Читать книгу For that Moment - Nena Muck - Страница 9

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Kapitel 3

»Komm doch mit?!«, quengelt Hailee, während sie mit mir die Bar verlässt.

»Nein! Tut mir leid, aber mir ist nicht nach tanzen und dieser Vince«, ich deute auf die Bar, von der die anderen mittlerweile weitergezogen sind, »ist eine Ausgeburt der Hölle, wenn du mich fragst!«

Mein Tonfall ist spöttisch, aber eigentlich meine ich es vollkommen ernst.

»Na und?!«

Sie schaut mich völlig entgeistert an.

»Da stehst du doch drüber oder nicht?!«

Ich atme hörbar aus.

»Er nennt mich Maria?!«

Sie prustet los, hält sich dann aber solidarisch die Hand vor den Mund. Unfähig mir selbst das Lachen zu verkneifen, frage ich:

»Was soll das überhaupt bedeuten?«

»Na ja!« Sie deutet auf mich. »Ich schätze, er will damit sagen, dass du aussiehst wie die Jungfrau Maria!«

Ihre Mundwinkel zucken.

»Was?!«

Ich starre sie mit aufgerissenen Augen an, während sie wieder anfängt zu lachen.

»Tjaa! Vielleicht solltest du mitkommen und ihm beweisen, dass er sich irrt!«

»Mir doch egal, was dieser Vollidiot über mich denkt!«

Ich versuche, gleichgültig zu klingen.

»Sehr gut!«, strahlt sie. »Dann gibt es ja auch keinen Grund, warum du nicht mitkommen solltest!« Sie ist wirklich gut!

»Ich weiß nicht!«, sage ich erschöpft.

»Bitte zwing mich nicht, zu betteln?! Der Boden ist dreckig und mein Kleid ist kurz.«

Ihr Blick ist flehend.

»Was soil’s!«, ergebe ich mich genervt, während sie anfängt, freudig auf- und abzuspringen, bevor sie mir ihren Arm anbietet und ich mich bei ihr unterhake.

Am Eingang des Clubs, der den schönen Namen Dusk trägt, bezahlen wir acht Dollar Eintritt und bekommen dafür einen hässlichen Stempel auf die Hand gedrückt.

Ich bin gerade auf dem Weg zur Garderobe, als Hailee mich an meinem Arm in die andere Richtung zieht.

»Was soll denn das??!«, fauche ich sie an.

»Ich komme auch freiwillig mit, weißt du?!«

Sie streckt mir die Zunge raus. »Aber so geht es schneller!«

Sie zieht mich durch die Tür zur Toilette, bevor sie vor dem Spiegel tief durchatmet und mich prüfend ansieht.

»Runter damit!«

Sie deutet auf meine Strickjacke.

Ich wäge eine Minute die Vor- und Nachteile ab, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diesen Kampf sowieso nicht gewinnen würde.

Außerdem ist es heiß hier drin, also ziehe ich sie widerstandslos aus.

Als sie mein Top sieht, leuchten ihre Augen auf.

»Na wer sagt’s denn? Wieso zum Teufel versteckst du so ein geiles Teil unter so nem Rattenfell?!« Autsch!

»Ganz zu schweigen vom Inhalt!«

Ohne zu zögern grapscht sie mir an die Möpse, bevor sie mich einmal im Kreis dreht und auf den Hintern haut.

»Und der kommt in dieser Jeans auch sehr gut!«, zwinkert sie mir zu, bevor sie mir den Haargummi aus den Haaren zieht und sie durchschüttelt.

Ich habe aufgehört, mich zu wehren, als sie mir innerhalb von Sekunden einen perfekten Lidstrich, etwas Rouge und einen wirklich schönen Lippenstift verpasst.

Nachdem sie fertig ist, wende ich mich dem Spiegel zu und mich durchfährt ein warmes Gefühl.

Ich begrüße stumm die Frau im Spiegel, denn wir haben uns lange nicht mehr gesehen.

Unsere Sachen geben wir an der Garderobe ab, folgen der Musik und betreten den Tanzbereich. Es fühlt sich gut an, als wir in die Dunkelheit treten und alles auf eine seltsame Art und Weise vertraut wirkt.

Es ist ein schönes Gefühl, Teil von etwas so Sorglosem und Unbekümmertem zu sein.

Ich lasse meinen Blick schweifen, die Musik ist laut und die meisten Menschen tanzen zu irgendwelchen Sets von angesagten DJs, die ich nicht mehr kenne.

Aus den Ecken leuchten jede Menge Strahler die unterschiedlichsten Farben auf die Tanzfläche und ab und zu flackern ein paar Lasereffekte durch den Raum.

In regelmäßigen Abständen taucht ein Neonschriftzug auf, der auf die verschiedenen Bildschirme an den Wänden projiziert wird.

Links von uns befindet sich eine meterlange Bar, die hinter den Menschen, die den Bedienungen ihre Bestellung ins Gesicht schreien, verschwindet. Zwischen all diesen Menschen treffen meine Augen ausgerechnet seine.

Ich halte seinem Blick stand, bevor ihn einer seiner Freunde, ich glaube er hieß Elias, an der Schulter zu sich herumzieht.

Sie stehen zusammen mit Alex und der andere Freund heißt, denke ich, Rob. Sie halten es nicht für zwingend notwendig, sich mir vorzustellen, deshalb schnappe ich ihre Namen nur aus den Gesprächen auf.

Die zwei Mädels stehen auch bei ihnen, eine davon hängt an den Lippen von Vince und berührt ihn unaufhörlich.

Sie hat blondes, kurzes Haar, ist extrem stark geschminkt und wenn man mich fragt, trägt sie ein viel zu kurzes Kleid.

Ich versuche, das Gefühl abzuschütteln, was sich, wenn ich es nicht besser wüsste, anfühlt wie Eifersucht und das ist verrückt.

Ich kenne ihn überhaupt nicht und ausstehen kann ich ihn schon gar nicht – auch wenn ich nicht abstreiten kann, dass er wirklich gut aussieht. Er trägt wieder eines von diesen körperbetonten Shirts und dazu eine Röhrenjeans. Sein Haar hat er vorn gescheitelt, es ist mittellang und schwarz und an der Vorderseite etwas länger, weswegen sie ihm ein wenig in die Stirn fallen.

Plötzlich gibt mir Hailee einen Stoß in die Rippen und sieht mich mit einem wissenden Lächeln an.

»Es wäre einfacher, ihn zu hassen, wenn er nicht so heiß wäre, stimmt’s!«

»So heiß ist er auch wieder nicht!«, lüge ich, als ich mich nach einem geeigneten Platz für uns umsehe. An den Seitenbereichen des Clubs stehen vereinzelte Tische, doch die sind alle belegt.

»Natürlich nicht!«, spottet sie.

»Dann hat dich das viel zu kurze Kleid von Marlen so fasziniert?«

Sie sieht mich herausfordernd an.

Die Tussi heißt also Marlen.

»Vielleicht!«, sage ich witzelnd und sie lacht.

»Woher kennst du ihn eigentlich?«, frage ich, obwohl ich weiß, dass es mich nicht interessieren sollte.

»Von der Uni!«

Sie zuckt mit den Schultern.

»Sehr gut, geht’s noch ein bisschen ungenauer?«, ziehe ich sie auf, denn ich weiß, dass sie mich nur reizen will.

»Er studiert BWL, genau wie Alex, Rob und ich!«

»Und ihr versteht euch?«, frage ich ungläubig und sie atmet tief ein.

»Ja. Na ja! Es geht! Am Anfang hat er mich auch fasziniert, ich meine …«, sie winkt mit großen Augen in seine Richtung, »klar hat er das! Aber er ist. Na ja. Er ist Vincent King! Er sieht gut aus und das weiß er auch!« Sie verdreht die Augen und zieht eine Grimasse.

»Sieh dir zum Beispiel Marlen an.« Sie nickt zu ihr. »Sie ist eine von seinen Groupies und davon gibt es wirklich mehr als genug. Sie sind immer in seiner Nähe und er nimmt sie abwechselnd mit nach Haus. Als ich mitbekommen hab, wie das läuft, war ich raus!«

Sie zieht die Augenbrauen zusammen.

»Ich wollte nicht, dass sich das reimt!«, prustet sie los und ich falle mit ein.

»Was ist mit Alex?«

Mein Tonfall ist provokant, denn ich habe die Blicke durchaus bemerkt. Sie greift sich verlegen in den Nacken und versucht abzulenken. »Ist dir klar, dass wir immer noch im Eingang stehen?«

Oh nein, dieses Thema ist noch nicht beendet!

Sie zieht mich wieder an meinem Arm und ich lasse es einfach geschehen, als ich jedoch bemerke, in welche Richtung sie geht, überlege ich kurz, sie zurückzuhalten. Aber dann wird mir bewusst, dass ich mich unfair verhalte, es sind ihre Freunde und warum hab ich mich überhaupt so?!

Während wir an der Bar ankommen, wenden sie sich gerade zum Gehen. Er hat den Arm um die Taille dieser Marlen geschlungen und als er sich umdreht, trifft mich sein Blick wie ein Blitz, doch ich halte ihm stand. Auch wenn ich das Gefühl habe, dass er sich direkt durch mich hindurchbohrt.

Ich bin mir sicher, dass er es gewohnt ist, dass die Leute seinem stechenden Blick ausweichen und er somit von Anfang an die Oberhand gewinnt. Die Sekunden, in denen er mit diesem frechen Grinsen im Gesicht an uns vorbeigeht, vergehen wie in Slow Motion. Auf jeden Fall empfinde ich es so! Warum zur Hölle finde ich ihn nur so faszinierend?

»Zwei Tequila!«, höre ich die Stimme von Hailee rufen. Auch das noch.

Wie komme ich da jetzt wieder raus? Ich möchte es ihr nicht sagen.

Zum ersten Mal seit so langer Zeit fühle ich mich richtig wohl.

Trotz dieses Vince! Dann heißt der auch noch King. Ironie des Schicksals!

Ich wäge die Pros und Kontras ab und komme letztlich zu einem Schluss – scheiß drauf.

Ich weiß, dass es unvernünftig ist, aber ich habe es so satt, in einem Glashaus zu sitzen und nichts anderes zu tun, als darauf zu warten, dass es einstürzt. Denn das wird es! So oder so!

Ich nehme die Zitrone, die auf dem Tequilaglas liegt, streiche sie mir über die Hand und vervollständige das Ritual, das so ein Tequila mit sich bringt. Es brennt und ich kann spüren, wie er die Speiseröhre entlang bis in meinen Magen läuft.

»Der erste tut immer weh!«, ruft Hailee und bestellt gleich noch zwei.

»Auf uns!«

Sie prostet mir zu und auch der zweite fühlt sich an wie Säure, aber das unbeschwerte Gefühl, das er nach einer Weile auslöst, ist wunderbar. Wir sitzen an der Theke und sie erzählt mir von ihrem Studium und dass der Stoff sehr trocken ist, aber man nach einem BWL-Studium so viele Möglichkeiten hat. Auch Alex kommt zur Sprache, als ihre Zunge lockerer wird. Sie steht auf ihn. Ich wusste es!

Sie bestellt noch zwei Wodka-Red Bull und ich weiß, dass ich das morgen definitiv bereuen werde. Aber morgen ist morgen und heute genieße ich einfach diese fabelhafte, kleine Rückblende in mein früheres Leben. Je mehr Zeit vergeht, desto lockerer werde ich, auch das ist ein Gefühl, was ich nur zu gut kenne und wahrscheinlich der Grund, warum die Leute überhaupt Alkohol trinken.

Die Sorgen scheinen von einem abzufallen und alles wirkt nur noch halb so schlimm. Ich bin so in dieses Gefühl und die Musik versunken, dass ich gar nicht merke, wie sich jemand neben Hailee stellt.

»Was genau soll das eigentlich werden, wenn es fertig ist?«, fragt eine sehr unhöfliche und mir bereits bekannte Stimme.

Vincent!

Er starrt Hailee an und ignoriert mich völlig.

Hinter ihm tauchen Alex und der Rest der Möchtegern-Boyband auf und ich muss schmunzeln.

»Was ist so lustig?«

Als ich aufblicke, sehe ich, dass er sich nun mir zuwendet.

»Gar nichts!«, lüge ich.

Die Jungs hinter ihm fangen an zu flüstern, anscheinend haben sie jetzt erst bemerkt, dass ich mitgekommen bin. Dann höre ich Elias zu Rob sagen:

»Mann, sieh dir mal die Titten von der Nonne an!«

Wow, wirklich sehr geschmackvoll, doch ich tu so, als hätte ich es nicht gehört. Auch wenn das gehässige Lachen von ihnen und von Alex und Vince nicht zu übersehen ist.

»Wollt ihr was Bestimmtes?«, fragt Hailee genervt.

»Wir wollen nur wissen, warum du dich plötzlich für was Besseres hältst?«, knurrt Vince.

»Was?«

Hailee sieht ihn verwirrt an und er beißt die Zähne aufeinander.

»Warum zum Teufel kommst du nicht zu uns? Nur weil das kleine Zimperlieschen hier«, er nickt zu mir, »keinen Spaß versteht, oder was?« Jetzt reicht’s!

»Ich verstehe sehr viel Spaß, ich mag nur keine Proleten, die sich nur auf Kosten anderer amüsieren, um so ihre eigene Unsicherheit zu kaschieren!«

Das traf ihn ziemlich unvorbereitet, doch es hält nicht lange an.

Sein Blick fällt auf die leeren Tequilagläser und er tritt, mit einem Schritt, bis zu einen halben Meter an mich heran. Sein Gesicht ist so nah, dass ich die Wärme spüre, die von ihm ausgeht und mein ganzer Körper versteift sich.

Er greift um mich herum nach einem der Gläser und hält damit eine gefühlte Ewigkeit, kurz vor meinem Gesicht, inne.

»Sieh an, man hat sich das mit der Abstinenz wohl doch noch einmal durch den Kopf gehen lassen?!«

Ich sehe ihn herausfordernd an.

»Ja! Zweimal, um ehrlich zu sein!«

»Und schon wird unsere Maria temperamentvoll!«

Sein Tonfall ist spöttisch. Ich würde ihn so gern treten, dahin, wo es wehtut.

»Hör auf, mich so zu nennen!«, schäume ich.

»Wie denn?«

Er macht sich über mich lustig und ich könnte mir selbst eine klatschen, weil ich darauf anspringe.

»Das weißt du ganz genau!«, sage ich knirschend und er schaut provokant an mir herab.

»Du hast recht. So wie es jetzt aussieht, sollte ich wohl noch Magdalena dranhängen.«

Sein Lachen trifft mich bis ins Mark und seine Boyband fällt mit ein.

Mich würde interessieren, ob sie wirklich so fasziniert von ihm sind oder einfach nur Angst haben, eines seiner Opfer zu werden.

»Mann, das muss echt Scheiße sein!« Mein Tonfall ist mindestens so anmaßend wie seiner, als ich mich an ihm vorbeidränge.

Doch wie erwartet versperrt er mir den Weg. »Was denn, Maria?«

»Nicht einen Menschen zu haben, dem man genug bedeutet, dass er einem sagt, wenn man sich wie ein selbstsüchtiges, arrogantes Arschloch benimmt!«

Er prustet los und wirft den Kopf in den Nacken. »Ooooohhh!«

Dann schnippt er spielerisch mit den Fingern. »Jetzt bin ich aber eingeschnappt!«

Doch ich trete, ohne eine Miene zu verziehen, langsam und provokant an ihn heran, genau wie er gerade. Als mein Mund fast an seinem Ohr ist, durchfährt mich ein Schauer und ein aquatischer Geruch mit einer holzigen Note erfasst mich.

Er riecht wie ein Urlaubstag am Meer. Reiß dich zusammen!

Er weicht keinen Schritt zurück, als ich sage:

»Nicht traurig sein, denn ich bin ganz sicher, dass tun sie. Nur eben nicht in dein hübsches Gesicht!«

Bei dem Wort hübsch erreicht mein Tonfall so einen Grad an Gehässigkeit, dass ich wirklich stolz darauf bin.

»Deshalb kannst du mir nur leidtun!«

Ich lehne mich kurz zurück, bevor ich hinzufüge: »Ach und noch was, ich weiß, dass dein arrogantes Auftreten nur Fassade ist!«

Dann sehe ich ihn an, doch zu meiner großen Überraschung wirkt er nicht amüsiert oder hochmütig. Er wirkt getroffen?

Dieser Gesichtsausdruck hält aber nur eine Sekunde an, bevor er herablassend schnaubt. Mein Stichwort.

Ich dränge mich schnell an ihm vorbei, bevor er überhaupt die Chance bekommt zu kontern. Hailee greift nach unseren Gläsern und folgt mir. Wie dämlich von mir davon auszugehen, etwas könnte ihn treffen und selbst wenn, wäre es mir egal oder besser noch ein Triumph.

Ich hasse ihn und er hasst mich.

Warum auch immer?!

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