Читать книгу For that Moment - Nena Muck - Страница 8

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Kapitel 2

Der restliche Tag verläuft deutlich besser, als er angefangen hat.

Ich beschließe kurzerhand noch zum Friseur zu gehen, um mir die Haare etwas abstufen und nachschneiden zu lassen.

Was bestimmt nichts damit zutun hat, dass der Typ vorhin praktisch durch mich durchgesehen hat.

Als ich die Tür zu unserer Wohnung öffne, wartet Daniel bereits auf der Couch. Sein aschblondes Haar fällt ihm in seine glasklaren blauen Augen und er schwenkt es mit einer Kopfbewegung zur Seite.

»Ich habe uns was vom Chinesen mitgebracht!«

Ich deute auf die Tüte in meiner Hand und er lächelt mir dankbar zu, während er auf mich zukommt.

Ich weiß, dass er chinesisches Essen mag, und er weiß, dass meine Kochkünste eher begrenzt sind.

Wir unterhalten uns noch eine Weile über ganz alltägliche Dinge und seine Arbeit. Er ist Bürokaufmann, was für ihn aber nur ein Job ist.

In der Freizeit ist er ein engagierter Sportler und am Wochenende die meiste Zeit auf irgendwelchen Partys unterwegs.

Ich persönlich habe, abgesehen von der Tatsache, dass ich gegen einen arroganten Typen gerannt bin, nicht viel zu erzählen.

Was wirklich ziemlich traurig ist, aber sich nach dem heutigen Abend vielleicht ändert.

Es ist 17: 00 Uhr, als er sich verabschiedet, um zum Fußballtraining zu fahren, und ich das Top, das ich mir heute gekauft habe, auf das Bett lege und begutachte. Es hat einen ziemlich großen Ausschnitt, aber ich werde sowieso eine Strickjacke drüberziehen.

Passend dazu suche ich mir eine Skinnyjeans und Ballerinas raus.

Die neue Frisur gefällt mir, aber ich finde, für heute ist es zu viel des Guten und so binde ich sie mir zu einem einfachen Zopf zusammen.

Ich verdecke meine Augenringe mit etwas Concealer und verpasse meinen Wimpern den letzten Schliff.

Der letzte Blick in den Spiegel fällt dennoch mager aus.

Das Ziel, wieder wie die Emmi von früher auszusehen, hab ich wirklich verfehlt. Die Strickjacke, die ich trage, ist nach der Zeit ziemlich ausgeleiert und hängt wie ein Sack an mir runter. Sie geht mir weit über den Po und von dem Oberteil sieht man überhaupt nichts mehr.

Meine Frisur wirkt, als müsste ich sie zusammenbinden, weil ich schwere Maschinen bediene, und auch der Abdeckstift erzielt nicht die gewünschte Wirkung. Alles in allem ist es ein kompletter Reinfall.

Wenn ich so irgendwo klingeln würde, würden sie mich wahrscheinlich für einen Zeugen Jehovas halten.

Aber was soil’s, es war der erste Versuch seit langem und es ist immerhin nur ein Treffen mit einer alten Freundin.

Ich zucke mit den Schultern und gehe zur Tür hinaus.

Als ich nach draußen komme, erfasst mich eine laue Sommerbrise.

Ich liebe diesen Sommerduft, es riecht nach frischen Blumen und die warme Luft weht durch die losen Haarsträhnen, die aus meinem Zopf fallen. Ich halte einen Moment inne und schließe die Augen, während ich versuche, mir diesen Duft und das damit verbundene Gefühl zu bewahren. Dann öffne ich die Augen und sehe die Sonne, die tief über dem reifen Feld hinter unserem Haus steht.

Am Rand des Felds stehen ein paar vereinzelte Mohnblumen und darüber tummelt sich eine ganze Schar Schmetterlinge.

Es sind diese winzigen Momente. Einer dieser einzigartigen und vollkommenen Augenblicke, einmal blinzeln und man hat ihn verpasst.

Ich steige in mein Auto, starte den Motor und fahre in den wunderschönen Spätsommerabend.

Doch je näher ich der Stadt komme, desto fester zieht sich der Knoten in meinem Magen zusammen.

Wieso bin ich so nervös?

Ich treffe mich schließlich nur mit Hailee, die ich zugegebenermaßen schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe.

Sie hat keine Ahnung von den jüngsten Ereignissen, weshalb sie mit mir ganz genauso umgehen wird wie früher, und genau darauf freue ich mich! Ich brauche einfach ein kleines Stück Normalität.

Einen Ort abseits von alldem, was mich verändert hat und weit weg von den Menschen, die mich seitdem nie wieder so angesehen haben wie früher. Deswegen habe ich auch nicht vor, es Hailee zu sagen.

Genau genommen ist es auch gar keine Lüge, ich erzähle ihr nur nicht ALLES!

The Avery prangt in großen, gebogenen, orangefarbenen Neonbuchstaben über der Bar, in die Hailee mich bestellt hat.

Es ist schon verrückt, dass sie mehr über die Bars und Clubs hier weiß als ich, obwohl sie erst seit kurzem hier wohnt.

Die Straße, in der sich die Bar befindet, ist schmal, obwohl das Wort Partymeile es vermutlich besser trifft. Sie ist von großen, fast identisch aussehenden Häusern umsäumt und jedes von ihnen ziert ein größeres und noch schrilleres Neonschild.

Die Suche nach einem Parkplatz ist ein Albtraum und ein gemütlicher Abend, allein mit einem Buch, kommt mir immer verlockender vor.

Als ich aussteige und auf die Bar zugehe, laufe ich an jeder Menge Typen vorbei, von denen die meisten bereits ange-, wenn nicht sogar betrunken sind.

Eine Gruppe von aufgedonnerten Weibern geht an mir vorbei, während die eine der anderen etwas ins Ohr flüstert und dann alle anfangen zu kichern.

Okay das hier ist eindeutig noch eine Nummer zu groß für mich.

»Da bist du ja!«

Eine schrille, aufgekratzte Stimme schallt aus der Menschenmenge und nach einem kurzen Augenblick entdecke ich Hailee.

»Hey!«

Ich laufe auf sie zu und nehme sie in den Arm.

»Ich freu mich so, dich zu sehen!«

Und das meine ich vollkommen ernst.

Als ich mich wieder von ihr löse und sie ansehe, fällt mir auf, dass sie sich kaum verändert hat. Sie ist groß, schlank und ihren roten Haaren hat sie mittlerweile einen Kurzhaarschnitt verpasst.

Gott, in ihrer Gegenwart fühlt man sich automatisch unsicher, weil sie ein Selbstbewusstsein besitzt, das für zehn Frauen reichen würde.

Nicht zu fassen, dass ich ihr mal so ähnlich war.

»Du siehst toll aus!«, gebe ich zu.

»Und du siehst …«, sie stockt und beäugt mich skeptisch.

»Anders aus! Aber gut!«

Dann lacht sie, vermutlich um ihren ungläubigen Blick und die offensichtliche Lüge zu kaschieren.

»Komm!« Sie nickt in Richtung Bar. »Die anderen sind drin!«

Die anderen? Oh Gott!

Ich bleibe wie angewurzelt stehen und sehe sie unsicher an, als sie sich umdreht, sagt sie verwirrt:

»Ich hab ein paar Leute von der Uni getroffen!«

Sie schultert sich, neigt dann aber den Kopf nach links und rechts.

»Obwohl getroffen wahrscheinlich gelogen wäre, denn wir sind fast jedes Wochenende hier.«

Sie grinst verlegen und ich würde am liebsten schreiend aus dieser Bar rausrennen.

Doch der Blick, den sie mir jetzt zuwirft, versetzt mir einen Stich.

Er ähnelt einfach dem Blick, den mir die Leute seit einiger Zeit zuwerfen, zu sehr. Also zupfe ich meine Strickjacke zurecht, nicke wahrscheinlich viel mehr zu mir selbst und folge ihr.

Sie zerrt mich durch die Bar, bis wir bei einem großen, runden Tisch in der Ecke angekommen sind.

Okay, das sind definitiv nicht nur ein paar Freunde, genauer gesagt zähle ich sechs. Vier Typen und zwei aufgetakelte Tussen.

»Hey«, brüllt Hailee und alle blicken zu uns. Ganz toll!

Ich spüre förmlich, wie die Hitze in meinen Wangen aufsteigt.

»Das ist Emmi! Sie war… Quatsch ist … eine sehr gute Freundin von mir!«

Ich winke unbeholfen in die Runde und einer nach dem anderen nickt und lächelt mir zu. Sie scheinen alle wirklich sehr freundlich zu sein und die Anspannung fällt von mir ab.

Zumindest alle bis auf einen. Der hält es nicht mal für nötig, den Blick von seinem Handy …ach du Scheiße!

Das ist der heiße Typ von heute Morgen. Der unfreundliche Typ.

Na ja, wenigstens bleibt er sich treu.

»Setz dich doch!«, weist ein Typ mich an, während er ein Stück nach rechts rutscht, um mir Platz zu machen. Ich folge seiner Anweisung und Hailee setzt sich neben mich.

»Was möchtest du denn trinken?«, fragt er, als die Bedienung auf uns zukommt.

»Ich nehme ein Wasser!«

Ich habe es noch nicht einmal ausgesprochen, als Hailee den Longdrink, von dem sie gerade genippt hat, quer über den Tisch spuckt.

Was den selbstverliebten Typen zum ersten Mal aufblicken lässt.

Aber seine Miene ist ausdruckslos, als würde ihn das alles hier furchtbar langweilen!

»Ich muss fahren!«, verteidige ich mich schulterzuckend.

Es ist nicht ganz die Wahrheit, aber auch nicht gelogen.

»Scheiße! Stimmt! Okay! Du schläfst bei mir! Problem gelöst! Tadaaa!« Das kann sie wirklich gut.

»Nichts davon war eine Frage!«, necke ich sie.

»Du weißt, dass ich sowieso kein nein akzeptiere, also bitte, mach es nicht schwieriger, als es sein muss!«

Sie wirft mir einen Blick zu, der keine Widerrede zulassen würde, als die Bedienung sich genervt räuspert.

»Sie nimmt einen Wodka-Red Bull!«, sagt Hailee siegessicher, während die Bedienung die Bestellung notiert und sich, ohne uns eines weiteren Blicks zu würdigen, abwendet.

»Ich bin übrigens Alex!«, der Mann, der rechts von mir sitzt, streckt mir die Hand entgegen. »Ich hätte ja gewartet, bis Hailee uns vorstellt, aber dazu wird es wohl nicht kommen!«

Er zieht eine Grimasse in ihre Richtung, die sie angemessen quittiert.

»Hi«, ich schüttle geistesabwesend seine Hand, als ich mich nach der Bedienung umsehe, denn ich habe wirklich nicht vor, etwas zu trinken.

»Ich muss nur mal kurz telefonieren!«, flüstere ich Hailee zu, bevor sie nickt und aufsteht, um mich rauszulassen.

Die Bar hat mehr Klasse, als ich dachte. Bar und Pfosten sind aus massivem Holz, was zusammen mit den modernen Stühlen und Lampen eine wirklich gute Kombination abgibt. Die indirekte Beleuchtung ist warm und sorgt für eine schöne Atmosphäre.

Nach ein paar Sekunden entdecke ich die Bedienung an der Bar.

»Entschuldigung!«

Anscheinend ist meine Stimme zu leise oder aber sie ignoriert mich.

Also tippe ich ihr auf die Schulter.

Als sie sich rumdreht, rollt sie genervt mit den Augen.

»Kann ich dir helfen?« Geht’s noch unhöflicher?

»Ich möchte meine Bestellung ändern!«

Sie schnaubt abschätzig.

»Was du nicht sagst!«

Okay, für jemanden, der auf sein Trinkgeld angewiesen ist, ist sie nicht besonders freundlich.

»Ja, könnten Sie den Wodka weglassen?!«

Mein Tonfall klingt nun auch schärfer und ihre Miene strotzt vor Verachtung, als sie sich nickend wieder wegdreht. Was ist ihr Problem?!

Genervt drehe ich mich um und renne Bäm schon wieder irgendwo davor. Was ist nur los mit mir?

»Diese Art der Begegnung sollte aufhören!«

Seine tiefe, raue Stimme läuft mir eiskalt den Rücken runter.

Das darf nicht wahr sein!

Ich schaue nach oben und unter langen, dichten, schwarzen Wimpern fixieren mich diese seltenen, geheimnisvollen Augen.

Er ist ein Arsch, ruft mir meine innere Stimme ins Gedächtnis und ich sammle mich.

»Wenn du ständig mitten im Weg stehst, wie ne Salzsäule! Gib doch nen Ton von dir!«, fauche ich ihn an und kurzzeitig huscht Überraschung über sein Gesicht, doch er fängt sich schnell wieder und schnaubt verächtlich.

»Bild dir bloß nicht ein, ich würde es drauf anlegen!«

Gott ist der selbstgefällig!

Ich schüttle nur den Kopf, als ich an ihm vorbeigehe. Das brauche ich nun wirklich nicht, doch er hält mich fest.

Echt jetzt?

Sein Blick wandert einmal an mir runter und wieder rauf, während er abfällig die Augenbrauen zusammenzieht.

»Sieht aus, als hättest du das übergroße Zirkuszelt von heute Morgen gegen eine geschmacklose Nonnenkutte getauscht.«

Er lacht bissig.

»Wirklich gewagt, Maria!«

Jedes seiner Worte trieft vor Sarkasmus und sein Gesichtsausdruck, als er Maria sagt, ist grausam.

»Ich heiße Emmi!«, sage ich leider etwas zu eingeschüchtert und verwirrt! Warum nennt er mich Maria?

Doch er lacht nur herablassend, als er sich abwendet und geht.

Was für ein Vollidiot!!

Ich schicke Daniel eine Nachricht, dass ich bei Hailee übernachte und überlege kurzzeitig, ob es nicht vielleicht besser wäre, einfach aus dem Badezimmerfenster zu klettern, gehe dann aber doch zurück.

Als die Bedienung mit unseren Getränken an den Tisch kommt und mir mein Glas vor die Nase stellt, trifft mich über den Rand hinweg sein Blick. Er sieht erst zu mir und dann auf mein Glas.

Oh Gott, hat er es gehört?

Nervös fange ich an, auf meinem Platz hin- und herzurutschen, was ihn zu amüsieren scheint, denn ein herausforderndes Lächeln umspielt seine perfekten Lippen.

Perfekt? Wirklich?

»Also«, die Stimme von Alex reißt mich aus meiner Schockstarre.

»Was machen wir heute noch?!«

Was?

»Ich dachte, wir bleiben hier?«, frage ich, bevor ich es verhindern kann.

»Was denn?! Dachtest du, wir gründen hier einen Bibelkreis?«, höhnt er, bevor er lacht.

»Halts Maul, Vince!«, raunzt Hailee ihn an.

Ich lächle ihr dankbar zu, während er mit einem gehässigen Lachen die Hände hebt.

Soso, das Böse hat einen Namen.

For that Moment

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