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DER UNGETAUFTE POPE
Zwölftes Kapitel

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Jedenfalls mußte den Dukač etwas sehr bedrücken, ihn sehr unruhig machen, wenn er es in einem solchen Sturm, einem so wilden Schneetreiben zwei Stunden lang außer dem Hause aushalten konnte.

Der schon früher heftige Sturm wuchs zu einem Orkan an, der Schnee fiel in großen Flocken so dicht, daß man kaum atmen noch weniger sehen konnte.

Wenn das Wetter schon so böse war zwischen Gebäuden, wie mußte es erst in der Steppe wüten, wo dasselbe kein Hindernis fand!

War in der Steppe ein erwachsener, kaltblütiger, erfahrener Mann in einem solchen Wetter völlig dem Verderben und Untergange geweiht, was sollte dann aus dem Kinde, der Patin und Agap werden?

Dukač begriff das alles klar und deutlich; seine Gedanken flogen im Kopfe herum und verwirrten sich, denn ihm waren aus eigener Erfahrung alle Schrecknisse eines Schneewehens in der Steppe bekannt; er mühte sich deshalb nicht aus Vergnügen den Schnee, welchen der Sturm an die Zäune der Gärten in hohen Halden anwehte, durchzutreten, im Gegenteil, ihn jagte die Ungeduld, die Ungewißheit, Sorge und Angst dem Schlitten mit dessen Insassen entgegenzugehen, oder wenigstens zu sehen, daß sie zurückkehren.

Schließlich blieb Dukač am Damme stehen, der sich hinter dem Dorfe erhob; ihn bemerkte hier Niemand, konnte ihn deshalb auch Niemand belästigen; er sah nichts vor sich als nur fabelhafte Gestalten, die ihm seine aufgeregte Fantasie vorgaukelte.

Auch dieses Stehen, dieses Harren ist ihm schließlich langweilig geworden, er schrie vor Zorn, Angst, Wut, Ungeduld hell auf, befreite seine Füße aus dem Schnee, in den er versunken, und kehrte nach Hause zurück.

Dämmerung ist während dieser Zeit eingetreten, und man konnte fast gar nichts in ganz kleiner Entfernung vor sich sehen und erkennen; er konnte deshalb gar nicht rasch ausschreiten, mußte oft stehen bleiben, verlor nicht selten den Weg, verirrte sich, und mußte erst den richtigen Weg suchen; schließlich stieß er auf etwas hartes, das sich bei näherer Untersuchung als ein Kreuz erwies – ein sehr hohes Kreuz aus Holz, wie man solche in Süd-Rußland, namentlich an Kreuzwegen, sehr oft findet.

„Eh!“ dachte er, „ich glaube, ich bin viel zu weit vom Dorfe weggekommen und muß wohl umkehren“ – er richtete deshalb seine Schritte nach einer anderen Richtung, aber nach drei bis vier Schritten, die er gemacht, stieß er wieder auf etwas hartes, wieder auf ein Kreuz.

Der Kasak blieb einen Augenblick stehen, atmete tief auf, und nachdem er sich wiederum etwas erholt, schlug er eine entgegengesetzte Richtung ein, aber auch hier stieß er auf Kreuze, und nur auf Kreuze.

„Geht hier etwas vor oder bewege ich mich um das Kreuz herum?“ – und er fing an mit den Händen herumzutasten, welche immer und immer wieder nichts als Kreuze und wieder Kreuze betasteten.

„Aha! jetzt ist mir klar, wo ich mich befinde … das ist der Kirchhof, wohin ich mich verirrte … richtig … dort sehe ich das Licht aus des Popen Hause … Der Teufelskerl, wollte nicht zugeben, daß sein Weib die Patin meines Kindes werde … auch gut … nicht nötig … doch das Haus des Totengräbers müßte ja auch nicht weit sein.“

Und der Dukač unternahm es das Haus zu suchen, wobei er unverhofft in ein Loch fiel, in dem sich etwas hartes befand, auf das er mit dem Kopfe anstieß so heftig, daß er ziemlich lange ohne Besinnung liegen blieb.

Als er wieder zu sich kam, da sah er über sich einen wolkenlosen, mit hellflimmernden Sternen besäten Himmel und es herrschte völlige Windstille.

Dukač wußte nicht im ersten Augenblicke, wohin er gefallen; er mühte sich fast eine Stunde lang mit Händen und Füßen arbeitend ab, um aus der Grube herauszukommen, welche sich später als ein Grab erwies.

Endlich gelang es dem Dukač das Dorf und seine Hütte zu erreichen; was ihn aber am meisten wunderte, war, daß weder bei seinen Nachbaren noch in seinem Hause Licht brannte, daß alles finster war; es mußte deshalb schon spät sein, wenn schon alle schlafen gegangen sind.

Wenn aber Agap und die Kerasivna mit dem Kinde noch nicht zurückgekehrt wären?

Es gab ihm einen ordentlichen Stich unterm Herzen, als dieser Gedanke sein Gehirn durchzuckte, ein eigenes Gefühl, Angst, überfiel ihn, so daß er mit unsicherer Hand, nur zagend, die Stubentüre öffnete.

In der Stube selbst war es ziemlich dunkel, nur aus der einen Ecke derselben ließ sich ein leises Weinen und Schluchzen vernehmen.

Die Dukačin weinte.

Der Kasak begriff es, warum sein Weib weint; doch er konnte es nur schwer übers Herz bringen zu fragen:

„Ist es denn möglich, daß sie noch nicht …“

„Ja, die Hexe ißt jetzt mein Kind auf …“ unterbrach die Dukačin ihren Mann.

„Für so dumm hätte ich Dich doch nie gehalten“ – schnitt mit diesen Worten Dukač die weitere Rede seiner Frau ab.

„Ihr hab’t mich so dumm gemacht … und wenn ich auch dumm wäre, ich hätte mein Kind doch nie einer Hexe anvertraut.“

„So versinke Du selbst mit Deiner Hexe … ich hätte das Genick brechen können, als ich in das Grab fiel.“

„Ah! … in ein Grab seid ihr gefallen … daran ist sie auch schuld … Ihr könnet gehen und lieber gleich jemanden totschlagen …“

„Wen soll ich totschlagen … was plapperst Du? …“

„Wenigstens einen Hammel … denn nicht umsonst seid ihr in ein Grab gefallen … ihr werdet bald sterben und selbst im Grabe liegen … Ja, Gott gebe es … was sollen wir noch weiter unter Menschen leben, die über uns nichts anderes reden können, als daß wir unser einziges Kind einer Hexe geschenkt haben.“

In diesem Tone redete die Dukačin weiter; er selbst dachte an nichts anderes als daran, wo sich Agap zur Zeit befinden möge? wohin derselbe geraten?

Gelang es ihm früher nach Peregudi zu kommen, ehe das Schneewehen und der Sturm losging, dann warteten sie wohl das Ende desselben dort ab, in diesem Falle konnten sie von dort erst abfahren, sobald sich der Sturm gelegt und der Himmel aufgeheitert hatte; aber deswegen konnten sie doch zu dieser Zeit zu Hause sein; vorausgesetzt, Agap hätte nicht zuviel des Guten dort genossen.

Dieser Gedanke schien dem Dukač annehmbar zu sein, er beeilte sich denselben seinem Weibe mitzuteilen, welche jedoch noch stärker zu seufzen und zu weinen anfing.

„Was ist da anzunehmen: wir werden unser Kind nie mehr sehen; gefressen hat sie es, diese Hexe, die Kerasivna; sie selber hat das Unwetter heraufgehext, um mit ihm besser über Berg und Tal fliegen und dort sein Blut aussaugen zu können.“

Durch solche Reden brachte sie ihren Mann so auf, daß er sie vorerst auszankte, später sogar beschimpfte, dann mit der einen Hand die Mütze vom Nagel reißend, mit der zweiten das Gewehr nehmend, eilte er aus dem Hause mit dem Vorsatze einen Hasen zu schießen, ihn dann in das Grab zu werfen, aus welchem er vor wenigen Stunden mit schwerer Mühe herauskroch.

Die Dukačin saß zu Hause auf der Ofenbank und weinte bitterlich!

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