Читать книгу Novellen - Николай Лесков - Страница 7

DER UNGETAUFTE POPE
Sechstes Kapitel

Оглавление

Wie ich schon sagte, im ganzen Dorfe und den Nachbargemeinden war Groß und Klein davon überzeugt, daß die Kerasivna eine Hexe sei, denn das wurde deutlich sichtbar aus einem eigentümlichen, ein wenig skandalösen Falle.

Solange Kerasivna noch nicht verheiratet war, da kannte sie jedermann als ein eigenwilliges, starrköpfiges Mädchen; sie wohnte in der Stadt und in ihrem Besitze befand sich ein Glas, in welchem ein kleines Teufelchen mit roten Hörnern und Zunge eingeschmolzen war.

Dieses Teufelchen erhielt die Kerasivna von einem adeligen Herrn aus Pokota, Rohačover Bezirkes, welcher solche in einer benachbarten Glashütte herstellte, zum Geschenke.

Kerasivna benützte das Glas zum Trinken und befand sich dabei sehr wohl.

Aber nicht genug daran, sie besaß den außergewöhnlich großen Mut den Kerasenko zu heiraten.

Das zu tun, vermochte nur ein Frauenzimmer, das selbst den Teufel nicht fürchtet, da es ja allgemein bekannt war, daß Kerasenko nicht nur durch seine Eifersucht, sondern auch durch seine Rohheit bereits zwei Frauen ins Grab brachte.

Als Kerasenko zum drittenmale heiraten wollte, da konnte er keine Frau finden, bis sich ihm diese verteufelte Kerasivna sogar selbst antrug, und ihn schließlich heiratete, jedoch nur unter der ausdrücklichen Bedingung, daß er ihr stets alles glauben müsse, was sie ihm sage.

Darauf ging Kerasenko ein, aber in Gedanken meinte er, die Christa wäre ein viel zu dummes Frauenzimmer, wenn sie meint, daß er ihr alles glauben solle!

„Warte nur, bis du nur meine Frau werdest, ich werde dir auch den Mann zeigen, nach dessen Pfeife du tanzen solltest!

Keinen Schritt lasse ich dich allein machen.“

Jede andere als Christa hätte schon im voraus gewußt, was nach der Hochzeit folgen werde, doch dieses flinke und auch sonst ganz gescheite Frauenzimmer verdummte gerade zu: sie äußerte gar keine Furcht vor diesem rohesten und eifersüchtigsten der Männer, sie heiratete ihn, aber sie wandelte in kurzer Zeit ihren Mann so, daß er aufhörte roh und eifersüchtig zu sein und die Christa nach ihrem Willen und Wollen leben ließ.

Daß eine solche Charakterumwandlung nur mittels Hexerei vor sich gehen konnte, daß dabei sogar der leibhaftige Teufel selbst mithelfen mußte, davon war jedermann überzeugt, namentlich sah die Pidnebesnaja, eine Nachbarin der Kerasivna, den Teufel in menschlicher Gestalt selbst, wahr und wahrhaftig.

Und dies war nicht lange nach der Hochzeit des Kerasenko mit der tapferen Christy.

Seit dieser Zeit sind zehn Jahre verflossen, aber Kerasenko sind noch alle Einzelheiten des Vorfalles bis ins Kleinste bekannt und unvergessen, so genau, als wenn diese Teufelei sich erst gestern zugetragen hätte.

Es war im Winter, vor Weihnachten, an einem Feiertage, an welchem selbst der eifersüchtigste aller Kasaken zu Hause nicht sitzen geblieben wäre.

Kerasenko pflegte sonst nicht auszugehen, erlaubte auch nicht, daß seine junge Frau weibliche oder männliche Besuche empfange oder sonstige Bekanntschaften schließe, aus welchem Anlasse bereits ein heftiger Streit unter den Jungvermählten entstand, im Verlaufe dessen Christy ihrem Manne zurief:

„Nachdem Du Dein gegebenes Wort im Frieden und Guten nicht halten willst, werde ich es Dir schon im Bösen heimzahlen.“

„Und was wohl könntest Du mir übles antun?“ meinte lachend Kerasenko.

„Dich tot machen und in Stücke hauen.“

„Und wenn ich Dich stets bewachen werde?“

„Dann werde ich Dich krank machen.“

„Ei! ei! Du willst mich krank machen? – Du kannst wohl hexen?“

„Das wirst Du schon erfahren, ob ich hexen kann oder nicht: – ich sage Dir einfach – ja, ich bin eine Hexe.“

„Schön!“

„Ich werde es Dir schon beweisen; den ganzen Tag kannst Du um mich sein, mich bewachen, nicht einen Augenblick allein lassen, ich werde Dich doch klein bekommen.“

Ja, sie bestimmte sogar die Zeit, zu welcher dieses alles geschehen solle.

„Keine drei Tage werden vorübergehen und alles, was ich Dir gesagt, wird sich ereignen.“

Der Kasak sitzt einen Tag zu Hause ohne sich zu rühren, auch den zweiten, der dritte Tag geht zu Ende; es wird Abends, und der Kasak ist der festen Ansicht und Meinung, daß die Frist nun abgelaufen ist; – es ist – denkt er – doch gar zu langweilig zu Hause zu sitzen … die Schenke der Pidnebesnaja steht gerade vor meiner Nase und meine Augen können von dort aus ganz genau sehen, ob jemand in meine Hütte geht … Ich setze mich dort zum Fenster und kann in aller Ruhe zwei, auch drei Viertel Wodky trinken … und hören, was die anderen erzählen und was es neues in der Stadt gibt … ja sogar tanzen kann ich … lustig sein …

Und er ging … ging, setzte sich am Fenster so zurecht, daß er ganz genau sehen konnte, was vor, ja sogar in seinem Hause geschieht; er sah das Feuer am Kamin hell brennen, sah, wie seine Frau hin und her gehe und sich in der Wirtschaft beschäftige.

Wunderbar! – Kerasenko sitzt im Wirtshaus, trinkt und schaut unverwandt auf seine Hütte; Witwe Pidnebesnaja bemerkt seine Aufregung, ja sie fängt an ihn zu hänseln:

„Eh! Du … so und so … dummer Kasak … was Du sehen willst, werdest Du in Deinem ganzen Leben nicht sehen!“

„Schon gut … ich aber will weiter schauen!“

„Hier gibts nichts zu schauen … denn je mehr man nach uns, Frauen, schaut, je mehr man uns hüten will, um so ärger wird es, und um so früher hilft uns der Teufel.“

„Red’ Du nur für Dich selbst …“ gab der Kasak zur Antwort, „meine Frau will ich selbst so behüten, daß ihr auch kein Teufel wird helfen können.“

Da fingen nun die anderen Kasaken an mit den Köpfen zu schütteln.

„Kerasenko, Kerasenko! das ist nicht schön von Dir, daß Du so sprichst, nicht schön! … entweder bist Du nicht getauft oder selbst ein Teufel, weil Du nicht mehr an den Teufel glaubst.“

Und die Anwesenden regten sich über Kerasenko und seine Reden so sehr auf, daß eine Stimme aus der Menge sich vernehmen ließ.

„Was sollen wir mit ihm tun? … am besten wäre es ihm eine solche Lehre zu geben, daß er wieder rechtgläubig wird.“

Und es war nahe daran, daß sie ihm die Rechtgläubigkeit handgreiflich beigebracht hätten, woran sich sehr gerne ein ganz fremder Mann beteiligt hätte, in welchem Kerasenko jenen Adeligen aus Rogačev zu erkennen meinte, welcher seiner Frau das Teufelsglas schenkte, und wegen dessen, noch vor der Hochzeit, ein zweiter Vertrag geschlossen worden war, dahin lautend, daß von dem Fremden nie irgend eine Erwähnung gemacht werde.

Diesen Vertrag beschwor Kerasenko mit einem schrecklichen Eide dahin lautend, daß, wenn Kerasenko sich auch nur des Adeligen aus Rogačev erinnern sollte, er sofort dem Teufel verfallen wird, der ihn dann nicht mehr aus seinen Klauen frei läßt.

Kerasenko fiel dieser Schwur beim Anblick des Fremden ein.

Kerasenko ist aber bereits betrunken und er kann seinen Unmut darüber nicht unterdrücken, warum und weshalb gerade jetzt der Adelige aus Rogačev hier erscheine und was er überhaupt im Dorfe zu tun habe.

Kerasenko beeilte sich nach Hause zu gehen; aber dort angekommen, fand er sein Weib nicht in der Stube, was ihm höchst unerklärlich und unfaßbar erschien.

„Ich soll ihn vergessen, mich seiner nicht erinnern,“ dachte er, „das kommt mir gerade so vor, als wenn wir einen Vertrag geschlossen hätten zu vergessen, daß wir uns geheiratet haben … warum und weswegen ist der Mann gerade jetzt hier … was hat er hier im Dorfe zu tun … warum und weswegen ist meine Frau nicht zu Hause?“

Und während dem Kerasenko solche und ähnliche Gedanken durch den Kopf flogen, schien es ihm, als wenn sich hinter der Tür zwei küssen würden.

Es wurde geradezu vom Schüttelfrost gepackt; er fing an aufmerksamer und schärfer zu horchen … richtig … er hört es ganz deutlich … ein Kuß … noch einer … leises Wispern … wieder ein Kuß … und das alles gerade hinter der Tür, vor der er steht.

„Eh! tausend Teufel,“ sagt sich Kerasenko selbst, „entweder habe ich bei der Pidnebesinaja zu viel Branntwein getrunken und träume nun alles mögliche … oder hat es mein Weib richtig herausbekommen, daß der Rogačever Adelige hier ist, und daß es ihm gelang mich zu verhexen … Die Leute haben mich darauf aufmerksam gemacht, daß meine Frau eine Hexe sei … doch ich glaubte dies nicht … jetzt aber … jetzt küssen sie sich wieder … oh! … oh! … und wieder … wieder … Wartet doch nur, ich will euch schon …“

Der Kasak glitt leise von der Bank, kroch zur Tür und sein Ohr dicht an die Türspalte legend, strengte er sich an zu hören, was hinter der Tür vorgeht: … sie küssen sich … daran läßt sich nicht zweifeln … sie küssen sich … wie sie mit den Lippen schnalzen … ja sie reden … so, jetzt spricht mein Weib … und er hörte, wie sie laut sagte:

„Was? mein Mann, dieser Heide: den werde ich einfach aus dem Hause jagen und Dich zu mir nehmen.“

„Oho!“ dachte Kerasenko, „was bildet sich das Frauenzimmer ein, mich wegjagen und einen zweiten, fremden, ins Haus nehmen, an meine Stelle setzen … Nu! das wollen wir ’mal abwarten, so leicht wird es doch nicht gehen können …“

Er richtete sich plötzlich auf, stemmte sich mit aller Gewalt gegen die Tür, um solche aufzubrechen, obwohl es sich erwies, daß dieselbe gar nicht versperrt war; an der Türschwelle stand Kerasivna, sein Weib, so schön … so ruhig wie stets vordem, nur mit ein klein wenig mehr geröteten Wangen – aber mit einemmale fing sie an zu schimpfen, wie es nur eine Kleinrussin zu Wege bringen kann.

Sie nannte ihren Mann einen Heiden, Säufer, Schwein, Hund und fügte noch andere derartige schöne Titulaturen bei; schließlich erinnerte sie ihn auf die von ihm geschworenen Eide und Verträge, nach denen er es sich gar nicht einfallen lassen darf, eifersüchtig zu sein, und um ihr den Beweis zu liefern, daß er seine Eide einzuhalten Willens sei, soll er ihr erlauben heute Abends die Spinnstube besuchen zu können, sollte er dies nicht tun, so wird sie etwas ausführen, woran er sein Leben lang denken wird.

Doch Kerasenko war ein gewiegter Junge.

Seine Frau in die Spinnstube zu schicken, jetzt, wo der Adelige aus Rogačev im Dorfe sich befindet – er hatte ihn doch mit eigenen Augen bei der Pidnebesinaja gesehen und vor wenigen Augenblicken mit eigenen Ohren gehört, wie seine Frau jemanden küßte und ihm versprach ihn in die Hütte zu nehmen … – das schien ihm gar zu dumm.

„Nein, nein!“ sagte er, „da suche Dir nur einen anderen Dummkopf aus, nur nicht mich; es wird jedenfalls besser sein, ich sperre Dich ein und Du legst Dich schlafen … das wird Dir zuträglicher sein und ich werde unterdessen über Deine Hexerei ruhig nachdenken können.“

Als Kerasivna diese Antwort vernahm, da wurde sie vor Zorn blaß, denn zum erstenmale nach ihrer Verheiratung sprach ihr Mann mit ihr in einem eigenartigen Tone und sofort wurde es ihr klar, daß in ihrem ehelichen Leben ein Wendepunkt eingetreten ist, welcher zu ihren Gunsten entscheiden müsse, wenn sie nicht alles, was sie bis jetzt mit viel Scharfsinn, Geschicklichkeit, Stetigkeit, Festigkeit und Erfindungsgabe gewonnen, für immer verlieren solle.

Sie richtete sich in ihrer vollen Größe auf, gab dem Kasaken einen Schlag ins Gesicht und wollte auf die Gasse herausspringen, aber der Kasak erriet ihre Absicht, machte einen Sprung, schlug ihr die Tür vor der Nase zu, legte die Kette und das Vorhängeschloß an und sperrte dieses zu, den Schlüssel ließ er in seine unendlich tiefe Tasche verschwinden.

Er meinte nun ruhig:

„So, jetzt ist Dein Weg angewiesen, vom Ofen zur Tür und zurück …“

Durch diesen unerwarteten und unerwünschten Vorfall überrascht, wurde die Kerasivna so wütend, daß selbst Kerasenko darüber erschrak.

Christa stand ziemlich lange an einer und derselben Stelle, mitten in der Stube, sie zitterte wie im Fieber, wandte sich hin und her wie eine Schlange, ihre Hände schlossen sich krampfhaft, sie drohte mit ihnen dem Kasaken, in ihrem Gesichte zuckte es heftig, weiße und rote Flecken wurden abwechselnd sichtbar, ihre Augen erweiterten sich, glühten auf, wurden blutrot!

Da fing der Kasak sich doch zu fürchten an und rief:

„Daß Dich, Du verfluchte Hexe! …“

Unerwartet blies sie die Kerze aus, stampfte heftig mit dem Fuß und zischte:

„So! … jetzt sollst Du aber die Hexe kennen lernen!“

Mit einem Sprung, wie eine Katze, war sie oben auf dem Ofen, öffnete die Kamintür und schrie in den Schornstein hinein mit einer ganz eigenartigen Stimme:

„Uhu! – huhuhu! – Komm! erdrossele das Schwein!“

Novellen

Подняться наверх