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Оглавление16. Mai 1974
Brandt bereut Kanzler-Rücktritt nicht
Brandt gratuliert seinem Nachfolger Schmidt. Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt wird Finanzminister Helmut Schmidt neuer Bundeskanzler (picture alliance / dpa)
Hamburg (dpa) - Der SPD-Vorsitzende Willy Brandt bereut nicht, daß er 1974 nach Entlarvung seines Referenten Günter Guillaume als DDR-Agent sein Amt als Bundeskanzler niederlegte und blickt „nicht im Zorn zurück“. In einem in der neuen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ veröffentlichen Gespräch betonte Brandt, er habe nicht bereut und bereue auch heute nicht, daß er damals Parteivorsitzender blieb - „übrigens mit auf Drängen von Helmut Schmidt, aber auch, weil ich das ganz gerne weiter machen wollte“.
Auf die Frage, ob er niemals Zweifel gehabt habe, der Rücktritt könnte voreilig gewesen sein, erwiderte Brandt, wenn er sich die Situation nochmal klarmache, würde sie ergeben, „daß ich gejagt worden wäre, meines Lebens nicht mehr froh geworden wäre.“ Dazu komme die Frage, ob man selbst noch gut genug in Form war, um zusätzliche Belastungen durchzustehen. „Das wird von einigen meiner besten Freunde bezweifelt, von mir auch. Wie wäre man fertig geworden mit der Art von Kampagne, mit der man es zu tun gehabt hätte? Der Vorgeschmack war ja schon da. Wenn man die Gesamtumstände sieht, war es das einzige Vernünftige, sich zurückzuziehen.“
Brandt betonte, es könne nicht die Rede davon sein, „daß Helmut Schmidt mich weggeschubst hat.“ Er verneinte auch die Frage, ob er Anfälle von Amtsmüdigkeit hatte. „Amtsmüdigkeit nicht, aber Anflüge von Depressionen, ja“. Diese seien in erster Linie darin begründet gewesen, „daß ich schon 1973 sah, die Entspannungspolitik werde nicht so laufen, wie sie 1970, 71, 72 angelegt worden war; sondern daß sie ganz rasch wieder umkippte durch Entwicklungen in Washington und Moskau.“
Zur Zukunft der SPD sagte Brandt: „Das Selbstbewußtsein der Leute ist ungebrochen.“ Der bevorstehende Parteitag werde ein „Parteitag des neuen Beginns sein, um von den Städten, Gemeinden und Ländern her neu aufzubauen für die Verantwortung im Bund. Ich stelle mich darauf ein, daß die Koalition, die wir jetzt haben, mit Ach und Krach hält bis 1987.“ Die Frage einer Großen Koalition stellt sich nach den Worten Brandts überhaupt nicht. „Ich hoffe, daß sich in den nächsten Jahren nicht eine Situation ergibt, wo sie sich stellen könnte.“ Die FDP sei kein Partner für die SPD. „Sie ist auch qua mangelnder Existenz kein Partner in den Ländern.“