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Neues Kapitel: Ein unwillkommenes Geschenk von Herzen

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Schloss Girsberg hatte sich nur dezent verändert. Als einziger Lieferant von Nahrungsmitteln der FoodTowers kam das Unternehmen in den Genuss der Dankbarkeit vieler Menschen.

Nur ein gut kaschiertes Hochhaus zeigte das wahre Wachstum des Move-Unternehmens.

Jesaja fuhr die Auffahrt zum Schloss entlang - in seinem Lexus LF-CC Coupé, einer exakten Nachbildung der Studie von 2012. Vor den Toren zur Auffahrt herrschte Hektik bei den Paparazzi, die sich in Stellung brachten, um ein perfektes Foto von Jesaja zu schiessen.

„Ich kann es nicht abwarten, ein paar Tage in den Bergen zu verbringen. Diese Belagerung ist unzumutbar.“, sagte IA kopfschüttelnd zu Drew. Drew nickte und stieg daraufhin auf der Beifahrerseite aus.

IA‘s Mutter Ayleen hatte Drew als Chauffeur eingestellt, weil sie den Fahrkünsten ihres Sohnes misstraute. Dennoch ging ihr Plan nicht ganz auf. IA gestattete Drew oftmals nur als Beifahrer mitzureisen, dennoch hatte er seinen Nutzen.

Jesaja hatte sich in den acht Jahren wohl am meisten verändert. Er sprach nun kontinuierlich, sah erwachsener aus, und vor allen Dingen war er fett geworden. Das Übergewicht schien er hingegen nicht zu bemerken. Es hinderte ihn zumindest nicht, denn er verhielt sich noch immer wie früher, zu seinen sportlichen Zeiten. Er bewegte sich aufrecht und trotz des Gewichts, genau wie damals, ausgesprochen leichtfüssig. Das Bild hatte etwas verstörendes an sich, denn trotz seiner Masse blieb ihm etwas zierliches, das auch seinem Wesen entsprach.

Auf dem Weg zum Herrenhaus hielt IA wie immer die Hand von Drew und sagte: „Ich muss diesen Zagato Aston Martin einfach haben, kannst du den so bald wie möglich beschaffen?“

„Sicher.“, antwortete Drew, der sich noch mehr über diesen Auftrag freute, als sein Arbeitgeber.

Die beiden erreichten Ayleens Büro im Dachgeschoss des Schlosses, wo man sie bereits erwartete. Ayleen grüsste IA und sagte: „Ich hatte dir doch gesagt, dass wir uns um 17 Uhr hier treffen. Wir warten schon fast zwei Stunden!“

IA interessierte das nicht, er sagte nichts und wandte sich der Schale mit Süssigkeiten zu. Es blieb nicht bei einem Schokoladenei, es folgten immer weitere, bis die üppig gefüllte Schale halb leer war.

Drew kannte IA‘s Verhalten, wie er nun mal war und wie es auf andere Menschen wirkte. Er schämte sich nicht für IA, doch er fühlte sich hin und wieder genötigt, für ihn einzuspringen. Ayleen hatte sie gebeten vorbei zu kommen, weil sie IA eine Jacht schenken wollte. Aus diesem Grund waren Larissa und ihr Vater Paul an diesem Tag angereist - die Besitzer der Reederei, die Ayleen beauftragen wollte.

IA hatte für das Projekt nicht viel übrig. Trotzdem liess er sich überreden, das Modell zu begutachten, welches Larissa und Paul an diesem Tag mitgebracht hatten. IA war zwar anwesend, interessierte sich jedoch weit mehr für die Apéro-Häppchen als für das Modell.

Drew sprang also ein und zeigte stellvertretend Interesse am Modell. Paul, der mit Leidenschaft seiner Arbeit nachging, empfand IA‘s Verhalten als Beleidigung. Auch die schöne Larissa zeigte sich von IA‘s Erscheinung und seiner Fressattacke wenig begeistert.

Drew und sein aufrichtiges Interesse an der Jacht stimmten sie jedoch wieder versöhnlich. Während Drew seine Chauffeur-Lederhandschuhe auszog, gelang es ihm mit seinem recherchierten Wissen über den Antrieb von Jachten, sogar Paul wieder fröhlich zu stimmen. Als er seine Mütze und das Jacket, beides Bestandteile seiner Arbeitskleidung, auch abgelegt hatte, um sich das Modell des Motors genauer anzuschauen, hatten die beiden längst vergessen, dass sie fast zwei Stunden warten mussten. Als Jugendlicher fuhr Drew Autorennen in der Profiliga, so gelang es ihm leicht, seine Begeisterung für Geschwindigkeit mit den beiden zu teilen.

Drew hatte in den USA Jura studiert und floh danach, wie viele andere auch, nach Europa. Hier brachte er seine Mutter, seine Schwester und sich selber mit dem Gehalt als Chauffeur über die Runden. Sein Vater und sein Bruder hatten es nicht geschafft. Als Flüchtling hatte er keine Chance, seinem erlernten Beruf nachzugehen, da nun mehrheitlich praktisch veranlagte Personen gefragt waren. Trotzdem war er zufrieden damit, bei den mächtigsten Firmen der Welt, einen Fuss in die Tür zu bekommen.

Als Mischlingskind, mit einer schwarzen Mutter und einem ehemals reichen weissen Vater, verspürte er oftmals das Verlangen, sich wegen seiner privilegierten Jugend zu beweisen. Die Anerkennung, die ihm der Reeder entgegenbrachte, bedeutete ihm viel.

IA leckte Schokoladenreste von seiner Oberlippe, als er Larissa betrachtete. Sie schaute ihn im gleichem Moment an und IA erkannte, dass ihr Drews gepflegtes Auftreten besser gefiel. IA glaubte sogar zu sehen, dass sie sich vor ihm etwas ekelte, wie er da stand, fett und Schokoladenreste ableckend.

Ohne Zweifel hätte Larissa mit ihren langen schwarzen Haaren und diesem perfekt symmetrischen Gesicht als Model arbeiten können, vielleicht tat sie das auch gelegentlich, doch sie hatte zuviel zu bieten, um auf ihre Optik reduziert zu werden.

Paul hatte etwas konservatives und autoritäres an sich, das Leben hatte es gut mit ihm gemeint, er folgte Werten und immer einem Plan, was ihn erfolgreich machte. Doch auch emotional besass er Reife, denn er beschäftigte sich mit seiner Tochter, die zweifellos seinen grössten Besitz darstellte und ihm sogar in das Familienunternehmen folgte.

IA gab Larissa die Hand zur Begrüssung und wandte dazu seinen Blick vom Boden ab und schaute in ihre braun leuchtenden Augen. Während er sie betrachtete, gelang es ihm, in ihren Gedanken zu lesen. Er wusste nicht, ob er die Gedanken nur lesen oder auch beeinflussen konnte. Sein Übergewicht verwandelte sich in ihren Augen plötzlich zu dem logischen Ergebnis einer Vielzahl von köstlich zubereiteten und genussvoll verzerrten Mahlzeiten. Dieser Genuss, den auch sie kannte, verbunden mit der herrschenden Lebensmittelknappheit, empfand sie plötzlich als sehr verlockend. Sie verglich IA mit Drew und erinnerte sich bei Drews Erscheinung an den Schmerz beim Training, diesen Punkt ab dem es etwas nützt aber gleichzeitig so schmerzhaft ist. Innert einer Nanosekunde veränderte sich ihr Attraktivitätsempfinden. Drews Erscheinung erinnerte sie an Schmerz und widerte sie so förmlich an. Zu IA fühlte sie sich nun hingezogen, erinnerte er sie doch jetzt an Genuss.

Da stand Larissa also und himmelte IA an, als dieser zu Drew bemerkte: „Die Sache mit dem Parfüm verstehe ich immer noch nicht. Sie riecht zwar gut, doch sie riecht nicht nach sich selbst. Wieso verfälschen die Menschen sogar die wenigen Signale, die sie im Stande sind, mit ihren beschränkt genutzten Auffassungsorganen wahrzunehmen? Wie soll das Leben so funktionieren?“

Drew lachte und so erkannte IA, dass dies wiederum eine Situation darstellte, der keine Antwort folgte. Er wandte sich also Paul zu und grüsste ihn.

IA: „Darf ich Ihren Herzschlag fühlen?“

Paul erinnerte sich an die Vorwarnung von Ayleen und die Notwendigkeit dieses Auftrags für seine Firma. Dennoch leicht überrumpelt willigte er mit einem Nicken ein.

IA öffnete die Knöpfe des Hemdes und hielt seine Hand auf Pauls linke Brust.

„Beruhigen Sie sich Paul.“, sagte IA ohne sich einer Schuld am rasenden Puls von Paul bewusst zu sein, der sein Entsetzen nicht einmal in Worte fassen konnte und nun einfach ruhig da stand.

Das verursachte Entsetzen bescherte IA die gewünschte Stille und er lauschte einige Sekunden dem Herzschlag.

Er nahm seine Hand wieder weg und sagte: „Danke, jetzt habe ich die Musik endlich wieder einmal hören können, wenn auch nur kurz. Es tut mir so unendlich leid, dass ihr sie nicht hören konntet. Doch ihr könntet den Schmerz wahrscheinlich nicht ertragen, auch nur für eine Sekunde auf diese Klänge zu verzichten. Mich treibt es schon fast an den Rand des Wahnsinns.“

Larissa bekam eine Gänsehaut, als sie IA‘s Stimme lauschte. IA‘s aufrechte Faszination, der er mit seiner wohlklingenden Stimme Ausdruck verleite, rührte sie fast zu Tränen.

„Viele Schläge bleiben nicht mehr übrig.“, sagte IA und fügte an: „Wie ich Sie beneide, Paul. Ich wünschte, ich könnte die Musik so schnell wieder hören wie Sie.“

Dann wandte er seinen Blick dem iPod zu und sagte: „Es hat nichts mit diesem Gekrähe zu tun, das aus dieser Kiste der tausend Klänge strömt! Es grenzt an Beleidigung, wenn man die richtige Musik gehört hat.“

IA griff nach dem iPod und warf ihn auf den Boden.

Drew schaute zu Ayleen und sie sprach geläutert: „Ja, ich habe es bei dem langen Warten angemacht und vergessen auszustellen. Ich weiss ja.“

Durch IA‘s ungewöhnliches Verhalten, vergassen Larissa und Paul was er noch vor einer Minute gesagt hatte, forderte jede nächste Handlung doch ihre ganze Aufmerksamkeit.

IA: „Darf ich auch Ihren Herzschlag fühlen, Larissa?“

Sie stellte sich mehr als bereitwillig zur Verfügung. Zu ihrer Enttäuschung interessiert sich IA jedoch, wie zuvor, ausschliesslich für den Herzschlag. Paul erkannte seine Absicht und schritt daher auch nicht ein, obschon es keine vergleichbare Situation in seinem ganzen Leben gab, in der er so reagiert hätte.

„Ich sehe, warum du die beiden ausgewählt hast.“, murmelte IA fast unverständlich und fügte etwas deutlicher hinzu: „Deine Mutter, ich spüre deinen Schmerz.“

Sofort lief ihr eine Träne über die Wange.

„Genug! Lasst uns an die Arbeit gehen.“, schritt Ayleen ein. Niemand hatte etwas dagegen. Erleichterung machte sich breit, in diesem Gefühls-Wirrwarr.

IA bewunderte das Modell, dass die beiden mitgebracht hatten und keiner konnte verbergen, wie sehr sein Lob ihnen schmeichelte. Er hielt auch Kritik betreffend der Schönheit des Schiffs bereit, sodass man sich entschied, die Konstruktion im Visualisierungsbereich zu laden.

Während der Computer das beinahe fassbare 3D Modell aufbaute, zog Ayleen ihren Sohn zur Seite und fragte ihn: „Wo bist du nur geblieben?“

IA zu Ayleen: „Ich schaute mir diesen Strassenkampf an und wartete darauf, dass ich realisiere, was ich tue. Dass ich in diesem Moment ankomme und mir meine Anwesenheit bewusst werde. Die Zeit verstrich offensichtlich, doch es gelang mir nicht. Drew verstand nicht, dass ich warten wollte, bis ich wirklich erlebte, was in dieser Zeit passierte. Er drängte mich immer wieder her zu kommen, wie sie alle mich den ganzen Tag drängen, sodass ich abends erst, vielleicht für eine Sekunde realisiere, dass ein ganzer Tag verstrichen ist. Verstehst du mich?“

Ayleen: „Was ist beim Strassenkampf denn vorgefallen, dass dich so fesselte?“

IA: „Sie schlugen sich. Der Auftraggeber hat dem Kurier schliesslich die Kapuze vom Kopf gerissen und ihn mit einem Tritt in den Regen gestossen. Ich glaube nicht, dass er überlebt hat. Doch darum geht es nicht. Es hätte irgendein Ereignis sein können, ich hatte nur plötzlich das Bedürfnis, wieder einmal einen Moment bewusst wahrzunehmen. Und es gelang mir nicht.“

Ayleen konnte beim besten Willen nicht fassen, was ihr Sohn ihr mitteilen wollte und sie staunte immer wieder über seine teils auftretende Kaltherzigkeit. Dieses Brutale, diese Gleichgültigkeit in seinem Wesen, passte nicht in ihr Bild von IA.

IA bemerkte ihr ungewolltes Unverständnis und sagte: „So kommt es, dass ich den ganzen Tag von Menschen umgeben bin, und mich trotzdem alleine fühle. Ich hoffe, Jack kommt bald zurück, oder Dionys. Hat Dionys immer noch lackierte Fingernägel?“

Ayleen schmerzte es, wenn sie ihren Sohn nicht verstand. Sie sah sogar, dass er es sah und ihr mit der Fingernagel-Sache wieder eine Frage bieten wollte, die sie beantworten konnte. Sie brauchte einen Moment und antwortete dann: „Ja, er lässt sich nicht davon abbringen. So ist die Mode eben heute.“

„Ich verstehe diese - bis auf den wirtschaftlichen Aspekt - zwecklosen Bearbeitungen am Körper nicht. Doch es gibt so vieles, dass mir ein Rätsel ist.“, sagte IA und lachte darüber genau wie Ayleen.

Paul, Larissa, Drew, aber auch Ayleen und IA liefen bei den Änderungen am Schiffsmodell zu Hochform auf. IA begeisterte jeden, der mit ihm arbeitete - auf technischer Ebene an diesem Tag vor allem Paul. IA griff alle Vorschläge auf und man konnte nur staunen, mit welcher Geschwindigkeit er sie umformte, einem selbst dazu brachte, schneller zu denken um mitzukommen und dann gemeinsam mit einem, eine überwältigende Lösung zu präsentieren, die jeden mit Stolz erfüllte.

Als Tanja eine Zwischenverpflegung brachte, konnten sich nur Ayleen und Drew losreissen, um eine Kleinigkeit zu essen.

Drew: „IA hat einen solch vollkommenen Sinn für Ästhetik, es ist immer wieder überwältigend.“

Ayleen: „Das stimmt. Und er hat so eine Freude an seinem Schiff. Endlich, nach all den Jahren, habe ich ein Geschenk gefunden, dass ihn begeistert und meine Wertschätzung für ihn ausdrücken kann. Früher freute er sich am meisten über Saatgut von Blumen, jetzt habe ich endlich etwas gefunden, dass auch wertvoll ist und ich ihm geben kann. Auch wenn kein Geschenk je an meine Wertschätzung für ihn heranreicht, ist dieses Schiff wenigstens ein Anfang. Ich bin so glücklich.“

Zurück im Visualisierungsbereich sagte Drew zu IA: „Du kannst dich freuen, ich habe die Zahlung für den Zagato Aston Martin freigegeben, er gehört dir. Der Verkäufer organisiert gerne noch eine Probefahrt auf dem Nürburgring. Ich habe nachgeschaut, am Freitag um 11 Uhr ist noch ein Termin frei. Mit dem Auto schaffen wir es locker bis 18 Uhr zur Weinprobe in der Provence. Soll ich das so buchen?“

IA: „Warum auch nicht.“

„Das wird bestimmt ein wundervoller Tag“, sagte Larissa, der nichts entging.

„Sie können mitkommen, wenn Sie wollen.“, antwortete IA und erkannte dabei ihre Freude.

Während Larissa ihre Termine prüfte, sagte IA: „Manchmal bekommt man solche erfreulichen Zugaben, wenn man ein teures Produkt erwirbt. Und schon wird ein Arbeitstag mit etwas Freude aufgewertet.“

Larissa: „Natürlich bieten auch wir Erlebniswochenenden an. Manchmal auch komplette Ferien mit der neuen Jacht, wo alles organisiert ist. Doch dazu fehlt hier noch der unterschriebene Kaufvertrag.“

IA: „Wie sieht ein solches Erlebniswochenende denn aus?“

Larissa sprach von schnellen Autos, die an den Häfen warteten, Sonnenuntergängen auf dem Deck bei einem Dinner, welches die Bordcrew serviere, Landschaften, dem Meer und natürlich der Jacht, die inzwischen fast fertig als 3D Modell vor ihnen stand.

IA: „Wenn Sie das so sagen, steigen in mir diese wundervollen Bilder auf. Diejenigen, die jeweils in den Prospekten sind, mit der schönen Kulisse, der richtigen Lichtstimmung, den glücklichen Gesichtern und diesem Frieden, der ein Kaufentscheid mit sich brachte. Ich kann nicht widerstehen, wir nehmen das Schiff - auch wenn mir bewusst ist, dass nichts an dieses suggerierte Bild heranreicht, schon gar nicht die Realität.“

Larissa, wie auch Paul freuten sich ehrlich über den Auftrag. Bevor sie auf den Vertrag anstiessen, stellte IA noch eine Bedingung: „Ich möchte das Modell-Schiff behalten, dann können wir es Dionys geben. Er wird sich mehr über das Miniaturmodell freuen, als über ein echtes Schiff.“

Voller Ehrfurcht stand Paul vor der Visualisierung der Jacht, als IA zu ihm stiess und sagte: „Diese Arbeit zeigt das Können, das Sie sich über all die Jahre angeeignet haben. Sie beherrschen nicht nur das Bestehende perfekt, Sie sind auch kreativ und können nicht vorhandenes in Ihrem Geist erschaffen und handwerklich herstellen. Was für eine Leistung.“

IA‘s aufrichtige Worte rührten Paul. Er brauchte einen Moment und spielt dann darüber hinweg, indem er fragte: „Und wo wollen Sie die Jacht hingeliefert haben?“

„Wo möchtest du das Schiff hingeliefert haben?“, reichte IA die Frage an Drew weiter.

Ein leicht überforderter Drew antwortete: „Es ist das Geschenk deiner Mutter an dich. Es ist deine Jacht. Du musst entscheiden, in welchem Gewässer sie liegen soll.“

IA wiederholte: „Das Schiff bedeutet dir weit mehr als mir, darum sollst du es bekommen. Wo sollen sie nun das Schiff hin liefern?“

Verletzt und voller Unverständnis rief Ayleen: „Was soll das? Es ist dein Geschenk. Du kannst doch keine 30 Millionen Jacht dem Personal verschenken!“

IA hatte Mitleid mit Drew, der gleich neben ihm stand, daher wandte er sich ihm zu und sagte in aller Ruhe: „Ayleen hat sich ihr komplettes Vermögen selbst erarbeitet, daher denkt sie, dass dies jeder schaffen kann, der es sich wünscht. Deswegen hat sie keine Mühe damit, ihre Besitztümer zu zeigen und unterscheidet auch ausgesprochen deutlich zwischen ihrem Besitz und dem der anderen. Sie steckt in diesem Denken fest, aber sie meint es nicht böse mit dir.“

Erst danach nahm er sich Ayleens Aggression vor und wandte sich mit neutraler Stimme an sie: „Wenn ich dann immer noch unbedingt ein Schiff haben muss, kaufe ich eben noch eins. Warum redest du so aggressiv?“

„Falls du keine Jacht haben möchtest, dann lassen wir auch keine bauen!“, sprach Ayleen, die ihre Lautstärke noch immer nicht drosseln konnte.

„Jetzt haben wir uns soviel Mühe bei der Konstruktion gegeben. Auch Paul ist damit zufrieden. Da werden wir ihm nicht die Freude nehmen, sein letztes Schiff zu bauen. Die Krönung seines Schaffens.“, sagte IA und fügte zu Paul gewandt an: „Sie soll nach Südfrankreich. Ayleen hat da ein Haus. Die Adresse des Hafens teilen wir Ihnen noch mit.“

Die Gewissheit und Selbstverständlichkeit, mit der IA über Pauls letztes Schiff sprach, zerstörte bei allen - ausser ihm - die Stimmung. Niemand wagte mehr, etwas zu sagen.

Ayleen unterschrieb den Werkvertrag und ohne viele Worte verliessen Vater und Tochter das Büro. Dass IA recht behalten würde, wagte zu diesem Zeitpunkt noch keiner zu glauben. Doch der letzte Tag der Jacht in ihrer Werft sollte sich mit dem letzten Tag von Paul auf dieser Welt decken.

Als sie wieder allein im Büro waren, sagte Ayleen: „Der schöne Teil mit der Jacht ist vorbei. Ich hoffe, es hat dir wenigstens ein bisschen gefallen?“

IA sass auf der Schaukel, in Gedanken versunken und empfand kein Bedürfnis, etwas darauf zu sagen.

Ayleen: „Ich hoffte, es würde deine Stimmung heben, denn wir müssen noch über geschäftliche Dinge reden.“

IA schwieg weiter.

Ayleen: „Die Verhandlungen mit verschiedenen Staaten laufen alle in die gleiche Richtung. Sie möchten die Sonderrechte der OktaTower FarmFood Inc. stufenweise abbauen. Es fängt an, der Welt besser zu gehen und darum wollen sie Bedingungen für die freie Marktwirtschaft schaffen. Als Konsequenz dessen planen sie, Baugenehmigungen für weitere FoodTowers zu erteilen. Der Betrieb der neuen FoodTowers wird nicht mehr uns überlassen. Wer immer sich durch das frühere System als würdig erweist, wird diese Aufgabe dann übernehmen können.“

„Warum?“, fragte IA, dessen Gedanken nicht vollends bei der Sache waren.

Ayleen: „Sie wollen Konkurrenz. Wir verdienen in ihren Augen zuviel Geld, sind zu einflussreich. Obschon du dreimal soviel verlangen könntest, wie du es tust, macht die Firma davon keinen Gebrauch. Ihr verbessert das Programm ja noch fortlaufend.“

IA: „Ihre Absicht ist schlecht und ineffizient.“

Ayleen: „Leider haben wir kaum eine Wahl.“

IA befahl bestimmt: „Du lässt nicht wieder Lieferungen für Länder aussetzen, damit wir ihnen unseren Willen aufzwängen können!“

Schliesslich gab es den einen oder anderen Vorfall in der Vergangenheit, der ohne IA‘s Zustimmung stattfand.

Ayleen: „Dieses eine Mal... Und es war zum Besten aller. Wenn du so etwas verhindern willst, musst du deine Mitarbeiter eben besser kontrollieren.“

IA: „Wenn jemand in meinem Leben ist, geniesst er mein Vertrauen.“

Ayleen: „Das ist ein anderes Thema, doch darauf wollte ich nicht hinaus. Wir haben eine viel bessere Idee entwickelt. Damit lösen sich möglicherweise viele Probleme auf einmal. Wir haben dir einen Auftritt in der Dama Marie Ferney Show verschafft!“

IA: „Oh bitte nicht! Kannst du nicht Dionys fragen, ob er sich etwas überlegt, dass wir ein Interview vermeiden können? Wo ist er eigentlich?“

Ayleen: „Dionys ist unterwegs. Das Interview ist unsere gemeinsame Idee! Überleg doch mal: Du könntest deine Meinung zu den Verhandlungen mit den Regierungen einem riesigen Publikum klar machen. Gleichzeitig könnten sie endlich etwas über dich erfahren. Das stoppt alle Spekulationen und möglicherweise verlieren die Paparazzi dann auch das Interesse an dir.“

„Ich tue es. Nur für dich.“, sagte IA und fügte an: „Doch etwas möchte ich wissen - die neuen FoodTowers, wie bringen sie das Essen zu den Leuten?“

Ayleen: „Natürlich bewirbt sich Move für diese Aufträge, wir haben schon Erfahrung damit gesammelt. Doch vielleicht bekommt auch einer unserer Konkurrenten den Zuschlag, ich weiss es nicht.“

IA: „Move steht nicht hinter mir. Nichts was du heute gesagt hast, enttäuscht mich mehr als eure Bewerbung. Wie könnt ihr mir so in den Rücken fallen?“

Ayleen: „Das hat doch nichts mit dir zu tun! Nichts davon hat eine Auswirkung auf deine Einnahmen. Die noble Grundidee der FoodTowers bleibt erhalten!“

„Es wäre soviel einfacher, wenn du lernen könntest, etwas weiter zu denken. Aber ich kenne deine Fähigkeiten, ich weiss auch was du nicht kannst und mit diesem Hintergrund bin ich dir sehr dankbar für deine Hilfe und alles andere, das du für mich gemacht hast.“, sagte IA und streichelte währenddessen ihr Gesicht.

2025 Der letzte Milliardär

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