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12. Dezember 1979

Helmut Schmidt: Der NATO-Doppelbeschluß ist nach wie vor richtig


Bundeswehrsoldaten demonstrieren trotz Verbots gegen den NATO-Doppelbeschluss. (picture alliance / dpa)

Hamburg (dpa) - Trotz erheblichen Widerstands auch in der eigenen Partei spricht sich Kanzler Schmidt im Dezember 1979 für den NATO-Doppelbeschluss zur „Nachrüstung“ mit neuen Atomraketen in Europa bei gleichzeitigem Abrüstungsangebot an Moskau aus. Die Aufstellung der „Pershing 2“ und Marschflugkörper beginnt 1983 unter Kanzler Helmut Kohl (CDU). Der NATO-Doppelbeschluss hatte heftige Proteste der Friedensbewegung vor allem in den Niederlanden und der Bundesrepublik ausgelöst und Schmidts sozial-liberale Koalition in beträchtliche Schwierigkeiten gebracht. Eine Mehrheit der SPD stellte sich gegen den von Schmidt befürworteten Doppelbeschluss.

Der ehemalige sozialdemokratische Bundeskanzler und Mitherausgeber des Hamburger Wochenblattes „Die Zeit“, Helmut Schmidt, hält den 1979 im Nordatlantikrat festgelegten NATO-Doppelbeschluß nach wie vor für richtig. Gleichzeitig räumt Schmidt in einem „Zeit“-Beitrag dem vom amerikanischen und sowjetischen Unterhändler bei den Genfer Verhandlungen zur Reduzierung der Mittelstreckenraketen ausgearbeiteten Kompromiß die größten Chancen ein, verwirklicht zu werden. Schmidt: „Ich bin überzeugt: Ein endgültiges Verhandlungsergebnis wird von diesem Kompromißvorschlag nicht sehr weit abweichen können.“

Der Ex-Kanzler betont in seinem Aufsatz vor allem seine Übereinstimmung mit dem letzten Satz des Doppelbeschlusses, der die Prüfung des Raketen-Bedarfs der NATO „im Licht konkreter Verhandlungsergebnisse“ vorsieht. Wer jedoch die im Notfall notwendig werdende Nachrüstung im Vorwege aufgäbe, „der würde schließlich gezwungen, den jetzt erreichten Rüstungsstand ... und die davon ausgehende politische Bedrohung hinzunehmen. Ich halte dies nicht für hinnehmbar.“ Dabei sollte bei einer Stationierung von Mittelstreckenraketen keinesfalls allein das Territorium der Bundesrepublik allein in Betracht gezogen werden, sondern ebenso das italienische, holländische und belgische.

Die bei einer Stationierung auftretenden erheblichen innenpolitischen Belastungen wären nach Ansicht Schmidts leichter zu ertragen, wenn die Amerikaner einerseits die Ernsthaftigkeit ihres Kompromißwillens so eindeutig dokumentierten, daß daran vernünftige Zweifel nicht bestehen bleiben. Zum anderen müßten die Amerikaner den Eindruck vermeiden, daß sie zwar zusätzliche Raketen auf fremdem europäischen Boden, nicht aber im eigenen Land aufzustellen bereit sind.

„Wenn die USA den Nitze/Kwitzinskij-Vorschlag ohne Rücksicht auf sowjetische Ablehnung akzeptiert hätten, so wären meine Zweifel behoben,“ schreibt der Politiker. Und: „Ich würde den Nitze/Kwitzinskij-Kompromiß ohne langes Zögern akzeptieren.“ Dieser Vorschlag liege im westeuropäischen und deutschen Interesse, führt Schmidt aus, da er die Zahl der SS-20 drastisch reduziert, die Zahl der euro-strategischen Waffen auf beiden Seiten etwa gleichwertig begrenzt, die Verteilung der neuen amerikanischen Waffen auf die westeuropäischen Territorien nicht prinzipiell beeinträchtigt und die Gefahr einer Isolierung Deutschlands vermeidet.

Der ehemalige Bundeskanzler hatte in einem Interview der amerikanischen Zeitungen „Washington Post“ und „Newsweek“ vor einiger Zeit Verwirrung gestiftet mit seiner Äußerung, er sei von dem ernsthaften Verhandlungswillen der amerikanischen Regierung in Genf nicht überzeugt. Seine Stellungnahmen waren ihm als einem der „Väter des NATO-Doppelbeschlusses“ von den Unionsparteien und der FDP als „opportunistisch“ und „peinlich“ vorgeworfen worden.

Helmut Schmidt

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