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Alles aufs Los

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Schon als Kind trainierte ich täglich, sei es beim Fußball oder beim Handball. Es strengte mich nicht an, sondern machte mir Spaß, und ich hatte so auch keinen Tag Langeweile. Von Gemünden bin ich zum Handballspielen immer dreimal die Woche die gut 20 Minuten mit der Regionalbahn nach Lohr am Main gefahren, wo ich geboren wurde. Nach dem Training am Abend hat mich meine Mutter dann mit dem Auto abgeholt. Und wenn ich nicht beim Handball war, war ich beim ESV Gemünden mit den Jungs beim Fußball. Meine Mutter wusste so immer, wo ich steckte, und ich war aufgehoben und konnte mich austoben. Irgendwann kam ich aber in das Alter, wo man als Mädchen nicht länger offiziell in einer Jungsmannschaft spielen darf. Ab der C-Jugend ging das nicht mehr, ich musste mich mit elf Jahren also entscheiden: Wollte ich mit Fußball aufhören und weiter in meiner Mädelsmannschaft Handball spielen? Oder sollte ich nicht doch in eine Mädchenmannschaft, bei der ich weiter Fußball spielen könnte? Beides nebeneinander ging nicht mehr länger gut, denn sowohl im Handball wie auch im Fußball war ich inzwischen für die Unterfranken-Auswahl gesichtet worden. Um richtig gut zu werden, musste ich mich jetzt spezialisieren.

Die Wochen vergingen und ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Also setzte ich mich auf unseren Balkon, schrieb auf einen Zettel »Fußball« und auf einen anderen »Handball«, faltete beide sorgfältig und warf sie mit geschlossenen Augen auf den Tisch – ich wollte das Schicksal entscheiden lassen, welches der Lose ich ziehe, um mich auf eine Sportart festzulegen. Es war der Zettel mit Fußball.

Tags darauf gab ich meiner Handballtrainerin Lilo Hess Bescheid, dass ich von jetzt an nicht mehr mitspielen könne, und sie war wirklich traurig. Auch bei meinen Fußballjungs in Gemünden habe ich mich schweren Herzens verabschiedet, ich musste mir jetzt ja eine Mädchenmannschaft suchen, und entschied mich für den nahe gelegenen ASV Hofstetten. Fünf Jahre sollte ich hier spielen, aber anfangs war es gar nicht so einfach, meinen Platz zu finden. Die Mannschaft dort war eine eingefleischte Gemeinschaft, doch bald hatte ich nicht nur als treffsichere Stürmerin neue Freundinnen gefunden. Nach einiger Zeit probierte unser Trainer Karlheinz Bayer, der der Vater einer meiner Mitspielerinnen war, mich auch einmal ins Tor zu stellen. Das klappte offenbar ganz gut, und so spielte ich jetzt – wie früher schon mein Vater in Nals – je nach Bedarf und Gegner mal im Tor und mal im Sturm. Tore zu schießen fand ich allerdings viel cooler, als Tore zu verhindern. 1991 erreichten wir das Entscheidungsspiel um die unterfränkische Meisterschaft gegen den TSV Uengershausen. Ich spielte im Sturm, aber wir verloren 2 : 4. Dennoch wurde ich nach dieser Verbandsrunde mit sieben Treffern Torschützenkönigin.

Manche meiner damaligen Mitspielerinnen kommen heute noch zu Länderspielen von mir. Eine von ihnen, die seit vielen Jahren schon mit ihrem Mann in China lebt, war sogar beim WM-Finale 2007 in Schanghai mit im Stadion. Wir haben uns nach dem Schlusspfiff kurz gesehen und ich habe ihr meine Torwarthandschuhe geschenkt. In solchen Momenten merke ich, wie weit der Weg war, den ich zurückgelegt habe. Und wie viele herzliche Bekanntschaften ich dabei machen durfte.

Nadine Angerer - Im richtigen Moment

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