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Unser Gehirn liebt Abkürzungen.

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Hinzu kommt: Unser Gehirn liebt Automatismen. Wir genießen es, wenn wir Dinge im Schlaf beherrschen: Auto fahren, unser Lieblingsessen kochen, per WhatsApp schnell ein paar Fotos verschicken. Schnelle Urteile sind ebenfalls willkommene Abkürzungen: Etwas passiert, wir öffnen eine bekannte Schublade im Gehirn, und schwupps! – ist alles klar und unsere Welt in beruhigender Weise geordnet: Eine Hochzeit gehört gefeiert, mit Tanz, Familie und allem Drum und Dran. Herr XY kann sich nicht organisieren. Und »Die Ärzte« wären besser zu Onkel Werner in die Werkstatt gegangen, statt sich die Haare bunt zu färben und laute Musik zu machen. Meist ist uns gar nicht bewusst, woher unsere Urteile kommen und wie rasch wir andere be- und verurteilen. Allerdings reagieren wir empfindlich, wenn uns dasselbe passiert. Das deutet darauf hin, dass die menschliche Persönlichkeit ziemlich komplex und mitunter rätselhaft ist. Im zweiten Teil des Buches gehe ich noch genauer darauf ein.

Neben unserer persönlichen Weltsicht-Brille und fertigen Wertungsschubladen spielt auch die chronische Faulheit des Gehirns eine Rolle. Es ist ein wirkliches Energiesparwunder! Treffen wir auf Menschen, ist es beispielsweise völlig normal, dass uns die Personen, die uns ähnlich sind, oftmals spontan sympathisch sind. Unser Gehirn hat es einfach leichter mit ihnen (es muss weniger analysieren), im Idealfall verstehen wir uns »blind«. Tickt dagegen jemand anders als wir selbst, wird es mühsamer. Das Gehirn muss sich mehr anstrengen, um das Gegenüber einzuordnen und zu verstehen. Während jede Schnittmenge (gleiche Hobbys, ähnliche Wortwahl, vertraute Werte und Verhaltensmuster) sich gut anfühlt, wird eine Differenz kritisch beäugt. Dann schießen uns Gedanken durch den Kopf wie »Der spricht aber komisch!«, »Seltsam, dass die sich so für Autos und Fußball interessiert. So sieht sie gar nicht aus«, »Wie kann man nur in einer Fleischfabrik arbeiten!«. Von solchen Irritationen zu (negativen) Bewertungen ist es nur ein winziger Schritt. Schauen Sie sich auf der nächsten Party um: Dort reden überwiegend diejenigen, die sich schon lange kennen, über die Dinge, über die sie auch auf der letzten Party schon geredet haben. Statt sich über neue Leute und neue Anregungen zu freuen, lockt uns unser Gehirn zu alten Bekannten, mit denen wir einen entspannten (wenn auch manchmal etwas langweiligen, weil ziemlich vorhersehbaren) Abend gegenseitiger Bestätigung verbringen können. Ausnahmen bestätigen auch hier natürlich die Regel.

Warum es Bullshit ist, andere ändern zu wollen

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