissariat, um den Diebstahl meines Wagens zu melden. Catherine Lechardoy war nicht gekommen, und an dem Gespräch hatte ich mich kaum beteiligt. Die Kontaktaufnahme wird wohl an einem anderen Tag stattfinden.

Der Inspektor, der meine Aussage tippte, war ungefähr in meinem Alter. Offensichtlich stammte er aus der Provence; er trug einen Ehering. Ich fragte mich, ob seine Frau, seine eventuellen Kinder und er selbst in Paris glücklich waren. Die Frau vielleicht Postangestellte, die Kinder in der Krippe? Kann man nicht wissen.

Erwartungsgemäß war er ein wenig enttäuscht und verbittert: »Diebstähle ... kommen den ganzen Tag rein ... keine Chance ... werden sowieso gleich wieder freigelassen ...« Er gewann meine Zustimmung und Sympathie, als er diese einfachen, wahren Worte aussprach, die seiner täglichen Erfahrung entsprangen. Aber ich konnte nichts tun, um seine Bürde leichter zu machen.

Gegen Ende schien mir seine Verbitterung jedoch eine leicht positive Färbung anzunehmen: »Also, auf Wiedersehen! Vielleicht finden wir ihn ja doch, Ihren Wagen! Kommt manchmal vor ...« Ich glaube, er wollte noch weiterreden; aber es gab sonst nichts zu sagen.

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