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1.4 Sexfreundliche, aber berührungsfeindliche Gesellschaft

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»We’re oversexed but underfucked« (von Schirach, 2007) bezeichnet das sexuelle Dilemma unserer Zeit. Sex in jeglicher Form ist omnipräsent, wird als Standard präsentiert und hat aber mit dem wirklichen Leben wenig zu tun. Die meisten Jugendlichen sehen Pornos, bevor sie eigene sexuelle Erfahrungen machen. Medienbilder favorisieren schnellen Sex und Sex als Konsumgut. Es wird als normal angesehen (viel) Sex zu haben und Erfahrungen mit Oral-, Analverkehr, Sex-Toys oder Bondage gelten als erstrebenswert.

Was einerseits befreit und neue Erfahrungsdimensionen eröffnen könnte, setzt Frauen wie Männer andererseits unter Druck: Genitalien und Körper werden verglichen, Leistungsfähigkeit und Ausdauer werden zum Maßstab für guten Sex, Ziele sollen erreicht werden. Nach Illouz (2013) ist diese Kultur sexueller Leistung der Grund, weshalb Menschen ihre Lust aufgeben.

Gleichzeitig gibt es in unserer immer stärker individualisierten Welt auch ein Bedürfnis nach echtem Kontakt, gemeinsam verbrachter Zeit und körperlicher, zärtlicher Berührung. Die Not und Sehnsucht nach Berührung sind so groß, dass Ärzte von Patienten berichten, welche um ein weiteres EKG bitten, weil »das letzte so gutgetan habe« (Hirschhausen, 2017).

Auch hinter dem Bedürfnis nach Sex steht oftmals ein Bedürfnis nach Nähe, Trost und Umarmung (Zilbergeld, 2000).

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