Читать книгу Partnerschaft und Sexualität - Monika Röder - Страница 7

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Geleitworte

Mut zur Integration

Paartherapie ist eine facettenreiche und vielschichtige Tätigkeit in einem besonders herausfordernden Setting. Auch wenn sie nicht primär klinisch orientiert ist, kommt das ganze Leben mit Paaren zur Tür herein, d. h. eine enorme thematische Bandbreite, oft hoher Leidensdruck und existenzielle Krisen, in denen für einen oder beide Partner viel auf dem Spiel steht. Paartherapeuten müssen mit hoher Konfliktspannung umgehen können, ohne Partei zu ergreifen. Ein Teil ihrer Kunst besteht darin, die Komplexität auf ein bearbeitbares Maß zu reduzieren, ohne zu trivialisieren, und sowohl das Setting als auch die Prozesssteuerung so zu balancieren, dass sie für beide Partner konstruktiv nutzbar sind.

Verschiedene paar- und sexualtherapeutische Ansätze sind heute gut ausdifferenziert und profiliert. Zugleich sind sie in mancher Hinsicht konvergent, kompatibel oder ergänzen sich. Während bestimmte Therapieschulen miteinander konkurrieren und die Abgrenzung voneinander betonen, erfahren viele Kollegen konzeptionelle Vielfalt in der eigenen Praxis als wertvoll, weil sie damit ihre Arbeit möglichst flexibel und passgenau für das Paar gestalten können.

Voraussetzung dafür ist, dass sie sich selbst dazu autorisieren, eine eigene Logik davon zu entwickeln, wann sie zu welcher Perspektive, zu welcher Methode und zu welcher Ausrichtung ihrer Prozesssteuerung greifen. Dies ist ein lebendiger, vermutlich nie abgeschlossener Prozess. Wir können nicht arbeiten wie unsere Lehrerinnen und Lehrer. Wir können nur in uns selbst verankert und zugleich durchlässig sein.

Dieses Buch ermutigt und leistet genau dazu einen Beitrag. Die beiden Autorinnen geben darin ein Beispiel ihrer intelligenten, theoretisch und empirisch top informierten, systematischen und zugleich undogmatischen Praxis. Sie bieten einen fundierten, aus Erfahrung fein selektierten und vollkommen am Benefit, nicht an der Kritik orientierten Überblick über das Feld und zeigen nach sorgfältiger Darstellung, wie sie verschiedene Konzepte praktisch nutzen.

Das ist nicht nur zeitgemäß, sondern auch erfrischend uneitel, weil gar nicht erst versucht wird, noch einen angeblich neuen Ansatz zu generieren, sondern die eigene Klugheit und therapeutische Reife für ein Lehrbuch des sinnvollen und durchdachten Zusammenspiels bestehender Ideen zu nutzen. Mögen möglichst viele Leser darin Orientierung, Inspiration und Ermutigung zur eigenen Vielfalt in einem vielfältigen Geschäft finden.

Karlsruhe im Januar 2021

Angelika Eck

Sex oder Kommunikation? Henne oder Ei?

Wo fängt es eigentlich an, das Problem in der Beziehung? Ist es so, dass ein Paar Probleme mit Sex hat, weil es in der Beziehung nicht rund läuft? Oder kriselt die Beziehung, weil der Sex nicht genügend häufig, aufregend oder ausgefallen ist?

Mit dieser Huhn-Ei-Frage beschäftigen sich nicht nur die Paare in partnerschaftlichen Krisen intensiv, sondern auch alle, die in der Paar- und Sexualberatung tätig sind. Je nach Standpunkt kommen die unterschiedlichen Betrachter zu unterschiedlichen Schlüssen. Bei den Paaren wird der Standpunkt schnell anhand der Vorwürfe an das Gegenüber deutlich: »Wenn du doch nur …, dann …«.

Bei den Beratenden erkennt man ihre Präferenz an ihren Interventionen, sprich daran, wie sie mit dem Paar versuchen, den entscheidenden Dreh hinzukriegen. Manche Berater fokussieren eher auf die partnerschaftlichen (Kommunikations-)Schwierigkeiten, auf die nicht befriedigten Bedürfnisse in der Partnerschaft und auf die Eskalationsspiralen: Die Leitidee ist, dass durch die Reduktion der zwischenmenschlichen Spannung wieder körperliche Nähe ermöglicht wird. Andere Fachpersonen dagegen nehmen eher die sexuelle Funktionsfähigkeit, den Körper, die Lust und die Sexualpraktiken ins Visier. Ganz nach dem Motto: Die Lust auf Sex kommt mit der Lust am Sex. Und so führt schlussendlich (guter) Sex zu emotionaler Nähe und Verbundenheit.

Ist es nun wichtig zu verstehen, was den Appetit verdorben hat (resp. immer wieder verdirbt) oder kommt der Hunger mit dem (richtig guten) Essen? Für beide Sichtweisen gibt es eine Reihe empirischer Evidenzen. Wer hat nun recht?

Das Schöne und Bemerkenswerte am vorliegenden Buch ist, dass diese Frage nicht beantwortet wird. Es geht gerade nicht darum, den einen oder den anderen Weg zu bevorzugen; es geht nicht darum, die eine richtige Antwort auf diese Frage zu finden. Im Gegenteil: Im Vordergrund steht eine integrative, offene Sichtweise, die versucht, die unterschiedlichsten Perspektiven miteinander sinnvoll zu kombinieren, um dadurch einen individuellen und auf das Paar zugeschnittenen Weg zu finden.

Die beiden Autorinnen können aus einem reichen Erfahrungshintergrund schöpfen, sowohl in Bezug auf verschiedenste therapeutische Zugänge als auch in Bezug auf ihre Praxiserfahrung in der Paar- und Sexualtherapie. Und so bringen sie auf eine sehr gelungene und fundierte Art die Themen Partnerschaft und Sexualität zusammen, die ja auch im echten Leben ganz natürlich zusammengehören.

Ich wünsche dem Buch viele interessierte Leserinnen und Leser und diesen wiederum viele Anregungen mit und durch das Buch.

Zürich im Januar 2021

Marcel Schär


»Vertrautheit« – Zeichnung von der Künstlerin Heidi Reubelt, Abdruck in Schwarzweiß (www.heidireubelt.de).

Partnerschaft und Sexualität

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