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Kapitel 7 Mona Meyer-Hinrichsen

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Die beiden Kapitel mussten fürs Erste als Textprobe reichen. Eine weitere konnte ich für alle Fälle noch vorbereiten.

Aber ich war mit den Gedanken woanders, bei der Lektorin im Keller. Ich sah nach meinen Sachen, die jetzt trocken genug waren, um sie wieder anziehen zu können. Sie rochen auch nicht mehr so schlimm.

Ich ging wieder runter zu Mona Meyer-Hinrichsen.

Sie drehte den Kopf zu mir her, als ich kam, aber sie konnte wegen des stinkenden Eimers und des Klebestreifens über den Augen nichts sehen. Ich stieß den Eimer zur Seite, und sie sah und lauschte trotz ihrer merkbaren Erschöpfung und ihres Ekels wissbegierig in meine Richtung. Ich riss ihr auch die Klebestreifen wieder ab.

»Ich habe Ihr Gesicht gesehen!«, triumphierte sie sofort. »Und ich habe Sie gekratzt, das muss geblutet haben. Jetzt habe ich Ihre DNS unter meinen Fingernägeln! Die werden Sie fangen, Sie sind erledigt, mein Herr!«

Irgendwie gefiel mir ihr Kampfgeist. Den hatte ich nicht erwartet. Und sie hatte recht. Sie hatte mich gekratzt, ich hatte vier lange Striemen auf der Wange. Sie hatte meine DNS an sich.

»Und? Gefalle ich dir? Wie sehe ich denn aus?«, fragte ich herausfordernd.

Sie legte ihren Kopf auf das Kinn. Vermutlich hatte sie nicht mehr die Kraft, ihn zu mir gewendet zu halten. Außerdem hatte ich meine Verkleidung wieder an, hersehen brachte nichts.

»Blaue Augen«, sagte sie. Das war falsch. Ich habe ein grünes und ein braunes Auge. »Boxernase«, fuhr sie fort. »Groß und lang, aber mindestens einmal gebrochen, denke ich.«

Das hatte sie richtig beobachtet. Nach meiner Rückkehr aus dem Irak, wo ich nach Afghanistan stationiert gewesen war, hatte ich versucht, eine Karriere als Profiboxer anzufangen. Aber ich hatte zu viel Wut in mir gehabt, und zu wenig Disziplin.

Entweder hatte ich meine Gegenüber unfair zusammengeprügelt, oder sie hatten das mit mir gemacht, wenn ich die Regeln gebrochen hatte. Ich war bald wieder aus dem scheinbar so einfachen Sportbetrieb rausgeflogen. Aber meine Nase hatte ich mir dabei zweimal gebrochen.

»Und sonst?«

Sie zögerte. »Dichte Brauen. Eher schmales Gesicht. Narben, glaube ich. Und dunkelblond.«

Ich atmete innerlich auf. Das passte alles nicht. Ich habe schmale, längliche und leicht gebogene Brauen, ein kräftiges, markantes Gesicht und keine einzige Narbe. Dafür ein Tattoo an der Schläfe, das ich mir im Suff in Afghanistan hatte stechen lassen. Und ich habe pechschwarze, glatte Haare. Mit ihrer Beschreibung würde mich niemand erkennen können.

»Etwa einsfünfundsiebzig groß«, fuhr sie nachdenklich fort. »Schlank, aber kräftig. Ein Intellektueller, der zeitweise hart arbeiten musste. Im Knast, denke ich.«

»Soso«, sagte ich. Jetzt wusste ich, was sie vorhatte. Sie wollte mich in Sicherheit wiegen, mit einer unpassenden Beschreibung. Falls sie freikäme, hatte sie vermutlich eine bessere Beschreibung. Raffiniertes Biest. Ich durfte mich nicht ablenken lassen. Sie hatte Hautfetzen von mir unter den Nägeln. Eine Reinigung würde da nicht viel bringen.

Ich machte sie erst an den Füßen los, drehte ihren Unterkörper um und befestigte ihre Fußfesseln neu. Anschließend machte ich auch ihre Hände los und machte sich auf der jeweils anderen Seite fest, so dass sie jetzt wieder auf dem Rücken lag. Ihre Ketten hatte ich diesmal kürzer und fester angezogen. Ein Angriff von dieser Wildkatze reichte mir.

»Du hättest mich nicht angreifen sollen«, erklärte ich ihr. »Was jetzt kommt, hast du dir selbst zuzuschreiben. Ich muss dir wohl die Finger abtrennen.«

Ich holte meinen Werkzeugkoffer und ließ sie einen Blick hineinwerfen. Den Inhalt hatte ich aus mehreren Krankenhäusern entwendet. Erstklassige chirurgische Instrumente, Einwegspritzen, Medikamente und dazu normales Werkzeug. Einen Bohrer, Schraubenzieher, Zangen. Einen Hammer. Kabelbinder und Teppichmesser.

Sie erbleichte. Damit sie nicht schreien konnte, klebte ich ihr wieder Band über den Mund. Sie schnaubte ihren Protest heftig durch die Nase.

»Die Finger müssen dran glauben«, warnte ich sie. »Mit meiner DNS unter deinen Fingernägeln. Das war ein großer und sehr dummer Fehler, Mona.«

Ich nahm ein Skalpell zur Hand. Ich hatte im Krieg schon Notoperationen vorgenommen, und ich traute mir eine Amputation durchaus zu. Aber ich legte das Werkzeug wieder in den Koffer und seufzte.

Sie erbleichte. Mein Zögern konnte nur eines bedeuten. Sie würde den Aufenthalt hier vermutlich nicht überleben. Denn dann waren die Hautfetzen unter den Nägeln egal.

Aber so schnell musste sie die Hoffnung nicht aufgeben. Es ging vielleicht auch anders. Ich nahm eine kleine Schere aus dem Koffer, schnitt ihr die lackierten Nägel sehr kurz und reinigte alles darunter mit einem Hochdruck-Kältespray, das ebenfalls im Koffer gelegen hatte. Es war ziemlich sicher so, dass dadurch auch Hautzellen von ihr erfrieren und sich lösen würden. Das musste ich in Kauf nehmen. Aber meine Spuren würden jetzt nicht mehr zu finden sein.

Ich stellte mich hin, stemmte die Arme in die Hüften und besah mir mein Werk.

Eigentlich war nichts nach Plan verlaufen. In dem Krimi, den ich als Vorbild gewählt hatte, Mädchenbeute, hatte sich die Entführung ganz anders entwickelt. Frau Meyer-Hinrichsen hatte für eine eigene Dynamik gesorgt. Aber ihre Bestrafung musste weitergehen. Wie im Krimi.

Aber noch einmal würde ich so nicht mehr vorgehen. Das war zu viel an Interaktion, zu viel menschliche Berührung, zu viel Kontakt. Beim nächsten Mal würde ich für mehr Distanz sorgen. Das hier im Keller war bei weitem zu persönlich.

Trotzdem musste ich jetzt für Ordnung sorgen. Die Windel und die Essensreste mussten weg, die Fingernägel und alles, was sich darunter befunden hatte. Dazu ging ich wieder nach oben. Ich würde alles in meinem Holzofen verbrennen, aber erst, wenn es draußen dunkel war, damit niemand den Rauch sah. Ich würde bis dahin ein, zwei Stunden warten müssen. Solange konnte ich mich anderen Dingen zuwenden. Frau Meyer-Hinrichsen würde es derweil ohne Essen und Trinken aushalten müssen. Sie war selbst schuld.

Der Lektorkiller wartete.


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