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Die Hobgoblins

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„Verwesende Pilze!“, brüllte eines der Wesen. „Mit was für Leuten habt Ihr Umgang, Drachenzunge? Ich dachte schon, der Große Wurm und seine neun Würmchen wären gekommen, um mich zu fressen!“ Eine Kreatur mit großen, im Mondlicht schimmernden Augen und einem breiten lippenlosen Mund sprang auf sie zu.

„Nemesis?“, staunte Jack, der seinen Augen kaum traute.

„Wer denn wohl sonst?“, fauchte der Hobgoblin. „Ganz sicher nicht dieser königliche Dummkopf hier. ‚Lass uns Jacks Dorf besuchen‘“, zitierte er. „‚Lass uns sehen, ob die entzückende Pega ihre Meinung geändert hat und mich nun doch heiraten will.‘ Schwachkopf! Was soll ein hübsches Mädchen wie sie wohl mit einem tumben Kerl wie ihm anfangen?“

Jack musste sich das Lachen verkneifen. Während Nemesis eine Beleidigung nach der anderen ausstieß, tauchte der Bugaboo auf, schlammverschmiert und tropfnass. „In einem Sturm tut es jeder Hafen, stimmt’s?“, sagte der Hobgoblinkönig fröhlich. „Als ich dieses Heulen gehört habe, bin ich im nächsten Loch in Deckung gegangen. Pech, dass es ausgerechnet ein Schlammloch war!“

„Ihr könnt auf dem Heimweg in einem Bach baden“, sagte der Barde.

„Ich bin entzückt, Euch wiederzusehen“, versicherte der Bugaboo dem alten Mann. „Und dich natürlich auch, Jack. Was für eine Freude! Sag, ist Pega noch immer so hinreißend schön? Vermisst sie mich?“

Jack wusste nicht, was er sagen sollte. Pega dankte Gott jeden Tag auf den Knien, dass sie den Hobgoblinkönig nicht geheiratet hatte und nicht mit ihm in seine muffige Höhle voller Pilze gezogen war.

„Ich bin sicher, dass sie sofort in Ohnmacht fällt, wenn sie dich sieht“, stichelte Nemesis.

„Es ist vielleicht ratsam, die Zahl der Menschen, die Euch sehen sollen, zu beschränken“, schlug der Barde vor. „Die Leute hier könnten Euch mit Dämonen verwechseln, und wir wollen ja nicht, dass sie Euch mit Steinen und Forken auf den Pelz rücken.“

„So werden wir doch immer willkommen geheißen“, seufzte der Bugaboo. „Was war das für ein grauenhafter Schrei, den wir im Wald gehört haben?“

„Diese Geschichte erzählt sich besser bei Tageslicht.“ Der alte Mann beugte sich tief über seinen Stab, und Jack erkannte, dass sein Meister vollkommen erschöpft war.

„Wir sollten jetzt heimgehen“, sagte Jack. „Ich bin sicher, dass wir bei uns ein Plätzchen für zwei alte Freunde finden.“

„Eigentlich sind wir nicht nur zu zweit“, sagte der Bugaboo. „Du kannst jetzt rauskommen, Blewit. Es droht keine Gefahr mehr.“

Ein knochiger Hobgoblin kam hinter einem Busch hervor, auf dem Arm ein zappelndes Bündel. Jack war verblüfft, das lange, missmutige Gesicht von Mr Blewit zu sehen. Das Bündel befreite sich und plumpste zu Boden.

Es war Hazel, Jacks lange verlorene Schwester.

Das kleine Mädchen hüpfte über das Gras wie ein kleiner Sprogling, ein junger Hobgoblin. „Oh, juchhuu! Schlamm-Menschen! Meine Lieblingsspielzeuge“, jubelte das Kind.

Jack nahm sie in die Arme und wollte sie herumschwenken, aber sie war etwa doppelt so schwer, wie er erwartet hatte. Er setzte sie wieder ab.

„Ich bin mitgekommen, um sicherzugehen, dass ihr mir nicht mein Baby stehlt“, knurrte Mr Blewit. „Dies ist ein Besuch, vergiss das nicht. Gewöhn dich nicht zu sehr an sie.“

An sie gewöhnen? Jack war nicht sicher, dass er das jemals tun würde. Natürlich liebte er sie. Sie war seine Schwester. Aber sie war als Baby von den Hobgoblins geraubt worden. Als er sie schließlich im Land der silbernen Äpfel fand, hatte Hazel nicht einmal gewusst, dass sie ein Mensch war. Sie machte die froschigen Ausdrucksweisen der Hobgoblins nach und zwinkerte mit einem Auge nach dem anderen, wie sie es taten. Sie versuchte, Motten mit der Zunge aus der Luft zu schnappen. Sie gliepte sogar, ein hässliches ploppendes Geräusch, das Freude ausdrückte.

„Hör auf zu jammern, Blewit“, befahl Nemesis. „Wir schlagen noch Wurzeln, bis du endlich fertig bist. Ich werde Drachenzunge tragen.“ Der Hobgoblin hob den Barden so mühelos hoch, wie ein Mann ein Kätzchen hochnimmt. Jack war erleichtert, dass der missgelaunte Nemesis die Erschöpfung des alten Mannes bemerkt hatte. Getragen zu werden wie ein Baby, war vielleicht nicht die würdevollste Art zu reisen, aber der Barde beklagte sich nicht. Jack ging voraus, und die Gruppe steuerte das alte römische Haus an.

„Ich erinnere mich an diesen Ort“, sagte der Bugaboo, als sie oben auf der Klippe ankamen. „Das Haus hat sich gut gehalten, aber der Mann, der es gebaut hat, war auch ein guter Architekt.“

„Ihr wisst, wer es gebaut hat?“, fragte Jack, dem wieder eingefallen war, dass die Hobgoblins seit dem letzten Mal kaum gealtert waren. Der Bugaboo konnte also schon sehr alt sein.

„Ich habe gesehen, wer es gebaut hat“, antwortete der König. „Es war ein Dichter, den man vom Hofe verjagt hatte, weil er unhöfliche Gedichte über seinen Kaiser verfasst hat. Er hat die Wände bemalt wie einen römischen Garten, um seine Frau aufzuheitern. Dort drüben war früher einmal ein Badehaus, bis dieser Teil der Klippe abbrach und ins Meer stürzte.“

„Er hatte ein paar Gören, die Steine nach mir geworfen haben, als ich sie einmal im Wald überraschte“, berichtete Nemesis und grinste boshaft.

Jack spürte einen Schauder, so ähnlich wie beim Erscheinen des Draugr, nur nicht so schlimm oder unheimlich. Diesmal war es eher so etwas wie ein flüchtiges Bedauern, eine vage Erinnerung an ein geliebtes Heim, das in der Zeit verlorengegangen war.

Nemesis setzte den Barden ab und stützte ihn, bis er wieder sicheren Stand hatte. „Danke, alter Freund“, sagte der Barde. „Die Zauberei strengt mich heutzutage mehr an als früher.“

„Blödsinn“, widersprach der Hobgoblin resolut. „Ungeheuer zu bekämpfen, ist immer anstrengend, egal wie alt man ist.“ Jack war erstaunt, wie respektvoll Nemesis war.

Hazel flitzte an ihm vorbei. „Dad! Da ist die hässliche Schlamm-Frau!“, rief sie. „Wo ist die hübsche?“

„Fass diese Körbe an und du bist tot“, drohte Thorgil.

Hazel lachte wie ein Hobgoblin. Es hörte sich an, als würde ihr ein Stück Knochen im Hals feststecken. Gütiger Himmel, dachte Jack. Was werden Vater und Mutter sagen, wenn sie sie sehen?

Mr Blewit rannte ins Haus und rettete die Kleine, bevor Thorgil ihre Drohung wahr machen konnte.

Leicht angewidert musste Jack feststellen, dass Thorgil auf der Jagd gewesen war und die Jagdbeute zu einem Eintopf verarbeitet hatte. Normalerweise verweigerte sie solche Arbeiten, aber ihre gute Laune musste sie zum Kochen veranlasst haben. Sie konnte zwar Pfeil und Bogen nicht mehr benutzen, aber mit Speer und Schleuder war sie kaum zu schlagen. Ihre Kochkünste waren jedoch eher begrenzt und meistens fanden sich irgendwelche Fellstücke im Essen. Jack sah etwas im Topf auftauchen, das nach einem ganzen Eichhörnchen aussah.

„Riecht interessant“, sagte der Bugaboo und öffnete seine Nasenlöcher, so weit er konnte. „Noch besser wäre es vielleicht mit ein paar Pilzen –“

„Wie immer mäkelst du am Essen, ohne vorher die Köchin zu begrüßen“, schimpfte Nemesis. „Ich entschuldige mich für meinen unhöflichen König, Thorgil, und dafür, dass wir ohne Ankündigung hereinplatzen – großer Fliegenpilz!“ Der Hobgoblin sprang aus dem Weg, als Seefahrer nach ihm hackte. Jack hatte vergessen, wie flink die Hobgoblins sein konnten. Nemesis hing mit seinen klebrigen Fingern und Zehen an der Decke.

Thorgil lachte sich halb tot. Sie sagte etwas zu dem Albatros, und er tappte zurück in seine Ecke. „Also ich heiße euch jedenfalls willkommen“, sagte sie. „Seefahrer hat so etwas wie euch noch nie gesehen.“

„Ich habe auch noch nie etwas wie ihn gesehen“, erwiderte Nemesis und ließ sich von der Decke fallen. „Ist er eine Troll-Möwe oder was?“

„Ein Albatros aus dem fernen Süden. Seefahrer sagt, dass es dort Tausende von seiner Sorte gibt.“

„Die hoffentlich dort bleiben“, murmelte Nemesis.

„Sei gegrüßt, edle Schildmaid“, sagte der Bugaboo und verbeugte sich tief. „Es ist mir eine Freude, dich wiederzusehen.“

Sie setzten sich rund ums Feuer, und jeder bekam eine Schale voll Eintopf, der nicht so schlecht war, wie Jack befürchtet hatte. Glücklicherweise hatten sie viel Brot, denn die Hobgoblins schienen unersättlich zu sein. Hazel leckte ihre Schale aus und verlangte nach mehr. Nachdem sie gegessen hatten, erzählte der Barde von der geplanten Handelsreise nach Bebbas Town.

„Ihr habt nicht genug zu essen! Das hättet Ihr uns sagen müssen“, rief der Bugaboo aus. „Nemesis und ich werden fischen gehen. Es gibt nichts Besseres als die Zehen von Hobgoblins, um Fische anzulocken.“ Er streckte einen Fuß aus und wackelte einladend mit den langen Zehen. Hazel klatschte vor Begeisterung in die Hände.

Der Barde schreckte hoch. „Bei meinen Sternen, ich schlafe schon fast im Sitzen ein. Bitte entschuldigt mich, liebe Freunde, aber ich muss ins Bett.“ Die Hobgoblins entschuldigten sich dafür, ihn so spät noch wachgehalten zu haben, und Jack half ihm zu seinem Korbbett im hinteren Teil des Hauses. „Kümmere dich um die Betten, Junge“, sagte der Barde. „Im Lagerraum müsste genügend Stroh sein.“

Jack schob Körbe und Truhen an die Wand, um Platz zu schaffen. Nemesis und Mr Blewit halfen ihm beim Bettenmachen, und als sie fertig waren, war der Boden von einer Wand zur anderen mit Hobgoblins und Menschen bedeckt. Wenn noch mehr Besuch kommt, dachte Jack, können wir ihn nur noch an der Decke aufhängen.

Mr Blewit deckte Hazel mit seinem Umhang zu. Er war aus Buntschafwolle, und als sie darin eingehüllt war, schaute nur noch ihr runder Kopf heraus. Der Rest von ihr schien verschwunden zu sein. Der trübsinnige Hobgoblin streichelte ihren Kopf und sie gliepte im Schlaf.

Jack hatte ein hohles Gefühl in der Mitte seines Herzens. Die Blewits liebten Hazel abgöttisch. Sie würden sie niemals aufgeben. Aber Mutter und Vater würden sie natürlich zurückhaben wollen, und das Recht war auf ihrer Seite. Es war ein Problem, für das es keine Lösung geben würde, mit der alle zufrieden waren.

Jack verstaute die Heitere Wehklage in einer der Truhen des Barden. Als er fertig war, schlief auch er schon fast im Stehen ein. Dankbar ließ er sich in einen Haufen Heidekraut und Stroh sinken.

„Erzähl mir, was mit dem Draugr passiert ist“, flüsterte Thorgil und hockte sich neben ihn auf den Boden.

Jack lauschte dem Nachtwind, der über seinem Kopf am Reetdach zerrte, und beobachtete die flackernden Schatten an der Wand. „Nicht heute Nacht“, sagte er und musste wieder an den kalten Nebel denken, der ihm die Brust zusammengequetscht hatte. „Der Barde sagt, solche Geschichten erzählt man nur bei Tageslicht“, sagte er. „Ich glaube, das hat gute Gründe.“

Nemesis sprang mit Gebrüll auf. „Das Monster hat versucht, meine Zehen zu fressen!“, schrie er, bebend vor Wut.

„Ist es schon Morgen?“, fragte Thorgil verschlafen und wühlte sich tiefer ins Stroh.

„Dein Haustier hat versucht, mich umzubringen, und dir fällt nichts anderes dazu ein?“, kreischte Nemesis.

Jack stand hastig auf und öffnete die Tür. Die Sonne war noch knapp unter dem Horizont, aber die Wolken über dem Meer schimmerten schon rosa. „Komm“, sagte er in der Vogelsprache. Der Albatros ignorierte ihn.

„Du musst erst etwas Nettes zu seinen Flügeln sagen“, murmelte Thorgil. Als Jack die richtigen Worte gefunden hatte, wendete sich der große Vogel zögernd von den Zehen des Hobgoblins ab und folgte dem Jungen nach draußen.

„Die sehen aus wie Würmer, stimmt’s?“, sagte Jack und führte Seefahrer hinunter an den Strand. Er setzte sich in den Sand und genoss nach der Nacht in dem modrig riechenden Haus die frische Luft. Jetzt wusste er wieder, dass Hobgoblins immer nach Pilzen rochen. „Was sollen wir mit dir machen, wenn wir nach Norden fahren?“, fragte Jack.

Seefahrer breitete die Flügel aus und prüfte den Wind. Ein Flügel hing herunter. Trotzdem machte er einen Testlauf am Strand, doch statt abzuheben, landete er als würdeloser Haufen.

„Mach dir nichts draus“, tröstete Jack. „So etwas braucht seine Zeit. Und wenn es zum Schlimmsten kommt, können wir dich vielleicht mitnehmen. Ich würde den Nordmännern aber an deiner Stelle nicht zu sehr vertrauen. Womöglich halten sie dich für eine Art seetüchtiges Hühnchen.“

Seefahrer hatte ein Gezeitenbecken voller Krebse entdeckt und war damit beschäftigt, es leer zu fressen. Inzwischen konnte auch Jack sein Frühstück riechen. Er stand auf und ging zurück in Richtung Pfad. Hinter sich hörte er patschende Geräusche. Seefahrer rannte hinter ihm her, so schnell er konnte.

„Ich hätte dich nicht allein zurückgelassen“, sagte Jack gerührt. Er streichelte das Gefieder des Vogels und wurde dafür mit einem leisen Pfeifen der Zufriedenheit belohnt. „Ich wünschte, ich könnte mehr Vogelsprache. Thorgil ist ein Naturtalent, aber ich muss hart daran arbeiten. Aber immerhin habe ich auch schon gelernt, mit Riesenspinnen zu sprechen, und schwieriger kann die Vogelsprache auch nicht sein.“ Er sprach immer weiter, obwohl er keine Ahnung hatte, ob Seefahrer ein einziges Wort davon verstand. Aber der Barde hatte gesagt, dass Tiere mehr auf den Tonfall achteten als auf die Sprache. Seefahrer schien zumindest an seiner Stimme interessiert zu sein.

„Halt bloß dieses Ungeheuer von mir fern“, sagte Nemesis, als die beiden ins Haus zurückkamen.

„Nun, nun, du kannst ihm ruhig einen von deinen Zehen gönnen“, sagte der Bugaboo. „Es ist schließlich nicht so, als würde er nicht nachwachsen.“

Jack brachte Seefahrer in seine Ecke und setzte sich zu den anderen ans Feuer. Der Barde hatte schon von ihrem Zusammentreffen mit dem Draugr berichtet, die gruseligeren Teile aber ausgelassen, weil Hazel zuhörte.

„Wir sind auf unseren Reisen einem oder zwei Draugr begegnet“, berichtete Nemesis. „Jenny Grünzahn zum Beispiel. Also das ist jemand, den ihr bestimmt nicht am Fußende eures Bettes stehen haben wollt. Erinnerst du dich an die Nacht, die wir in der Halle der Geister verbracht haben?“

„Und ob!“ Die Erinnerung ließ die Augen des Bugaboo aus den Höhlen quellen. „Als sie auftauchte, waren wir so schnell weg, dass nicht einmal ein Hirsch mit uns hätte mithalten können – aber jetzt ist nicht die Zeit für alte Geschichten. Mein guter Drachenzunge, ist es nicht gefährlich, den Draugr fortzulocken? Erscheinungen wie dieser müsst Ihr stets ein paar Hüpfer voraus sein.“

„Natürlich ist es gefährlich“, sagte der Barde und stocherte mit der Spitze seines Stabs im Feuer herum. Jack hatte schon öfter beobachtet, dass dieser Stab nie brannte, obwohl der alte Mann ihn manchmal eine halbe Ewigkeit ins Feuer hielt. „Aber ich kann ihn nicht hierlassen, sonst wird er zum Dauergast wie Jenny in der Halle der Geister. Jenny ist schon vor so langer Zeit Unrecht getan worden, dass sie sich nicht mehr daran erinnern kann, was es war. Wenn man so etwas nicht rechtzeitig sühnt, verschwinden diese Geister nie mehr.“

„Aber Ihr könnt doch nicht für den Rest Eures Lebens einen Draugr auf den Fersen haben.“

„Nein“, sagte der Barde nachdenklich und stocherte weiter im Feuer herum. „Es hängt alles davon ab, was das Schicksal mit Pater Severus vorhat. Er ist eigentlich kein schlechter Mensch, nur ein unglaublich sturer, engstirniger Idiot. Er fühlt sich schuldig.“

„Das nützt uns herzlich wenig“, sagte Nemesis.

„Er wird seiner Strafe nicht entkommen, es wird wahrscheinlich irgendeine Form der Buße sein. Ich bezweifle allerdings, dass der Draugr sich mit weniger als seinem Tod zufriedengibt.“

„Was passiert, wenn er nicht zufrieden ist?“, fragte Nemesis.

Die Augen des Barden richteten sich in die Ferne und sahen durch die Wand auf etwas, das Jack nur ahnen konnte. „Dann … nehme ich an … müssen wir eine andere Lösung finden.“

Seefahrer hatte die ganze Zeit ein Selbstgespräch geführt. Jack hatte schon gemerkt, dass der Albatros gern an Unterhaltungen teilnahm. Wahrscheinlich erinnerten sie ihn an die Geräusche, die sein Schwarm machte, wenn die Vögel irgendwo brüteten. Seefahrer klickte, pfiff, klapperte mit dem Schnabel und stöhnte, als wollte er seine Meinung zu dem Problem kundtun. Hazel war immer unruhiger geworden. Der gefährliche Vogel zog sie magisch an, und sie mussten alle aufpassen, dass sie nicht versuchte, ihm Federn auszureißen.

Jetzt rutschte sie von Blewits Schoß und steuerte Seefahrers Ecke an. Blewit erwischte sie gerade noch rechtzeitig. „Lass uns zum Strand gehen, Liebes, und mal sehen, ob dein alter Dad ein paar Fische fangen kann“, flüsterte er ihr zu. Sie nickte glücklich und wackelte genauso mit ihren Knubbelzehen, wie er es mit seinen langen machte. Jack war schließlich erleichtert, als die beiden fort waren.

„Es tut mir leid zu unterbrechen, Herr“, sagte er, um Blewits Abwesenheit auszunutzen. „Ich wollte fragen, ob Hazel ab jetzt hierbleibt.“

„Nein!“, schrie Nemesis, bevor der Barde etwas dazu sagen konnte.

„Er hat recht. Es würde die Blewits umbringen, sie hergeben zu müssen“, bestätigte der Bugaboo. „Und Hazel von ihnen wegzureißen, würde auch ihr schreckliches Leid zufügen.“

Jack ließ den Kopf hängen. Er wusste nicht, was er sagen sollte.

„Ich weiß, dass wir für das Problem verantwortlich sind“, sagte der Hobgoblinkönig. „Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um es zu lösen. Wir werden jeden Sommer zu Besuch kommen und Hazel die Möglichkeit geben, ihre Menschenfamilie kennenzulernen.“

„Warum bleibt Ihr nicht die ganze Zeit hier?“, fragte Jack.

Der Bugaboo und Nemesis tauschten einen Blick. Sie schienen diese Frage nur ungern zu beantworten.

„Weil die Dorfbewohner sie für Dämonen halten würden“, sagte der Barde. „Was natürlich Unsinn ist – niemand hat ein reineres Herz als ein Hobgoblin –, aber alte Gewohnheiten sterben nur langsam aus. Wir dürfen nicht einmal durchsickern lassen, dass Hazel von ihnen aufgezogen wurde. Und es wird ihr auch so schon schwer genug fallen, sich einzufügen.“

„Außerdem ist da noch – du weißt schon was“, fügte der Bugaboo zögernd hinzu.

„Was?“, fragte Jack.

„Schlammsucht.“ Der Hobgoblinkönig flüsterte es, als wäre es ein peinliches Geheimnis.

Jack sah den Barden fragend an.

„Menschen oder Schlamm-Menschen, wie sie sie nennen, üben eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Hobgoblins aus“, erklärte der alte Mann. „Schon als sie uns das erste Mal gesehen haben, waren sie unsterblich in uns verliebt. Du hast gesehen, wie sie unsere Häuser und unsere Kleider nachahmen. Das Problem ist, dass sie nicht mehr nach Hause wollen, wenn sie zu lange bei unsereinem waren. Es wird zu einer Art Sucht, so, wie das Verlangen der Nordmänner nach starken Getränken.“

„Viele Häuser von Christenmenschen haben ihren Haus-Hobgoblin“, berichtete der Bugaboo traurig. „Er wacht zuverlässig über die Familie und erledigt heimlich kleinere Arbeiten wie das Ausräumen der Feuerstelle oder das Schaukeln der Wiege, wenn ein Baby im Haus ist. Allmählich siecht er dann vor lauter Einsamkeit dahin. Er wird nie anerkannt, obwohl er sein Leben für seine Familie geben würde. Und wenn man ihn entdeckt, wird er mit Steinen beworfen.“

„Also das ist mit Schlammsucht gemeint“, murmelte Jack.

„Bitte! Wir benutzen dieses Wort nicht in höflicher Gesellschaft“, knurrte Nemesis.

„Und jetzt ist es Zeit für mich, das Kind seinen wahren Eltern vorzustellen“, sagte der Barde. Er stand auf und wischte sich ein paar Ascheflocken von der Robe. „Jack und Thorgil werden mich begleiten. Ihr Hobgoblins könnt gern hier warten.“

„Blewit wird seinen Schatz niemals aus den Augen lassen“, sagte der Bugaboo. „Er wird darauf bestehen, Euch zu folgen, und wir müssen ihn natürlich dabei unterstützen. Aber sorgt Euch nicht. Wenn wir nicht gesehen werden wollen, sieht uns auch niemand.“

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