Читать книгу 2025 Der letzte Milliardär - M.L. Hagmann - Страница 11
Neues Kapitel: Mehr als ein Gemälde
ОглавлениеSeraphina tauchte in Ayleens Büro auf und sagte: „Ich komme, um dein Auto zurück zu bringen.“
Erst nach ihren Worten erkannte sie Ayleens Niedergeschlagenheit. Seraphina fühlte sich unsicher und wollte am liebsten sofort verschwinden. Da sagte IA: „Gut, dass du kommst. Ich wollte dir noch etwas zeigen. Es ist in meinem Zimmer.“
„Könnt ihr bitte dafür Sorgen, dass IA morgen um 8 Uhr im Tower zum Interviewtermin erscheint?“, sprach Ayleen zu Seraphina und Drew, die es nickend bestätigten.
IA zu Ayleen: „Welchen Tower meinst du? Es gibt auf der ganzen Welt Zwillingstürme.“
Ayleen: „Ich meine natürlich deinen Tower. Den Ur-Tower, den du betreust. Den ersten, den einzigen mit deiner Wohnung darin.“
IA: „Ok. Fahren wir morgen gemeinsam zum Tower?“
Ayleen: „Nein, ich beobachte das Interview von hier aus.“
Ayleen zu Seraphina: „Ich würde mich freuen, wenn du mir dabei Gesellschaft leistest.“
Seraphina antwortete mit einem Lächeln der Erleichterung: „Sehr gerne!“
IA: „Ich muss alleine dort hin?“
Ayleen: „Natürlich nicht, wir lassen dich nicht allein. Drew fährt dich hin. Dein Leibwächter Jack hat mir auch zugesichert, dass er dort sein wird. Seraphina und ich sind von hier aus bei dir. Es ist alles gut.“
Die drei waren im Begriff zu gehen, als IA zu Drew sagte: „Gib ihr doch bitte noch die Musterflasche.“
Ayleen strahle über das ganze Gesicht, als sie ihr Abbild auf dem Etikett der Weinflasche erkannte. IA plante die Einführung eines Weins, der wieder allen Menschen zur Verfügung stehen sollte. Die Flasche passte in das Tetraeder der Essensbox und bot damit genug Fläche, um Ayleen darauf gross abzubilden. Ein Ausdruck des Dankes, den Ayleen zu schätzen wusste. Friedlich und mit einem Glas Wein, zog sich Ayleen an den Arbeitsplatz in ihrer schwebenden Wolke zurück, während die anderen drei, IA‘s Zimmer aufsuchten.
IA betrachtete vom Fenster aus das Waldstück, dass er aus seiner Kindheit kannte. Es regnete noch immer.
„Ich erkenne den Ort aus meiner Erinnerung, doch ich sehe den Wald heute mit anderen Augen. Ich habe versucht, meine alte Sichtweise wieder zu entdecken, als ich das Bild malte, doch ich kann damit nicht zufrieden sein.“, sagte IA und zog ein Tuch von der Staffelei.
Seraphina liebte das Bild. Sie sah, wie IA in diesem Waldstück mehr erkannte, als sie es tat.
IA: „Ich versuchte mit den aufgesetzten Diamanten, dieses Wertvolle auszudrücken, dass ich früher hier sah. Doch es ist ärmlich.“
Drew: „Nichts daran ist ärmlich. Es ist ein wundervolles Bild und heute kannst du dir Diamanten leisten, um dich auszudrücken!“
IA sagte traurig: „Dieser Reichtum ist ein Trugbild. Ich fühle mich mehr als ärmlich, weil ich keinen Zugang mehr zu den Schätzen der Natur habe. Die Diamanten drücken nicht annähernd die Schönheit aus, die ich früher hier sah.“
Seraphina begutachtete voller Bewunderung auch IA‘s ältere Werke und sagte: „Was du einmal konntest, wird bestimmt wieder zu dir zurückkehren. Man verliert keine Fähigkeiten. In der Zwischenzeit freue dich lieber über diese fantastischen Kunstwerke!“
In Wahrheit erkannte sie eine Qualitätseinbusse bei dem neusten Werk, liess sich dennoch nichts anmerken. IA forderte sie, denn er wollte ihre Meinung bis ins letzte Detail genauestens erfahren.
„Darf ich dir mein neues Bild zeigen?“, fragte Seraphina, die für die Kunst lebte.
IA konnte es nicht abwarten.
Drew erkannte die Schönheit des Bildes nicht, das IA höchst fasziniert begutachtete. Es besass eine Regelmässigkeit, die fast schon an ein kariertes Blatt Papier erinnerte. Noch nicht einmal die Hälfte davon hatte Seraphina ausgemalt.
IA: „Seraphina möchte den Blick einer anderen Person auf die Welt aufzeigen. Es ist Kunst, das kann nicht jeder erlernen. Sie möchte darstellen, wie eine bestimmte Person die Welt sieht. Erkennst du es nicht? Sie hat eine Maske gemalt. Diese Frau schaut täglich durch diese Maske.“
Drew: „Sollte sie dann nicht einen Computer nehmen, anstatt zu versuchen, sowas mit Pinsel und Farbe auszudrücken?“
Drew zu Seraphina: „Du kennst mich, ich meine es nicht böse, aber ich wollte mir dann doch lieber IA‘s Bild an die Wand hängen als deines.“
„Vielleicht hast du gar nicht so unrecht! Vielleicht sollte ich versuchen, mich mit Technologie auszudrücken.“, sagte Seraphina erstaunt, die es nicht als Beleidigung auffasste, sondern in Gedanken schon begann, daran zu arbeiten.
IA: „Du kennst sie nicht so gut. Du lernst sie erst noch kennen. Dein Bild von ihr ist noch nicht abgerundet.“
Seraphina: „Das stimmt. Wie weisst du, dass es eine Frau ist?“
IA: „Es ist eindeutig. Sie ist verliebt in einen Mann, du hast es gemalt. Ich glaube er entspricht nicht den aktuellen Schönheitsidealen, doch sie mag es, der attraktivere Teil des Paars zu sein. Sie generiert dadurch einen moralischen Mehrwert, denn sie für sich beanspruchen kann. Einen immateriellen Wert. Hast du ein Foto von diesem Mann?“
„Wie kannst du soviel aus diesem Bild lesen? Ich dachte, höchstens ich sähe es.“, sagte Seraphina und zeigte IA das Bild von Siara Zhao‘s Verlobten.
IA fasziniert: „Wenn ich es kann, ist es nur eine Frage der Technik, bis es andere auch können. Wie kannst du ihren Blick nachvollziehen? Das ist hier die Frage.“
Seraphina: „Ich beschäftige mich schon mein Leben lang mit Bildern, auf die verschiedensten Arten. Irgendwie geht es.“
Drew kannte IA, daher konnte er ausschliessen, dass er ihn veräppelte - denn das konnte er von seinem ehrlichen Wesen her gar nicht. Trotzdem konnte er nicht glauben, was hier vorging. Im Gegensatz zu den anderen erkannte er gar nichts auf dem Bild.
IA: „Ich muss sie kennenlernen.“
„Sie arbeitet bei...“, sprach Seraphina, als IA ihr zuvor kam und sagte: „bei uns, in meinem Tower.“
Drew verstand die Welt nicht mehr. Doch IA zeigte ihm auf dem Bild, Schritt für Schritt, warum er sah, dass Siara die FoodTowers liebte. Er zeigte ihm auch die Hingabe, die Siara für die Arbeit hatte.
Für eine Sekunde sah Drew, was die beiden meinten. Als er sein Staunen realisierte, verlor er das Bild gleich wieder.
„Ich muss mal wieder etwas essen.“, sagte IA und rief Tanja, damit sie etwas organisieren konnte.
„Gut gehören ihm die Towers, sonst wäre es kompliziert, das dreifache der üblichen Menge zu bekommen.“, sagte Tanja leise zu Drew.
Drew zu Tanja: „Dir hat das Limit beim Essen ja nicht geschadet.“
Beleidigt verschwand Tanja daraufhin umgehend.
Später beim Essen sagte Seraphina: „Dein Auto steht wieder unten. Keine Sorge, es hat keinen Kratzer abgekriegt.“
Während IA kein Interesse daran zeigte, bemerkte Drew: „Es ist fast ein Ding der Unmöglichkeit geworden, ein Auto mit all seinen Assistenzsystemen zu Schrott zu fahren.“
Seraphina: „Ich könnte keinen Meter fahren, wenn ich die Verantwortung für einen Unfall nicht dem Computer übergeben könnte. Ich könnte mit dem Auto Menschen töten und es wäre meine Schuld! Wenn es jetzt passiert, kann man guten Gewissens sagen, dass es nicht vorhersehbar war, da auch der Computer es übersah.“
Drew, der privat ein BMW 1er Coupé von 2009 fuhr, also ein potentieller Mörder im Strassenverkehr war - ginge es nach Seraphinas Meinung - sagte betrübt: „Ja, es ist vieles möglich geworden, wenn man es sich dann leisten kann.“
Seraphina: „Heute war ich für die Präsentation des neuen Modells von Inorecenz in den SocialTowers. Ihr werdet es lieben, mit einem Handy hat es nicht mehr viel zu tun. Ich habe uns allen eines geleistet. Auch du kriegst eines, Drew.“
„Danke!“, sagte Drew lächelnd um sich nichts anmerken zu lassen.