Читать книгу Im Kerker der Kleopatra - N. Färusmonz - Страница 7
PROLOG
ОглавлениеHimmlische Zustände herrschen in der vom Meer gesäumten sowie in Wüstennähe gelegenen Stadt mit dem Namen »Die Engel« am ehesten auf den mondän besiedelten Anhöhen. Zumindest dem Anschein nach durchkreuzt hier eine vorausgeplante Harmonie jegliche Form von Neid und Missgunst. Während sich oben die Reichen und die Superreichen einfinden, tummeln sich die weniger Betuchten in den Niederungen. Von in der Sonne glitzernden Bürotürmen babylonischen Ausmaßes bis hin zu den erbärmlichsten Wohnhütten am Stadtrand: In dem weiten Tal zu Füßen der sündhaft teuren Villen des Berglands treffen sich all jene Jäger nach dem verlorenen Glück, die nur davon träumen, der Senke so schnell wie möglich zu entfliehen; sei es nach einem anstrengenden Arbeitstag auf dem Weg in die eigene Villa, sei es auf der Suche nach einem Weg, eine solche zu besitzen.
Aber trotz allem Streben nach Wohlergehen existiert ein Paradies auf Erden bekanntlich nicht. Der beste Beweis dafür ist, dass ein wahrhaftes Paradies im Zeitalter immer tyrannischerer Medien unverzüglich geortet, gestürmt und mit menschlicher Gründlichkeit zerstört würde. Die bitteren Gegensätze des Lebens werden gerade in einer so kontrastreichen Stadt wie »Los Angeles« augenfällig. Selbst die Traumfabriken in Hollywood und Studio City können über die scharfen sozialen Gegensätze nicht hinwegtäuschen, da ihre Produktionen der Stadt, dem ganzen Land, ja sogar der gesamten Welt lediglich einen Spiegel vorhalten. Ein anderes Ergebnis von derlei Fluchtversuchen vor der Wirklichkeit sind die individuellen Abbildungen des überirdischen Paradieses. Den einen gelingt die Abbildung besser als den anderen. Spannend wird die Sache aber erst durch die enorme Vielfalt bei den Vorstellungen von Wohlergehen und Glück. Erklärt dieser Umstand doch manche unkonventionelle Idee vom irdisch verbrämten Garten Eden. Zu nennen wären etwa die Exzentriker, die sogenannten Lebenskünstler oder die Zyniker, welche ihre Unzufriedenheit in vernichtendem Sarkasmus ertränken.
Ein besonders unkonventionelles Paradies-Verständnis wird von einer ihrer Ungewöhnlichkeit entsprechend kleinen Fraktion bevorzugt. Ihre Andersartigkeit äußert sich zunächst in einem gewissen Grundkapital, das für die Zugehörigkeit zu ihren extravaganten Reihen unentbehrlich ist. Das hat nicht unbedingt etwas mit Arroganz zu tun, sondern vielmehr mit dem für ihren Lebensstil notwendigen Kostenaufwand. Rein formal zählen die Vertreter dieser seltsamen Spezies also – je nach Zirkel – zu den Wohlhabenden, nur dass ihnen Geld Mittel und kein Zweck ist. Eine zweite Besonderheit unter ihnen ist eine aus gutem Grund gepflegte Scheu vor der Öffentlichkeit. Zwar gibt es stets ein paar Extrovertierte, die nicht den Mund halten können. Sie werden indes allzu schnell mit Ausgrenzung bestraft, und zwar sowohl von ihren Gesinnungsgenossen als auch von den Außenstehenden, denen sie sich fahrlässigerweise anvertraut haben. Solchermaßen »Verstoßene« haben es im schlimmsten Fall schwer, ihre Arbeit zu behalten, geschweige denn wieder Anschluss an die alten Freunde zu finden oder neue zu gewinnen. Das Merkwürdigste an der Fraktion ist hingegen der Umstand, dass ihr unvollkommenes, geheimes und exklusives Paradies ziemlich genau das Gegenteil von dem repräsentiert, was sich alle anderen Glückssucher darunter vorstellen.
Eine in vielerlei Hinsicht außergewöhnliche, sich vor dem Hintergrund jener mysteriösen Gattung Mensch abspielende Liebesgeschichte begab sich genau auf der Grenze zwischen dem reichen und dem armen Amerika: zwischen den Bergzügen von Bel Air einerseits und Down Town andererseits. Freilich verlief die Grenze in diesem Fall weit verworrener, als zunächst vermutet werden könnt; denn sie ignorierte die übliche Aufteilung in Schein und Sein.