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18. Oktober 1977

Die Landshut-Entführung: Dramatischer Höhepunkt im „Deutschen Herbst“

Von Kristina Dunz


Die entführte Lufthansamaschine „Landshut“ auf dem Flughafen von Mogadischu. (picture alliance / dpa)

Berlin (dpa) - Als ihn die Nachricht von der geglückten Befreiung der Geiseln in Mogadischu erreicht, verlässt Bundeskanzler Helmut Schmidt sein Zimmer und kann Tränen nicht zurückhalten. So schildert der sozialdemokratische Altkanzler heute die Minuten kurz nach Mitternacht am 18. Oktober 1977. Es waren die Nerven zerreißenden Tage im „Deutschen Herbst“ des Terrors.

Der bis dahin unbekannten deutschen Spezialeinheit GSG 9 war ein Meisterstück gelungen. Sie erstürmte in nur sieben Minuten die Lufthansa-Maschine „Landshut“, die fünf Tage zuvor am 13. Oktober auf dem Weg von Palma de Mallorca nach Frankfurt von vier palästinensischen Terroristen gekapert worden war. Die Forderung der Entführer: Die Bundesregierung solle mehrere RAF-Terroristen, darunter die im Hochsicherheitstrakt der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim sitzenden Führungsmitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe, austauschen. Ansonsten würden alle Geiseln getötet. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer bereits seit mehr als fünf Wochen in der Gewalt der Roten Armee Fraktion (RAF).

Auf einer Odyssee über Italien, Zypern, die Golf-Emirate und den Südjemen bis nach Somalia litten die 86 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder Höllenqualen. Der Anführer des Terrorkommandos „Martyr Halimeh“ erschießt in Aden den Flugkapitän Jürgen Schumann.

Die Befreiung in Mogadischu gelang, ohne dass eine einzige Geisel oder ein GSG-9-Mann ums Leben kam. Schumann hatte vor seiner Hinrichtung verschlüsselte Hinweise auf die Entführer gegeben. So konnte die GSG 9 etwa davon ausgehen, dass es sich um vier Terroristen handelt. Bei der Erstürmung wurde ein Mitglied der Spezialeinheit am Hals verletzt, drei Entführer wurden erschossen.

Von ihnen überlebte schwer verletzt nur Souhaila Andrawes, die später nach der Verbüßung der Hälfte einer zwölfjährigen Haftstrafe in Norwegen auf Grund ihres schlechten physischen und psychischen Gesundheitszustands begnadigt worden war - zum Entsetzen mancher ihrer einstigen Geiseln.

Dass eine deutsche Antiterror-Truppe auf somalischem Boden überhaupt in Aktion treten durfte, war eine der großen Herausforderungen an die Bundesregierung und Staatsminister Hans- Jürgen Wischnewski (SPD) als Verhandlungsführer. Der wegen seines Gespürs für die arabische Welt genannte „Ben Wisch“ bot auch an, sich selbst gegen Frauen und Kinder in der Maschine austauschen zu lassen. Eines war aber klar: Niemals würden die RAF-Terroristen frei gelassen.

Einige Details wurden erst jetzt mit der ZDF-Dokumentation „Das Wunder von Mogadischu“ bekannt. Somalias Präsident Siad Barre bestimmte damals seinen politischen Standort zwischen Ost und West neu. Bis dahin aber hatte er sich stets solidarisch mit der Sache der Palästinenser gezeigt. Um ihn von dem GSG-9-Einsatz zu überzeugen, behauptete die Bundesregierung, die Terrorgruppe setze sich aus drei Deutschen und einem Araber zusammen. Damit handele es sich um ein Verbrechen „deutscher Krimineller“ und nicht um eine palästinensische Angelegenheit. Angeblich wurde Somalia kein Geld versprochen. Altkanzler Schmidt sagt aber heute: Sie haben bekommen, was wir nicht versprochen haben.

Nach Mitternacht am 18. Oktober verliest der Deutschlandfunk die Nachricht: „Die 86 Geiseln an Bord der entführten Lufthansa-Maschine Landshut sind alle glücklich befreit worden“. Daraufhin nehmen sich Baader, Ensslin und Raspe das Leben. Die Entführer von Schleyer erkannten schließlich, dass sich die Bundesregierung tatsächlich nicht mit Geiselnahmen erpressen ließ. Mit unfassbarer Kaltblütigkeit bringen sie den Arbeitgeber-Präsidenten und Familienvater um. Seine Leiche wird am 19. Oktober im Elsass im Kofferraum eines Autos gefunden.

Helmut Schmidt

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