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Nigmas Garten

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Noch immer waren Felina, Nigma und dessen haariger Freund in der absoluten Dunkelheit unterwegs und kein Licht war zu sehen. Wie viele Stunden schon vergangen waren, seit sie in dieser Schwärze aufgewacht war, konnte sich Felina nicht vorstellen, es mussten unzählige sein. Sie hatte mal gehört, dass sich nach einer gewissen Zeit in der Dunkelheit die Augen an diese gewöhnen und Umrisse wahrnehmen könnten. Doch diese Finsternis war so undurchdringlich, dass hier die natürlichen biologischen Gesetze zu versagen schienen. Felina hatte nur eine ungefähre Ahnung davon, an dem Fell welches Tieres sie sich festhielt, aber wirklich sicher war sie nicht. Auch wie Nigma aussehen mochte, konnte sie sich nicht vorstellen. Er hatte zwar gesagt, dass er sie aus der Dunkelheit führen würde, aber langsam schwand ihr Glaube daran. Immer mal wieder stoppte das haarige Etwas und Nigma verkündete eine Zwischenmahlzeit. Felina wurde dann jedes Mal ein kleines Päckchen gereicht, von dem sie aber nur wenig aß, da sie nicht abschätzen konnte, wie lange sie noch hier bleiben würde und wie lange Nigmas Vorräte reichen konnten. Der Inhalt des Päckchens schmeckte süßlich, hatte aber einen leicht bitteren Nachgeschmack. Es schien Brot zu sein, gleichzeitig aber die Süße von Erdbeeren zu besitzen. Felina nahm sich vor, sollte sie jemals wieder Tageslicht sehen, dann würde sie sich diese Köstlichkeit ansehen und Nigma fragen, wie man es zubereitete.

Als einige Zeit verstrichen war und Felina sich langsam an die Routine der Wanderung gewöhnt hatte, wurde erneut gestoppt.

"Wieso halten wir denn schon wieder? Es gab doch vorhin erst Essen", wollte sie wissen.

Ein leises Rascheln war zu hören, dann atmete Nigma nach langer Zeit erneut ganz nah neben ihr.

"Wir sind fast da. Den Rest können wir allein laufen, mein Freund zieht sich nun zurück."

Felina war enttäuscht, denn sie wollte dieses große Etwas doch zu gerne mal sehen. Aber der Fellriese machte sich schon auf den Weg zurück und bald war die bedrückende Nähe seines Körpers verschwunden.

"Nigma, kann ich dich und deinen Freund nicht mal zu Gesicht bekommen? Ihr führt mich aus dieser scheußlichen Düsternis, und ich kann euch nicht mal dankend in die Augen sehen, weil ich eure Augen nicht kenne."

Nigma lachte, und zum ersten Mal war sein Lachen warm und fröhlich.

"Du bist aber eine sehr neugierige Person, Felina. Du hast natürlich ein Recht darauf, uns sehen zu dürfen. Aber noch ist der Zeitpunkt nicht gekommen. Ich wähle selber den Zeitpunkt, an dem sich unsere Blicke kreuzen."

"Nigma, erklär mir eines. Wie ist es dir und deinem Freund möglich, zu sehen?"

Nigma kicherte leise. "Nun, wenn man schon so lange hier unten lebt wie wir beide, dann ist es normal und man erkennt mit der Zeit immer mehr. Allerdings sehe ich nur begrenzt weiter als du. Nur mein Freund kann noch weiter als ich sehen, denn er wurde in diese Dunkelheit hinein geboren. Ich hoffe, das beantwortet deine Fragen. Denn nun bringe ich dich hinaus."

Felina spürte, wie eine warme Hand ihre eigene ergriff und sie gezogen wurde. Ruhig folgte sie Nigma und dachte darüber nach, wie viele Jahre er wohl schon hier leben musste, wenn er so weit sehen konnte. Plötzlich hielten sie an.

"Streck deine Hand aus, Felina."

Sie tastete mit ihrer Hand herum und da war seit ewig langer Zeit endlich ein Widerstand. Es fühlte sich kalt an, als wäre es Eisen oder etwas ähnliches. Etwa in Hüfthöhe fühlte sie eine Türklinke. Etwas verärgert, immer noch kein Licht zu sehen, folgte sie Nigma durch die Tür. Etwas war anders, als sie durch die Tür ging. Die Luft war hier frischer, der Boden fühlte sich nach Moos an.

"Wo sind wir hier, Nigma?"

Abermals kicherte er. "Das ist so was wie mein Garten. Ja, so könnte man es wohl nennen."

Erneut blieben sie stehen. Nigmas Hand löste sich von Felina, seine Stimme wurde ruhig und verfiel wieder in die alt gewohnte Kälte.

"Hier trennen sich vorerst unsere Wege. Direkt vor uns ist ein großes Tor, das ich gleich öffnen werde. Draußen wird es deutlich heller sein als hier drin, doch sei vorsichtig, wenn du läufst. Wir müssten momentan Nebel haben. Es sind genau dreizehn Tage vergangen, seit wir uns trafen. Wie lange du davor schon hier warst, vermag ich nicht zu sagen. Draußen wirst du dich schon zurechtfinden. Verzweifle nicht. Es gibt immer einen Weg, wie du ja nun weißt. Wir werden uns wieder treffen, das kann ich dir versprechen. Und nun - geh hinaus!"

Einen kurzen Luftzug spürend, gab es weit über Felina ein klickendes Geräusch. Kurz darauf überkam sie ein lange vermisstes Gefühl: Sie wurde geblendet.

Zu ihren Füßen drang durch einen größer werdenden Spalt Licht ein. Sie wartete geduldig, bis sich vor ihr ein Nebelmeer erschloss. Der Nebel drang sogar ein wenig hinein. Felina sah sich um, denn sie wollte wissen, in was für einem Raum sie war. Zudem hatte sie nun Gelegenheit, Nigma endlich sehen zu können.

Als sie sich umdrehte, war sie in einem riesigen Saal, dessen Decke erst ganz weit oben langsam in Sichtweite kam. Der Boden war tatsächlich mit Moos überzogen, weit hinten am anderen Ende des Raumes war eine große verrostete Wand, vermutlich Stahl, und ganz klein nun schien die Tür, durch die sie gegangen waren. An den hohen, steinernen Wänden hingen viele Wappen, auf denen verschiedene Tiere abgebildet waren. Über der verrosteten Tür hing das größte Wappen, es zeigte ein seltsames rundes Gebilde mit rötlichem Fell überzogen, unten schauten schwarze Krallen links und rechts aus dem Fell heraus. Und als Felina ganz genau hinsah, bemerkte sie kleine schwarze Punkte ziemlich oben im Fell, allerdings gut mit Haaren bedeckt. Das mussten die Augen sein.

"Nigma, ist das dein Freund?"

Nun erst bemerkte sie, dass Nigma schon längst nicht mehr bei ihr war. Sie sah sich um, konnte ihn aber nirgends entdecken. Felina zuckte mit den Schultern.

"Na ja, hoffentlich sehen wir uns bald mal. Ich gehe dann jetzt."

So richtig wollte sie aber noch nicht gehen, denn da draußen war alles so fremd. Hier bei Nigma fühlte sie sich geborgen. Aber als er keine Anstalten machte, sich zu zeigen, ging sie entschlossen durch das große Tor. Das Klima war leicht kühl, als würde der Herbst nahen.

Als Felina gerade im Nebel verschwand, kicherte die wohl vertraute Stimme hinter ihr. Sie drehte sich ruckartig um und sah noch, wie zwei freche gelbe Katzenaugen hinter dem Tor verschwanden. Lächelnd ging sie nun in den Nebel hinein und rief, ohne sich umzudrehen:

"Du hast lustige Augen, Nigma!"

Leise kichernd kam die Antwort: "Und du hast schöne Augen!"

Schmunzelnd über das Kompliment, wanderte sie nun geradeaus. Felina kümmerte sich nicht mehr darum, wohin sie eigentlich wollte. Sie war glücklich darüber, endlich wieder Licht zu sehen. Auch wenn es nur Licht mit einem Nebelschleier war, so konnte sie doch wenigstens mehr erkennen als vorhin in dem ... Felina drehte sich nochmals um, konnte aber nur vereinzelt ein paar hell erleuchtete Fenster weit oben erkennen und das Tor, welches nun schwärzlich anmutete und wie ein großes Maul von irgendeinem schrecklichen Ungetüm aussah. Schnell wandte sie sich von dem Anblick ab und sah wieder nach vorne.

Nun erst mal begutachtete sie sich selbst und das, was sie bei sich hatte. Zu ihrer Verwunderung war sie in ein knielanges weißes Kleid mit gezacktem Rand gehüllt. Sie trug tatsächlich keine Schuhe, doch hier draußen, auf dem taubedeckten Gras, war es angenehmer als auf den kalten Steinen des Gebäudes. Felina kam unweigerlich der Gedanke, ob Nigma sie ausgezogen und ihr diese neue Kleidung gegeben hatte. Doch weil er sie aus der Dunkelheit befreit hatte, verwarf sie diesen hässlichen Gedanken sofort wieder.

Die Tiere in der Nähe sahen ein wunderschönes Mädchen im Alter von vielleicht achtzehn Jahren mit außergewöhnlichen Augen, einer grün-blauen Iris, umschlossen von einem dunklen Rand, und manche Tiere witterten den Duft des kleinen Gepäcks, welches sie bei sich trug. Sie kontrollierte ihren Proviant. Es sah wahrhaftig aus wie Brot, nur etwas dünner und mit einer Füllung aus rötlichen Körnern. Insgesamt war es ein Vorrat von schätzungsweise acht Tagen.

"Bis dahin sollte ich es doch wohl schaffen, in ein Dorf oder so etwas zu kommen. Na los, Felina, streng dich an!" Sich selbst motivierend und mit einem Bissen des Brotes im Mund zog sie los.

Solid Yol

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