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Kapitel 3

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Donnerstag, 23. Dezember, 10.45 Uhr

Carolyn saß vor dem Schreibtisch ihres Vorgesetzten. Sie war mit allen ihren Berichten im Rückstand, und Brad Preston wusste das.

»Veronica sollte erst in sieben Wochen ihr Kind bekommen«, sagte sie und klopfte mit den Absätzen auf den Boden. Mit müden braunen Augen starrte sie Preston an. Wie viele allein erziehende Mütter kämpfte sie sich in einem Zustand ständiger Erschöpfung durch jeden Tag.

Wie kann ein Mann schön und gleichzeitig auf eine raue Art maskulin sein?, dachte Carolyn. Brad besaß alle diese Attribute. Sein blondes Haar war modisch geschnitten und vorne mit Gel nach oben gekämmt, so dass er wie ein College-Student aussah. Seine Haut war sonnengebräunt und trotz seiner sportlichen Aktivitäten im Freien beinahe faltenlos. Ihr Blick blieb an den unter dem frischen weißen Hemd erkennbaren Muskeln hängen. Schnell zwang sie sich wegzusehen. Als Brad befördert und ihr Vorgesetzter wurde, hätte sie sich in eine andere Abteilung versetzen lassen sollen. Jetzt musste sie mit ihrem früheren Geliebten zusammenarbeiten.

Die Affäre mit Brad war kein Problem gewesen, bis ein anderer Mann in ihr Leben getreten war. Ihre Beziehung zu dem Physikprofessor und Nachbarn Paul Leighton hatte Brads Ego aber zutiefst erschüttert. Seitdem verfolgte er sie mit einer Hartnäckigkeit, die ihr auf die Nerven ging. Nachdem aber weder Kartengrüße noch Blumen den erhofften Erfolg brachten, hatte Brad seine Taktik geändert.

Carolyn bekam beinahe doppelt so viele Fälle wie die anderen Beamten in ihrer Abteilung zugeteilt. Nur ihre Kollegin Veronica Campbell war ebenso mit Arbeit überlastet. Veronica hatte drei Kinder zu Hause und lag jetzt mit dem vierten in den Wehen. Schon ihr letztes Kind hatte sie als »Unfall« bezeichnet und war jetzt dabei, einen »Doppel-Unfall« zu gebären. Sollte es zu einem dritten »Unfall« kommen, hatte Veronica noch vor ein paar Tagen gescherzt, als sie wie eine Ente den Flur entlang zu ihrem Büro gewatschelt war, würde sie einen Nervenzusammenbruch vortäuschen, damit ihr Mann zu Hause bei den Kindern bleiben musste.

Carolyn war fuchsteufelswild, weil Brad ihr gerade gesagt hatte, dass der Bericht im Fall Moreno am nächsten Tag fällig sei.

»Für die Ermittlungen in einem derart komplizierten Fall brauche ich Wochen«, fauchte sie ihn an.

»Hey«, sagte Brad Preston und legte seine Füße auf den Schreibtisch. »Ich bin nur der Überbringer dieser Nachricht. Wilson besteht darauf, dass du den Fall übernimmst. Das Vorverfahren findet um zehn im Gerichtssaal vierundzwanzig statt.«

»Das ist der reinste Wahnsinn!«, schrie Carolyn. »Weißt du eigentlich, was morgen für ein Tag ist?«

»Heiligabend«, sagte Brad. »Wenn es keine Probleme gibt, kannst du dir danach freinehmen. Der Rest von uns arbeitet bis fünf. So eingedeckt waren wir seit Jahren nicht mehr. Ich musste sogar drei Kollegen den Urlaub streichen.«

»Der Staatsanwalt kann doch eine Vertagung beantragen«, wandte Carolyn ein. »Raphael Moreno hat seine eigene Mutter enthauptet. Wie soll ich innerhalb von vierundzwanzig Stunden einen Bericht über sieben Anklagepunkte wegen Mordes zusammenstellen? Und in einer halben Stunde habe ich wegen des Falls Brubaker einen Gerichtstermin.«

»Dieser Fall ist schon dreimal vertagt worden. Richter O’Brien sagt, das Strafmaß stehe bereits fest, und er denke nicht daran, den Termin noch einmal zu verschieben. Die Haftanstalt will Moreno ins Gefängnis überstellen. Die Staatsanwaltschaft steht unter Druck, weil eine Absprache getroffen wurde und die Todesstrafe nicht verhängt wird. Die Familien der Opfer verlangen Gerechtigkeit.« Brad legte eine Pause ein und ließ ein Lächeln aufblitzen, das seine makellosen weißen Zähne entblößte. »Hör auf zu jammern und mach deinen Job. Du musst kein Strafmaß empfehlen, das wurde bereits in einem außergerichtlichen Vergleich festgelegt. Worüber regst du dich so auf, um Himmels willen?«

Carolyn ging zur Tür und knallte sie zu, damit Brads Assistentin Rachel Mitchell ihre Unterhaltung nicht belauschen konnte.

»Das machst du absichtlich, Brad!«, fauchte sie ihn an. »Ich habe deine Spielchen satt. Dieses Mal bist du zu weit gegangen. Wenn du mich weiterhin so unter Druck setzt, werde ich Beschwerde einreichen.«

Brad lachte, nahm seine Füße vom Schreibtisch und legte die Hände auf die Platte.

»Glaubst du etwa, ich habe Angst vor dir?«, fragte er, während seine blauen Augen provozierend aufblitzten. »Nächstes Jahr um diese Zeit bin ich vielleicht stellvertretender Chef der Behörde. Wilson überlegt, ob er dich zu meiner Nachfolgerin ernennen soll, verlässt sich dabei jedoch absolut auf meine Empfehlung.«

»Wie kannst du nur so gemein sein, Brad«, sagte Carolyn und spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach.

»Ich habe gehört, du hast dein Jurastudium aufgegeben. Stimmt das?«

»Nein. Ich mache nur für ein Semester Pause.«

»Unsere Arbeit erfordert ganz besondere Qualifikationen«, griff Brad das Thema wieder auf. »Was würdest du tun, wenn du diesen Job verlierst? Wahrscheinlich würdest du im Büro des Staatsanwalts irgendeine untergeordnete Stelle bekommen. Fürs Frauengefängnis werden immer Helferinnen gesucht.«

Carolyn biss die Zähne zusammen, holte tief Luft und entspannte sich. Sie wollte Brad schon erzählen, dass es ihr gelungen war, Moreno zum Reden zu bringen, entschied sich dann aber dagegen. Vielleicht hatte sie ihm später Wichtigeres zu berichten.

»Hast du Veronicas Akte über Moreno?«, fragte sie stattdessen.

Brad klopfte auf einen dicken Ordner auf seinem Schreibtisch und wartete, bis Carolyn neben ihm stand. Da spürte sie seine Hand auf ihrem Po, eindeutig ein Fall sexueller Belästigung, den sie zur Anzeige bringen könnte. Aber sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Ihr war plötzlich heiß, als hätte sie Fieber. Brad wusste, dass sie eine Beschwerde gegen ihn einreichen könnte, aber sie würde es nie zulassen, dass ein weniger erfahrener Officer einen derart schwerwiegenden Fall bearbeitete.

»Ich will, dass du mir stündlich berichtest, welche Fortschritte du machst. Rogers wird dich bei Gericht in der Sache Brubaker vertreten«, sagte Brad. Als sein Telefon läutete, bedeutete er ihr zu warten.

»Ja«, sagte er in den Hörer. »Wir kümmern uns um Moreno.« Er legte die Hand über die Muschel und flüsterte Carolyn zu: »Es ist ein Mädchen. Es kam vor einer Stunde zur Welt und wiegt dreitausendfünfhundert Gramm.«

»Sprichst du mit Drew?«, fragte Carolyn in der Annahme, Veronicas Ehemann sei am anderen Ende der Leitung.

»Nein, mit Veronica. Sie ist high, als wäre sie auf einem Trip. Vielleicht produziert sie deshalb alle neun Monate ein Baby. Sie liebt diese Droge«, sagte Brad, verabschiedete sich von Veronica und legte auf. Dann blätterte er in einer Akte auf seinem Schreibtisch.

»Rogers kann mich so kurzfristig nicht vor Gericht vertreten«, protestierte Carolyn. »Brubaker hat elf Menschen auf dem Gewissen. Wir haben drei Jahre gebraucht, bis endlich die Vorverhandlung anberaumt wurde.«

»Körperverletzung mit Todesfolge im Straßenverkehr ist doch wohl etwas anderes als die Ermordung einer ganzen Familie«, sagte Brad, faltete einen Papierflieger und ließ ihn über ihren Kopf segeln. »Du hast mich bekniet, sonst hätte ich nie zugelassen, dass du für Brubaker eine Gefängnisstrafe empfiehlst. Schließlich weiß jeder, dass es ein Unfall war. Der Staatsanwalt hat so lange mit der Anklageerhebung gewartet, weil er dachte, der alte Knacker würde abkratzen, womit der Fall erledigt gewesen wäre. Die Stadt trägt die Verantwortung für diesen Unfall, weil am Straßenmarkt keine Verkehrszeichen aufgestellt waren.«

»Nachdem Brubaker den ersten Passanten angefahren hatte, ist er einfach weitergerast«, sagte Carolyn und schüttelte missbilligend den Kopf. Eine Haarsträhne, die ihr über die Nase fiel, blies sie wütend weg. »Ich habe viermal mit Brubaker gesprochen. Er sieht aus wie ein netter alter Mann, ist es aber nicht. Er hat nur Angst, seinen Führerschein zu verlieren. Was er getan hat, fällt eindeutig unter die Richtlinien der Körperverletzung mit Todesfolge im Straßenverkehr.«

Brad seufzte und sagte dann laut: »Der Kerl geriet in Panik und hat das Gaspedal mit der Bremse verwechselt. Ich habe die Nase voll von diesem Fall. Kümmere dich um Moreno und stiehl mir nicht weiter meine Zeit.«

»Brubaker hat fahrlässig gehandelt«, beharrte Carolyn und weigerte sich nachzugeben. »Fünfundachtzigjährige sollten nicht mehr Auto fahren. Mir ist egal, wer Verkehrsschilder hätte aufstellen sollen. Es war auf jeden Fall Wahnsinn, ohne zu bremsen durch eine Menschenmenge zu rasen. Passanten wurden wie Bälle durch die Luft geschleudert.«

»Schreib doch deinem Kongressabgeordneten einen Brief. Brubaker hatte eine vom Staat Kalifornien ausgestellte Fahrerlaubnis. Normalerweise blieb er mittwochs zu Hause, weil an diesem Tag seine Haushälterin kommt, mit der er sich gut versteht. Er hat nicht gewusst, dass diese Straße jeden Mittwoch wegen des Markts gesperrt wird.« Brad stand auf und nahm sein Jackett von der Rücklehne seines Stuhls. »Ich muss gehen, sonst komme ich zu spät zu einer Besprechung. Du kriegst deine zehnjährige Gefängnisstrafe. Der arme Mann tut mit Leid. Weil Alter die schlimmste Demütigung ist.«

Brad schlüpfte in sein teures italienisches Jackett und rückte seine Krawatte zurecht. In einem Regal hinter seinem Schreibtisch standen gerahmte Fotos, die ihn vor hochtourigen Rennautos zeigten. Autorennen zu fahren war angeblich sein Hobby, aber Carolyn glaubte, dass dieses Hobby für ihn weit mehr als eine Freizeitbeschäftigung war. Und er arbeitete nur, um die Zeit zwischen den Rennen totzuschlagen. Brad hatte von seinem Vater etwas Geld geerbt, das er klug investiert hatte und somit genug Gewinn erzielte, um seine Hobbys zu finanzieren. Er war ein unerschöpfliches Energiebündel und schaffte doppelt so viel Arbeit wie ein normaler Mensch. Obwohl er mit seinem Beruf, seinen Autos, seinen Frauen und seinen Festen mit Freunden eigentlich ausgelastet sein musste, war er immer auf der Suche nach etwas Neuem und Aufregendem. Carolyn konnte sich noch gut an die Nächte mit ihm im Bett erinnern. Wenn sich ihre Körper vereinigten, hatte sie immer das Gefühl gehabt, an eine Steckdose angeschlossen zu sein.

»Wie sehe ich aus?«, fragte Brad. »Sitzt meine Krawatte richtig?«

Aus alter Gewohnheit ging Carolyn zu ihm und rückte den Knoten zurecht. Als sie ihm in die Augen schaute, stieg ihr ein Hauch seines Aftershaves in die Nase. Sie schlang die Krawatte um ihre Hand und drohte: »Wenn du Brubakers Vorverhandlung nicht vertagst, erwürge ich dich.«

»Ja, ja«, sagte Brad. »Das habe ich doch schon getan. Auf den fünften Januar, fünfzehn Uhr.« Während Carolyn seine Krawatte glättete, fügte er hinzu: »Und was Moreno betrifft – ich lasse dir alle Protokolle und Berichte der Spurensicherung ins Büro schicken. Nimm die Unterlagen ruhig mit nach Hause, dann kannst du ungestört daran arbeiten und deinen Bericht diktieren. Das Wichtigste ist die Befragung des Straftäters, und die hast du schon in der Tasche. Ich dachte, Veronica hätte bereits mit den Verwandten der Opfer gesprochen, aber sie hat mir eben gesagt, dass sie die Schwester der Mutter nicht erreicht hat.«

»Warum hast du mich wegen Brubaker angelogen?«, fauchte Carolyn ihn an.

»Ach«, entgegnete Brad lächelnd, »dann wäre mir doch der Spaß an unserer vor Geist sprühenden Unterhaltung entgangen. Übrigens, du siehst toll aus in diesem Outfit. Neu, wie?«

»Du bist ein Scheißkerl«, sagte Carolyn und stürmte aus Brads Büro.

Carolyn saß an ihrem Schreibtisch, den Kopf in die Hände gestützt. Sie war mit ihrer Arbeit so weit im Rückstand, dass sie es nie schaffen würde, ihre Berichte fertig zu schreiben. Als Gerichts- und Bewährungshelferin musste man sich jeden Tag durch einen Aktenberg kämpfen. Es war, als würde man in einem Haus ohne Dach immer wieder eine Leiter hochklettern. Und Brad Preston saß in seinem Büro und teilte den Sachbearbeitern mit der Schnelligkeit und Effizienz eines Croupiers in Las Vegas die Fälle zu.

Da schob ein Bürogehilfe einen mit Kartons beladenen Rollwagen durch ihre Tür.

»Ist das alles?«, fragte Carolyn und bat ihn, die Kartons in einer Ecke zu stapeln.

»Soll das etwa ein Scherz sein?«, entgegnete der junge Mann, hob den Rollwagen an und ließ ihn wieder auf den Boden fallen. »Ich habe noch zwei Ladungen von diesem Zeug. Preston hat gesagt, wenn ich dafür keinen Platz mehr finde, soll ich den Rest in Veronica Campbells Büro verstauen. Erst gestern habe ich dieselben Kartons durch die Gegend gekarrt. Ich arbeite jetzt seit sechs Wochen hier«, sagte er und hievte einen Stapel vom Rollwagen. »Ist das eine Art Test, den ihr mit mir macht?«

Veronica arbeitete in einer durch eine Trennwand abgeteilten Kabine neben Carolyns Kabuff. Ich muss sie anrufen und mir ihr Passwort geben lassen, dachte Carolyn, damit ich im Computer nachsehen kann, wie weit sie ihre Fälle bearbeitet hat.

In diesem Augenblick läutete ihr Telefon. Sie hörte Detective Hank Sawyers raue Stimme: »Heute Abend gibt die Mordkommission eine improvisierte Weihnachtsparty. Wollen Sie mitfeiern?«

»Ich kann nicht, Hank«, sagte Carolyn. »Preston hat mir heute Morgen Moreno aufgehalst. Die Vorverhandlung findet morgen statt.«

»Wollen Sie mich verscheißern?«

»Nein«, sagte Carolyn. »Wahrscheinlich muss ich heute Nachmittag oder am Abend mit Ihnen sprechen. Trinken Sie also auf der Party bitte keinen Alkohol.« Um ihn nicht vor den Kopf zu stoßen, fügte sie schnell hinzu: »Diese Bitte hat nichts mit Ihnen persönlich zu tun. Das hätte ich zu jedem anderen auch gesagt.«

Hank Sawyer hatte vor einiger Zeit ein Alkoholproblem gehabt und reagierte noch immer empfindlich, wenn man ihn darauf ansprach. Da Hank nicht sofort antwortete, wusste Carolyn, dass er verärgert war.

»Wie konnte Ihnen Preston, dieses Arschloch, Moreno aufhalsen? Wir standen von Anfang an unter Druck, weil der Staatsanwalt einen Deal ausgehandelt hat. Der Kerl sitzt doch erst seit dem achtzehnten November in Untersuchungshaft. Und ich dachte, Veronica Campbell würde diesen Fall bearbeiten.«

»Jetzt nicht mehr«, entgegnete Carolyn. »Ich muss weitermachen, Hank. Sorgen Sie nur dafür, dass ich Sie erreichen kann, falls ich zu diesem Fall ein paar Fragen habe.«

»Hören Sie mir gut zu, Carolyn«, dröhnte Hanks Stimme aus dem Hörer. »Moreno hat gestern Abend drei Mithäftlinge übel zugerichtet. Ihre übliche Verhörmethode können Sie bei diesem Kerl nicht anwenden. Reden Sie auf keinen Fall allein mit ihm. Er ist zu gefährlich.«

»Ich habe schon mit ihm gesprochen«, sagte Carolyn und suchte in einer Schreibtischschublade nach Aspirin. Es war noch nicht einmal Mittag, und sie hatte bereits Kopfschmerzen. Veronica gab die Schuld daran Carolyns Essgewohnheiten. Sie frühstückte nie, und wenn sie viel zu tun hatte, ließ sie auch das Mittagessen ausfallen.

»Hat er geredet?«

»Ja«, sagte Carolyn, gab ihre Suche auf und schob die Schublade zu. »Jetzt lasse ich ihn ein paar Stunden schmoren und dann gehe ich noch einmal zu ihm. Wenn mich mein Instinkt nicht täuscht, steckt hinter der Sache mehr, als auf den ersten Blick zu erkennen ist. Moreno ist ein übler Typ, aber ich halte ihn nicht für verrückt. Ganz im Gegenteil. Ich glaube, er ist sehr schlau. Sogar gerissen.«

»Ich finde es erstaunlich, zu welchen Ergebnissen Sie in so kurzer Zeit gekommen sind«, sagte Hank. »Warum, verdammt noch mal, arbeiten Sie für die Gerichtshilfe? Kommen Sie zu mir, und ich ernenne Sie sofort zum Detective der Mordkommission.« Hank hustete und fügte dann hinzu: »Im Ernst, Carolyn. Ich warne Sie. Mit diesem Kerl ist nicht zu spaßen. Fordern Sie Ihr Glück nicht zu sehr heraus.«

»Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit er den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringt«, sagte Carolyn. »Wir werden doch dafür bezahlt, dass wir unser Leben riskieren. Haben Sie das etwa vergessen? Unser Job fordert eben manchmal diesen Einsatz.«

»Wir verdienen nur ein paar Dollar mehr als Kanalarbeiter«, wandte Hank ein. »Es kümmert niemanden, ob uns jemand eine Kugel in den Kopf jagt oder Ihnen ein Psychopath wie Moreno das Genick bricht. Dafür lohnt es sich nicht, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Haben Sie mich verstanden?«

»Wenn ich mich recht erinnere, waren Sie das doch, der aus einem fahrenden Auto gesprungen ist und sich auf diesen Junkie mit der Schrotflinte gestürzt hat.«

»Das war etwas ganz anderes.«

»Na klar«, sagte Carolyn. Sie wusste, dass Hank Sawyer bei mindestens fünfzehn anderen Anlässen, bei denen die Erfolgschancen eins zu einer Million gestanden hatten, kein Risiko gescheut hatte. Doch auch heute noch war es für eine Frau nicht leicht, im Polizeidienst zu arbeiten. Die meisten jüngeren Beamten behandelten Frauen zwar als gleichberechtigte Partner, aber altgediente Polizisten wie Hank würden ihre Einstellung zu Kolleginnen nie ändern. Für ihn war sie nur ein kleines Mädchen mit einer gefährlichen Waffe. Und das musste nicht unbedingt eine Schusswaffe sein.

»Ich wünsche Ihnen viel Spaß auf der Party«, sagte Carolyn. »Ein paar von uns müssen schließlich arbeiten.«

Sullivans Rache

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