Читать книгу Partnerschaft und Sexualität - Monika Röder - Страница 14
1.2 Geschlechterrollen und Gleichberechtigung
ОглавлениеOberflächlich betrachtet ist die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau heute verwirklicht. Frauen machen Karriere, Männer kümmern sich um die Kinder und beide bringen den Müll raus. Männer und Frauen streben eine Partnerschaft ans, in der sie sich gleichberechtigt um die Familie kümmern und Karriereschritte sowie Familienzeiten gemeinsam aushandeln können (Bundesministerium für Familie, 2016).
Doch der Schein trügt. In der Realität besteht ein Machtgefälle zulasten der Frauen (Schneider, 2017). Zwar beginnen Partnerschaften heutzutage mit einer egalitären Vorstellung von familiärer Arbeitsteilung; der Wunsch einer Partnerschaft auf Augenhöhe wird aber oftmals spätestens mit der Elternschaft enttäuscht. Denn häufig ist es so, dass Paare nach der Geburt des Kindes in eine traditionelle Arbeitsteilung zurückfallen. Man spricht von einer Traditionalisierungsfalle, welche möglicherweise durch das Familien-, Sozial- und Steuerrecht begünstigt wird (Bundeszentrale für politische Bildung, 2020). Frauen sind wieder ökonomisch abhängig, da sie den hauptsächlichen Teil der nicht entlohnten Familienarbeit tragen.
Empirisch zeigt sich, dass das »Ernährermodell« in Deutschland zwar seltener wird, aber weiterhin noch häufig anzutreffen ist. Am weitesten verbreitet ist das »modernisierte Ernährermodell«, bei dem der Mann vollzeit- und die Frau teilzeiterwerbstätig ist. 2017 lebten 72 % aller Ehepaare und 54 % der nichtehelichen Lebensgemeinschaften dieses Modell. Das verbreitetste Erwerbsmuster ist die Kombination Mann Vollzeit- und Frau Teilzeittätigkeit (Bundeszentrale für politische Bildung, 2020). Laut dem Statistischen Bundesamt üben nur 26 % der Ehefrauen und 41 % der Lebenspartnerinnen ihre Erwerbstätigkeit in Vollzeit aus. Ehemänner waren mit 92 % am häufigsten erwerbstätig. Von den Lebenspartnern übten 90 % eine berufliche Tätigkeit aus (Statistisches Bundesamt, 2019).
Ab der Lebensmitte kommt es zu einer starken Veränderung der Geschlechterrollen, die in der Fachliteratur als Androgynie oder Gender crossover bezeichnet wird: Aufgrund hormoneller Veränderungen und der veränderten Lebenslage werden Männer ruhiger, häuslicher und lassen ihre eher »weiblichen« Seiten zu, während Frauen durchsetzungsstärker, weniger kompromissbereit und unabhängiger werden. »Die Hälfte der Frauen ab 55 will ein eigenes Zimmer, sie möchten mindestens einen Abend in der Woche für sich allein oder mit Freundinnen verbringen«, sagt der Paartherapeut Krüger (2016, S. 41). Balanceprozesse zwischen individueller und gemeinsamer Entwicklung werden in diesem Lebensabschnitt auf eine harte Probe gestellt (Perrig-Chiello, 2017).
In Fragen der Geschlechterrollen sind homosexuelle Partnerschaften im Vorteil: Die Gleichgeschlechtlichkeit befreit von traditionellen Rollenvorstellungen. So berichten schwule und lesbische Paare übereinstimmend, dass passendere Rollen ausgehandelt und Aufgaben stärker nach Vorlieben und eigenen Stärken verteilt werden, und dass dadurch größere Zufriedenheit erreicht wird (Göth & Kohn, 2014).