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Der Supermarkt

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Auf dem Parkplatz des Supermarktes angekommen, zögerte ich vor dem Aussteigen. Wie allgemein bekannt, gehören Supermärkte neben Postfilialen, Einwohnermeldeämtern und Fußgängerzonen im Innenstadtbereich zu den Orten, die aus friedliebenden Bürgen blutrünstige Bestien machen können. In meiner aktuellen Verfassung war ich etwas in Sorge, ob ich den üblichen Prüfungen meiner Selbstbeherrschung und Umgangsformen, die ein Supermarktbesuch in der Regel bereithält, Paroli bieten konnte. Der Tag war bisher nicht optimal verlaufen und ich hatte geringe Neigung, dieser Ereigniskette mit einer Verhaftung wegen Körperverletzung oder Vandalismus (oder beidem) noch das Sahnehäubchen aufzusetzen. Also versuchte ich, mich mental auf die drohenden Herausforderungen einzustimmen und nahm mir fest vor, auch in den provokantesten Situationen mein seelisches Gleichgewicht zu bewahren. In dieser pazifistischen Grundhaltung betrat ich das Geschäft.

Die dritte Re-Organisation der Regale in diesem Quartal nahm ich noch gelassen hin, auch wenn sich die Suche nach den gewünschten Artikeln etwas zeitaufwendiger als gewöhnlich gestaltete. Größere Mühe bei der Wahrung meiner Contenance hatte ich dann, als ich am Passieren eines Ganges wie so oft durch einen mitten im Durchgang platzierten, querstehenden Einkaufswagen gehindert wurde. „Entschuldigen Sie bitte“, sprach ich den Besitzer, einen etwa 35-jährigen Mann, der sich der Kleidung nach zu urteilen scheinbar gerade auf dem Weg zum Lauf-Training befand, an.

„Wären Sie so nett, mich kurz durchzulassen?“

Er fühlte sich offensichtlich bei der Suche nach seiner bevorzugten Fertigmahlzeit gestört und erwiderte auf seinen Wagen deutend:

„Sind doch Räder dran, kannste wegschieben.“

Sofort bemächtigten sich meiner Gewaltphantasien, in denen ich den Arsch im Jogginganzug mit einer Konservendose Ananas (in Scheiben, nicht stückig) niederschlug und ihm mit einem 20-Kilo-Sack Katzenstreu den Rest gab.

Schnell rief ich mir das Mantra in Erinnerung, das ich mir auf dem Parkplatz für kritische Situationen zurechtgelegt hatte: „Ich bleibe ruhig, weil ich nicht am selben Tag gefeuert und verhaftet werden möchte, ich bleibe ruhig…“ (Außerdem wusste ich nach der Neuordnung der Regale gerade nicht, in welchem Gang der Haustierbedarf zu finden war.)

Etwas Unhöfliches murmelnd schob ich den Wagen beiseite und setzte meinen Einkauf fort.

Als ich alles zusammen hatte, reihte ich mich in eine der beiden langen Schlangen vor den zwei besetzten (von 10 vorhandenen) Kassen ein. Irritiert aber dankbar stellte ich fest, dass vor mir (zumindest soweit ich die Schlange überblicken konnte) keine älteren Damen zu stehen schienen, die mitunter mit dem Bezahlvorgang Schwierigkeiten haben, weil sie sich gerade erst an das D-Mark-Münzgeld gewöhnt hatten, als schon wieder auf den Euro umgestellt wurde. Trotzdem ging es recht schleppend voran. (Raten Sie mal, ob die andere Schlange die bessere Wahl gewesen wäre….) Erst als nur noch zwei Kunden vor mir in der Reihe standen, erkannte ich den Grund für das Fortschreiten im Gezeitentempo: Eine junge Auszubildende, assistiert von einer erfahrenen Kraft, machte gerade ihre ersten Erfahrungen an der Kasse. Nun gut, kein Grund zur Aufregung, schließlich müssen wir alle unsere ersten Schritte im Beruf machen (auch wenn es nicht zwingend auf der Hand liegt, warum das bei Kassiererinnen grundsätzlich zur Stoßzeit am Feierabend geschehen muss). Als ich dann nach gefühlten Stunden an der Reihe war und endlich meine fünf Artikel auf das Band legen konnte, stieg so etwas wie Stolz in mir auf. Trotz der widrigen Umstände hatte ich meine Beherrschung nicht verloren, niemand war zu Schaden gekommen.

Zufrieden lauschte ich dem Piepsen des Barcodescanners, bis ich den tadelnden Kommentar der Ausbilderin vernahm.

„Nein Frau Müller, das haben Sie jetzt versehentlich doppelt gescannt. Kasse zwei, Stooooooorno bitteeeee!“

„Ich bleibe ruhig, weil ich nicht am selben Tag gefeuert und verhaftet werden möchte, ich bleibe ruhig…“

War ja klar

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