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Aktion "Kummerkasten"
ОглавлениеWir wollten helfen – meine Schwester und ich. Aber nicht zu Hause, wo meine Eltern das sehr gerne gesehen hätten, sondern bei fremden Leuten. Also haben wir uns eines Tages mit Besen, Rechen und einigen anderen Sachen „bewaffnet“ und sind in der etwas entfernteren Nachbarschaft von Tür zu Tür gegangen. Wir waren ungefähr 10 Jahre alt. Unser Brüderchen durfte nicht mit – er war erst 5.
An der sich öffnenden Türe stellten wir uns vor und sagten: „Wir sind von der Aktion Kummerkasten.“ Inspiriert wurden wir von der gleichnamigen Fernsehserie, die damals lief.
Einige Leute haben uns tatsächlich eingelassen und uns z.B. im Garten arbeiten oder die Einfahrt kehren lassen. Manchmal durften wir auch für sie einkaufen gehen. Dafür haben wir nichts verlangt, bekamen aber manchmal ein paar Groschen oder auch mal Bonbons oder Schokolade und vor allem immer ein herzliches DANKESCHÖN. Und das war uns Lohn genug.
Als wir aber dann schon die nähere Nachbarschaft „abgegrast“ hatten, erkundigten wir uns bei der Gemeindeschwester. Und die bat uns zu einer alten Dame, die in der 2. Etage eines Hauses in einer Seitenstraße wohnte. Sie war früher Sängerin an einer Oper gewesen, 86 Jahre alt und mit einem Hüftschaden. Sie besaß einen Kohleofen und heizte noch mit Briketts.
Ab dieser Zeit gingen wir zweimal wöchentlich zu ihr und holten ihr zwei Eimer Briketts aus dem Keller. Bei unserem ersten Besuch schenkte sie uns eine Tafel Schokolade. Aber als sie später von der Gemeindeschwester erfuhr, dass wir nicht „abkommandiert“ worden waren, sondern uns freiwillig bemüht hatten, hatte sie uns richtig ins Herz geschlossen.
Wir haben sie auch zu Weihnachten und Ostern separat besucht und ihr zugehört, wenn sie von früher erzählte. Sie war glücklich mit uns – und wir mit ihr.