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Erstes Kapitel: Eine beinahe verlorene Ablenkung

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Das Jahr 2017

Ayleen Luvis hatte einen Hang zum Luxus. Ihre letzte Geschäftsreise führte sie auf die Azoren Inseln, anschliessend nach Portugal und dann wieder zurück zum Flughafen Altenrhein. Aufgrund drohender Terminkollisionen war die Reise mit einem Linienflug nicht machbar, also charterte sie kurzerhand einen Privatjet für sich alleine. Zurück in der Schweiz, brachte sie ein Chauffeur in einer Mercedes Benz S-Klasse zum Schloss Girsberg. Das Anwesen diente ihr nicht nur als Residenz, es beheimatete auch die Büros ihrer erfolgreichen Firma.

Um sich ein Bild vom Innenleben dieser vermögenden Frau zu machen, reichte nur ein Blick auf ihren luxuriösen Lebensstil auf keinen Fall aus.

Ayleen kam als mittellose Ausländerin in die Schweiz. Damals hatte Geld für sie kaum eine Bedeutung, schliesslich hatte sie eine verstörende Erfahrung, aber gleichzeitig auch so etwas wie ein Wunder miterlebt. Dieses Erlebnis zu verarbeiten, steuerte damals - vor 17 Jahren - ihr gesamtes Leben. Sie brauchte Antworten und war bereit, alles dafür zu geben.

In der Schweiz zeigte sich das Leben von seiner realistischen Seite und Ayleen bemerkte, dass Geld für ihre Suche nach Antworten unumgänglich war.

Als sie vor 13 Jahren ihren Geschäftspartner Dionys Basol traf, nutzte sie ihren Elan, um seine Vision für das Transportsystem der Zukunft, Wirklichkeit werden zu lassen. Zu zweit gründeten sie den Zeppelin-Hersteller Move. Ihr Unterfangen war lange Zeit erfolglos geblieben und zwang Ayleen deshalb, ihre ganze Energie in die Firma zu stecken. Mit den Jahren wurden ihre Anstrengungen belohnt und Ayleen entdeckte ihr Begehren nach Luxusprodukten. Da ihre Suche nach Antworten weit schleppender voranschritt als der Erfolg ihrer Firma, gab sie ihrem Begehren nach. Ihr Leben wurde in materieller Hinsicht bereichert und Ayleen freute sich, mit ihrem aktiven Tun wenigstens diese Leidenschaft stillen zu können. So war es für sie einfacher, bei den wesentlichen Fragen ihres Lebens, die Geduld zu bewahren.

Chauffeur: „Mögen Sie Ihre fabrikneue Firmenlimousine? Das Hot Stone-Massageprogramm der Rücksitze soll überaus wohltuend sein.“

Ayleen: „Ausgesprochen wohltuend. Dieses Fahrzeug war eine gute Wahl meinerseits. Doch bedauerlicherweise kann ich mein iPad nicht aufladen, obschon ich jede Menge zu tun hätte.“

Chauffeur: „Bitte entschuldigen Sie, das Ladekabel wird so bald wie möglich nachgerüstet. Ich habe bereits einen Termin mit der Werkstatt vereinbart.“

Ayleen: „Dann fahren Sie eben etwas schneller. Ich muss wieder an die Arbeit.“

Die Beschleunigung des Fahrzeugs drückte Ayleen behutsam in ihren Sitz. Amüsiert über ihre neueste Errungenschaft, liess sie ihren Blick aus dem Fenster schweifen. Die sommerliche Sonne beleuchtete die Szenerie bis ins letzte Detail. Vielleicht hatte es mit der Helligkeit des schönen Wetters zu tun, denn auf einmal nahm sie ihre Lebenssituation bewusst wahr. Ihr Leben hatte in vielerlei Hinsicht, ihre Vorstellung davon, weit übertroffen. Sie konnte sich praktisch alles leisten, was sie sich wünschte und auch die Zukunft sah vielversprechend aus. Zumindest in materieller Hinsicht, denn Move hatte zahlreiche Aufträge ergattern können.

Das erste Mal in ihrem Leben empfand sie so etwas wie Zufriedenheit. Dieser Zustand war allerdings nur von kurzer Dauer. Sie durfte sich nicht eingestehen, angekommen zu sein. Damit würde sie eine Aufgabe, eine Ablenkung verlieren. Ohne Ablenkung wusste sie nicht, ob sie ihre lebensnotwendige Geduld behalten würde, für die Suche nach den wirklich essentiellen Antworten ihres Lebens.

Der Wagen bog von der Strasse ab und fuhr nun im Schritttempo der Auffahrt zum Schloss Girsberg entlang. Der Firmensitz des Zeppelin-Herstellers Move, diente in der Vergangenheit bereits Graf Ferdinand von Zeppelin als Wohnsitz.

Ayleen betrachtete den Strichcode auf dem Firmenschild, der gleichzeitig als Logo für das Move-Unternehmen diente. Dies riss sie aus ihren Gedanken und holte sie zurück in den Alltag. Sie befanden sich mit der Auslieferung der ersten Zeppeline in Verzug. Dennoch schaufelte Dionys bei einem ihrer Zulieferer in Portugal Kapazitäten frei, damit dieser dort Wasserrückgewinnungs-Systeme für eine andere Firma bauen konnte, anstatt ganz für Move zu produzieren. Sie verstand Dionys verhängnisvolle Entscheidung in keiner Weise. Darum legte sie sich die Worte zurecht, um ihn zur Rede stellen zu können. Zudem gab es da noch immer dieses Problem mit der Seilwinde, einem zentralen Bauteil für das Hochziehen eines Containers zum Zeppelin. Ihre Konstruktion versagte dabei, wie sie vor Ort auf São Miguel, der Hauptinsel der Azoren, feststellen musste.

Der Gedankenwechsel kam ihr ganz recht und sie realisierte, dass die Ablenkung durch Arbeit noch immer funktionierte - zumindest jetzt noch.

Ayleen betrachtete das Schloss am Ende der Auffahrt. Der Nordflügel war noch immer eingerüstet, die Südseite zeigte zum ersten Mal die Früchte der umfangreichen Restauration. Das spitze Dach mit einem kleinen Turm darauf krönte das sonst eher schlichte Schloss mit seinen zwei Stockwerken und einer breite von sieben Fenstern.

Der Chauffeur lenkte die Limousine um eine runde Blumenrabatte und stoppte direkt vor dem Eingang des Schlosses.

Dionys Basol erbte das heruntergekommene Anwesen vor 13 Jahren von seinem Vater. Das idyllische, historische Schloss auf dem Land, umrahmt von einem kleinen Waldstück, vermittelte Ayleen jedes Mal aufs Neue das beruhigende Gefühl einer beständigen, heilen Welt. Zum Anwesen gehörten neben dem Schloss drei weitere Häuser, die sich auf der linken Seite der Auffahrt befanden. Die grosse Scheune auf der anderen Seite der Auffahrt, nutzen Mitglieder der Geschäftsleitung als überdachte Garage.

Obschon die Anlage vornehm aussah, wirkte sie weder protzig noch einschüchternd. Trotz des überschaubaren Grundstücks gab es hier genügend Platz für mehr als 50 Mitarbeiter, die sich mit der Konstruktion und Planung der Luftschiffe beschäftigten. Bei Zulieferbetrieben in fünf verschiedenen Ländern arbeiteten hunderte weiterer Menschen an den Aufträgen von Move.

2025 Der letzte Milliardär

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