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3. Die Inseln der Frauen

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Die Vorfahren der Schwestern waren als Sklaven von Gabun aus nach Santiago auf die Kap Verden verschleppt worden. Von dort gelang es ihnen irgendwann von einer Insel zur anderen zu fliehen, bis sie schließlich nach Santo Antao kamen und sich dort in den Bergen niederließen. Die Insellage, die Dörfer auf den Hochplateaus und in den abgelegenen Tälern ließen ihnen bei der Partnersuche wenig bis keine Möglichkeiten. Oft gab es doppelt so viele Mädchen als Jungen. Weil aber auf dem Hochplateau der manchmal etwas unwirtlichen Insel niemand alleine überleben und nur sehr schwer die benachbarte Insel erreichen konnte, entstand eben manchmal ganz selbstverständlich so eine Art Vielweiberei. Die Institution der Ehe gab es meist nicht. Die Väter der Kinder spielten in den kinderreichen Familien, die meist mit mehreren Generationen zusammen lebte, weitgehend keine Rolle. Die Kinder waren ausschließlich bei der Mutter und kannten ihre Erzeuger oft nur sehr bedingt. Kinder waren für die Frau eine Art Alterssicherung, weil sie mit den Männern nicht rechnen konnten, dass die für sie im Alter da sein würden. Die zogen nach dem in der Frau ‚getanen Werk’ zur nächsten Frau und taten dort das Gleiche. Sie schwängerten und zogen auch von dort nach einer gewissen Zeit wieder zur nächsten Frau weiter. Und wenn ihnen auf den Inseln der Boden zu heiß wurde, wanderten sie einfach aus und überließen die Frau mit ihren vielen Kindern ihrem Schicksal. Die Frauen blieben zurück. Nicht umsonst heißen die Kap Verden auch die ‚Inseln der Frauen’, weil viele Männer für ganz oder zeitweilig das Land in die Industrienationen verlassen.

Da gab es sicher auch so manche Tochter, die erst gar nicht aus dem Haus ging oder aus einem der höchst unwegsamen Täler hinauskam. In den äußerst engen Verhältnissen in den kleinen Häuschen konnte es vermutlich schnell passieren, dass sie nachts einem Bruder oder gar dem eigenen Erzeuger, so er denn überhaupt noch vorhanden war, etwas näher kam und die einander schon in sehr jungen Jahren die Vorzüge der körperlichen Liebe nahe brachten. Auch daran störte sich niemand, weil es ebenfalls einfach passierte. Außerdem betrachtete sogar die Katholische Kirche in zurückliegenden Jahrhunderten die Selbstbefriedigung als wesentlich schlimmer als den Inzest, weil der ja schließlich auf die Zeugung ausgerichtet war.

Sex war eben für die Kapverdier eine wunderschöne Freizeitbeschäftigung. Notfalls konnten sie sich ja mit den Ziegen beschäftigen und mit denen das tun, wofür eben normalerweise die Körperöffnung der Frau geschaffen war, bei der man gerade für eine gewisse Zeit Kost, Unterkunft und Sex genoss. Spaß hatten sie natürlich am Sex. Und das nicht zu wenig, wie man –zumindest in früheren Jahrzehnten – an der Kinderzahl auch etwas ablesen konnte. Wo immer schon die Armut herrschte, blieb den Menschen eben nur die Freude am Vögeln als Ausgleich übrig. Diese Freuden gönnten sie sich, zumindest in früheren Jahrhunderten, schon mit jungen Jahren, und mindestens doppelt so häufig wie in Mitteleuropa. Schließlich liegen die Inseln ja immerhin auch in der Nähe des Äquators. Dort herrscht immer schon ein wohltuendes, mediterranes Klima. Es ist nie zu heiß und nie zu kalt. Die Menschen lieben auf den Kapverden den Sex bis in das hohe Alter. Zwangsläufig gab und gibt es (leider nur noch teilweise) einen sehr großen Kinderreichtum. Viele Familien hatten früher zehn und mehr Kinder. An eine Ehescheidung oder Straftat konnte sich zumindest in der Umgebung der Schwestern niemand erinnern.

Die Menschen waren stolz und hatten auf ihre Weise Stil und Format. Wer sie etwas kannte, wusste, dass sie alle sehr bescheiden, zurückhaltend, bodenständig und vor allem echt waren. Sie leben größtenteils auch heute noch außerordentlich genügsam. Familie und Kinder waren und sind ihnen alles. Und den Ehemann, falls es tatsächlich einmal einen gab, betrachteten die Frauen immer noch als den starken und klugen Mittelpunkt der Familie, der ihre Geschicke führte. Das Auffallende an den Bewohner der Inseln ist – wie schon angeklungen – eine bemerkenswerte Freundlichkeit, die Sanftmut und die Friedensliebe der Menschen, was auf sehr wenig Streitbereitschaft und Aggressionen schließen lässt. Lieber gehen sie einen Schritt zurück, bevor sie einen Streit riskieren. Dass allerdings in jeder Kapverdierin auch ein kleiner Vulkan stecken kann, merkt der Besucher spätestens dann, wenn er diese zauberhaften Wesen näher kennen lernt.

Das Land und die Insellage hat die Menschen geprägt. Noch im 19. Jahrhundert waren dort sehr wichtige Portugiesische Häfen und Handelsniederlassungen. Hunderttausende Sklaven wurden über Cidade Velha (Santiago, Kapverden) nach Amerika verschifft. Niemand hätte auf den Inseln überleben können, wenn er mit dem Nachbarn verfeindet gewesen wäre, weil jeder zur rechten Zeit jeden brauchte und jeder auch für jeden immer da war. Man feierte und freute sich gemeinsam. Man trauerte auch gemeinsam und tat alles, um ein Leid zu lindern. Bei den Schwestern war es auch die Hilfe einer Tante, die – welch ein riesiges Glück – einen portugiesischen Beamten geheiratet hatte, der auf der Insel zu tun hatte. Sie wohnte in Mindelo, der zweitgrößten Stadt der Inseln auf Sao Vicente (Hauptstadt der KV ist die Stadt Praia auf der Insel Santiago) und später in Ribeira Grande, blieb leider kinderlos und nahm Corazon und Maricel und danach auch die anderen Schwestern, Sherilynn, Luecienne und schließlich Muriel und Monja, die beiden Jüngsten, die gar nicht mehr geplant waren, sehr gerne immer zu sich. Damit konnten sie eine Schule besuchen, bekamen eine solide Ausbildung und einen Arbeitsplatz. Yannina, die Älteste, musste zu Hause bleiben und der Mutter in der Landwirtschaft auf den Terrassenfeldern und beim Verkauf der geernteten Produkte auf dem Markt helfen.

Alle sechs waren sie schon im Berufsleben. Sie wurden Krankenschwestern oder waren in der Gesundheitsbranche tätig. Das lag nahe, weil auch die Tante diesen Beruf erlernt hatte. Sherilynn und Luecienne arbeiteten in einer Klinik in Mindelo. Corazon und Maricel hatte es nach Deutschland verschlagen. Als man in Deutschland dringend Pflegekräfte benötige, hatte man sie schon vor Jahren angeworben. Sie blieben und machten ob ihres unbändigen Fleißes und Könnens Karriere. Corazon wurde Stationsschwester und Maricel wurde mittlerweile leitende OP-Schwester. Man mochte sie sehr gerne, vor allem die Patienten, mit denen sie sehr liebevoll ausnahmslos umgingen. Mittlerweile gehörten sie dazu, sprachen fast akzentfrei Deutsch und waren gerne in der neuen Heimat. Zwei Mal im Jahr trieb sie jedoch die Sehnsucht nach den Inseln für etliche Wochen zurück zu den Eltern, die sie auch finanziell ganz selbstverständlich mit monatlichen Überweisungen tatkräftig unterstützten, weil der Vater viel krank war und nicht mehr arbeiten konnte.

Urlaub zu Hause war für sie das Schönste, was sie sich vorstellen konnten. Nach Corazons Hochzeit wollten sie alle drei (Corazon, Maricel und Wolfgang) sich wieder aufmachen und diesmal sogar einen ganzen Monat bei ihrer Mutter verbringen, die Wolfgang ja bis dahin nur von Bildern kannte. So klappte es auch. Dass dabei allerdings auf Wolfgang eine weitere besondere Beanspruchung der außerordentlich exquisiten Art, nämlich seiner Geschlechtsdrüse, zukommen sollte, ahnte niemand. Lediglich Corazon hatte öfters die durchaus begründete Befürchtung, dass es den anderen Schwestern, insbesondere der ältesten Schwester, Yannina, mit ihren Gefühlen gegenüber Wolfgang sehr schnell ebenso ergehen könnte, wie Maricel und ihr.

Um die Wirkung der beiden ca. 172 großen, sehr rassigen Schönheiten mit properen, fraulichen Formen, ihren gelockten, tiefschwarzen Wuschelköpfen, für den sie viel Zeit aufwendeten, ihrer Vorliebe für Kleider, enge Hosen, Stiefel und hochhakige Schuhe auf Wolfgang etwas einschätzen zu können, ist es auch sehr wichtig, um ihre besondere Ausstrahlung zu wissen. Wer ihnen begegnete, vergaß diese Frauen nicht wieder. Gefragt um das, an was sich die Mitmenschen am meisten erinnerten, hätte jeder wahrscheinlich sofort natürlich ihre rassige Schönheit, ihre großen, glühenden Augen, die prallen Brüste und strammen, dicken Arschbacken genannt. Bei den Eigenschaften hätte er vermutlich ihre besonders liebevolle, warme, weiche und ehrlich gemeinte Herzlichkeit hervorgehoben. Sicher hätte er sofort das überaus Reizende an ihnen, ihre Art, den Menschen zu begegnen, erwähnt. Er hätte auch ihre Kameradschaftlichkeit, das Energiegeladene, Leidenschaftliche, ihre absolute Zuverlässigkeit, ihren Sanftmut und ihre Bescheidenheit genannt. Nie waren sie launenhaft. Sie schauten nicht weg, wenn jemand Hilfe benötigte. Sie schauten hin und halfen sofort ohne große Fragen oder Vorbehalte. Kalkulieren und kalte Berechnung von Vorteilen empfanden sie als ehrenrührig. Selbst in sorgenvollen Zeiten spürte man noch ihren gnadenlosen Optimismus und ihre Fröhlichkeit.

Die beiden, ihre fünf Schwestern natürlich auch, waren ein völlig anderer Menschenschlag. Dort, wo sie herkamen, herrschte eine in jeder Beziehung ganz andere Kultur, auch wenn diese durch die Kolonialmacht Portugal über lange Zeit stark europäisch beeinflusst war. Ihre so viel Wärme ausstrahlende weiche Stimme vergaß niemand wieder, dem sie begegneten. Während Maricel eher etwas selbstbewusster wirkte, war Corazon sehr weichherzig und empfindsam, suchte in ihrem über alles geliebten ‚Wölfchen’ auch den starken Beschützer, zu dem sie ehrfürchtig aufschaute, ihn tatsächlich richtig verehrte. In seinen Armen fühlte sie sich am wohlsten und sichersten, auch später immer. Das mit dem Verehren war zwar auch bei den anderen Schwestern ganz genau so. Bei seiner Corazon hatte er aber immer das Gefühl, dass sie wegen ihrer besonderen Verletzlichkeit immer auch seine ganz besonders intensive Sorge und Liebe brauchte. Und er enttäuschte sie nie; auch nicht seine anderen beiden Frauen, Maricel und Yannina, von denen man noch mehr hören wird, und die ihn natürlich auch nicht.

Sicher, Corazon und Maricel wollten wirken, und sie wussten um ihre Wirkung. Schließlich waren sie beide nicht mehr die Jüngsten, sahen aber beide wie 30 aus. Das genossen sie und amüsierten sich gemeinsam stundenlang über die Reaktionen der Männer. Das Thema Heirat und Kinder hatten sie fast abgehakt. Trotzdem ließen sie keine Gelegenheit aus, mit ihren blitzenden, großen, dunklen Augen diese Spezies verrückt zu machen. Ficken wollten alle Männer möglichst schnell diese so viel Leidenschaft, Geilheit und glühende Hitze ausstrahlenden Körper, denen man schon auf 50 Meter ansah, was sie vor allem mit ihren etwas wulstigeren Lippen, Brüsten und im breiten Becken mit den hohen, fülligen Hüften für einen Glutofen in sich hatten. Die beiden und ihre Schwestern waren Frauen, die jedem Mann den Atem nahmen. Es waren eben richtige Rassestuten. Zum Heiraten war da allerdings nach ihrer eigenen Einschätzung auch nicht annähernd einer dabei. Corazon und alle ihre Schwestern hatten eine ungewöhnlich intensive, charismatische Ausstrahlung. Immer war auf ihren Lippen ein herzliches, geheimnisvolles Lächeln. Und bis auf ein paar ältere Giftspritzen, die sich, wie andernorts kurz geschildert, übergangen fühlten, mochten sie alle in der Klinik sehr, sehr gerne und wussten sie als liebe und verlässliche Kolleginnen und Vorgesetzte besonders zu schätzen.

Die Lippen der Kreolinnen

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