Читать книгу Suomi on kaunis (Deutschland auch) - Nadja Hummes - Страница 16

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Immerhin, inzwischen ist es Mitte Februar.

Die Sonne lässt sich ab und zu blicken, wenn auch noch sehr zaghaft. Heute grüßt sie vorsichtig gegen zehn Uhr Vormittags mit ein paar ersten Strahlen. Im Laufe des Tages macht sie aus minus 27 Grad Celsius annähernd warme minus 21 Grad Celsius. Zumindest bis zum frühen Nachmittag. Dann wird es wieder dunkel. Und somit auch etwas kälter.

Während der wenigen Stunden, in denen die Sonne vom Himmel scheint, reflektiert der Schnee hell das Licht. Ich kneife die Augen zusammen. Blinzele. Unwillkürlich fühle ich mich an die Inuit erinnert.

Ich wandere. Wieder einmal.

Endlich wird alles mehr und mehr sichtbar. Auch wenn es draußen noch immer kalt ist, auch wenn ich nach mehreren Stunden des Wanderns anschließend müde sein werde, – ich möchte einfach keine Minute meines wundervoll verlängerten Finnlandaufenthaltes versäumen. Jetzt, da ich ohne Taschenlampe meine Umgebung erkunden kann, zieht es mich umso mehr hinaus. Sobald die Sonne den Tag erhellt, schlüpfe ich in Stiefel und Spikes. Erst nachdem sie sich gegen frühen Nachmittag wieder zurück zieht, kehre ich in Valtteris Wohnung zurück.

Mit meiner Sehnsucht nach Tageslicht und einer unbändigen Lust, mich in das Freie zu begeben, bin ich nicht alleine. Kaum ist das erste Licht des Tages zu erahnen, treffen die Menschen einander an allen nur erdenklichen Orten, um Frisbee zu spielen. In den Einfahrten der Häuser, mitten im Wald, auf Spielplätzen oder leeren Teilabschnitten der Supermarktparkplätze, vor der einen oder anderen Sauna und natürlich an den Ufern der zahlreichen Järvis. Dick eingemummelt in Daunenjacke und festem Schuhwerk finden sich Finnen jeder Altersstufe in kleinen Gruppen zusammen und werfen abwechselnd ihre Frisbeescheiben. Kaum einen Passanten stört es. Im Gegenteil. Ein kurzes routiniertes Kopfeinziehen oder ein reflexartiges Ducken des eigenen Körpers ist das gewohnte Verhalten der Einheimischen. Äußerst selten wird der Wurf einer Frisbeescheibe über­haupt einmal kommentiert. Und wenn, dann allenfalls, um dem Frisbeewerfer ein anerkennendes Lob oder einen Rat zur Verbesserung seiner Technik zukommen zu lassen.

Wer nicht Frisbee spielt, ist im Kindergarten, in der Schule oder auf der Arbeit. Oder er angelt. Stundenlang. Loch in das Eis bohren, Angel fixieren, hinsetzen und die Sonne genießen. Fertig ist der finnische Frühlingstag. Denn hier, so erklärte Valtteri mir, ist es sowohl im Denken und Empfinden als auch in der Gestaltung des Alltages Frühling, sobald die monatelange konstante Winter­dunkelheit von einem Hauch Licht durchbrochen wird. Wen juckt schon das bisschen Eis und Schnee? Oder gar diese mickrigen Restminusgrade? Hinaus, hinaus! Es ist Frühling!

Valtteri schmunzelte versonnen, als er mir dies erläuterte. In Gedanken schon bei seiner großen Skulptur in seinem Mökki, erzählte er mir von den unbeschreiblich schönen finnischen Sommertagen. Von seinen Ausflügen an die Järvis, Einladungen zu Grill-Treffen, von seinen Ruderboot­fahrten zwischen den Schären, von endlosen Wanderungen durch die finnischen Wälder, erholsamen Saunaabenden, farbenprächtigen Sonnenauf- und ‑untergängen, Jazz­festivals, finnischem Sommerhonig, belebten Straßencafés, Akkordeonspielern und Freilufttänzen, gemeinsamen Touren mit einem befreundeten Hunde- und Pferdebesitzer und nicht zuletzt auch von Mückenplagen nebst wirksamen Anti-Moskito-Tipps. Gemäß seiner Erfahrung von der Wirksamkeit der Produkte überzeugt, empfahl er mir eine Hautlotion aus Helsinki namens „Free, Hajuton hyttyskarkote“, Räucherkegel diverser Größe oder auch das allseits beliebte Waschen und Eincremen von Haut und Haaren mit finnischen Produkten aus finnischem Kiefernteer. Tervashampoo, Tervaseife, und Tervahaut­creme gehören zu Valtteris fester Sommergrund­aus­stattung.

Ich saß da, hörte zu und staunte. Als Valtteri nach einigen Minuten des Erzählens wieder etwas schweigsamer wurde, erkundigte ich mich interessiert, wann es denn nach finnischer Definition Sommer sei. Angesichts dessen, dass die aktuelle Wetterlage bereits als Frühling galt.

„Sommer...“, so antwortete er mir aus tiefster Kehle seufzend. „Sommer ist dann, wenn das Wasser der Seen schon zehn oder zwölf Grad warm ist und man herrlich darin schwimmen kann. Sommer ist, wenn die Boote morgens bei fest geschlossenen Knospen, Blättern und Sprösslingen hinaus fahren und am Abend desselben Tages bei geöffneten Blütenkelchen und entfalteten Blättern wieder anlegen. Dann ist Sommer.“

Suomi on kaunis (Deutschland auch)

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