Читать книгу Eine Insel nur für uns - Nina Hoffmann - Страница 7
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Die Insel
Der Regen prasselt wild auf das Wellblechdach unserer Hütte. Wenn er so richtig loslegt, ist an schlafen nicht mehr zu denken. Ich mag das.
Es ist gegen Mitternacht, ein paar Tage nach Silvester. Wir sind erst seit ein paar Wochen auf unserer einsamen Insel. Wir liegen auf der klammen Bettwäsche, die wegen des schwülen Klimas in der heißesten Zeit des Jahres kaum trocknen will – selbst wenn wir sie tagsüber auf die Wäscheleine hängen.
»Wenn es so weitergeht, ist der Regentank in fünf Minuten voll«, sage ich zu Nina.
»Ist mir doch egal, ich will weiterschlafen«, murmelt sie und kuschelt sich an mich. Wir hören zu, wie der Regen weitertrommelt. Sunday springt aufs Bett und legt sich in meine Kniekehle. Er hasst Regen, selbst wenn es sich um warmen tropischen handelt.
»Stell dich nicht so an«, flüstere ich ihm zu und ziehe ihn zu mir ans Kopfende, um den Sand und das Meer an seinen weichen Ohren zu riechen. Er knurrt verschlafen.
Es ist schon komisch: Wenn es bei uns in Deutschland regnet, bekomme ich sofort schlechte Laune. Hier auf der Insel freue ich mich. Du sitzt da allein auf einem Fleckchen Sand umringt von Kokosnusspalmen und dem weiten Meer, fast dreißig Flugstunden, zwanzig Bootsstunden und viele Wartezeiten von Deutschland entfernt, und das ganze Wasser dieses Planeten stürzt auf dich herab. So zumindest hört es sich an.
Und endlich höre ich auch, worauf ich gewartet habe: Das Wasser platscht aus dem Überlauf des Regentanks. Ich schiebe das Schlafzimmerfenster nach oben und spähe in die Nacht. Der Tank steht gleich hinter dem Haus, ich sehe den Wasserstrahl.
»Nina, wenn wir jetzt rausgehen, können wir mal wieder richtig duschen«, sage ich. »So, wie wir das kennen.« Heißt: Wir müssen uns nicht Wasser aus einer Blechschale über den Kopf kippen, sondern können uns einfach unter den Duschkopf stellen – in diesem Fall den Überlauf des Tanks. »Eine Eins-a-Dusche«, schwärme ich Nina vor und drücke mich an sie. »Komm schon, es ist ganz warm draußen, kurz runter an den Strand und dann abduschen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, fasse ich sie bei der Hand und ziehe sie raus aus dem Bett, aus der Hütte, hinein in den Regen, runter an den Strand. Drinnen freut sich Sunday, dass er das Bett für sich hat.
Als wir am Strand stehen, sind wir schon komplett nass. Wir blicken zurück und sehen das Kerzenlicht in der Hütte leuchten. Pralle Tropfen klatschen uns die Haare auf die Stirn – prickelnd wie eine Champagnerdusche; aber wer braucht schon Champagner, wenn er im Paradies lebt?
»Wir legen uns ins Meer«, ruft jetzt Nina, doch noch angetan vom Tropenregen. Das Wasser ist bei Ebbe seicht an dieser Stelle und wärmer als der Regen, eine einzige, große Badewanne. Der Mond schimmert leicht durch die Wolken, die Wellen sind sanft. Wir lassen unsere Zehenspitzen aus dem Wasser ragen, hören den Aufprall der Tropfen auf der Oberfläche und das leise Rauschen der Wellen. Bis mir ein Gedanke kommt.
»Nachts im Regen lässt sich bestimmt gut fischen«, sage ich zu Nina.
»Du denkst nur an das Eine«, entgegnet sie und springt auf. Die Vorstellung, dass uns Raubfische anknabbern könnten, verdirbt auch mir die Freude am Baden und ich folge ihr.
Wir rennen händchenhaltend zur Hütte und stellen uns endlich unter den Wasserfall am Überlauf, der Salz und Sand von unseren Körpern spült.
Dann werfen wir uns zu Sunday ins Bett, der sofort runterspringt, weil wir ihm zu nass sind.
Am nächsten Morgen ist Nina die Erste, die nach draußen geht. »Schau dir das an«, ruft sie zu mir ins Schlafzimmer. Ich gehe ihr nach. Wir stehen barfuß am strahlend weißen Strand unter einer Kokosnusspalme und blicken auf die türkisblaue Lagune. Alles ist ruhig und friedlich, das Meer wirkt wie glatt gestrichen und glitzert in der Sonne. Ich gebe Nina einen langen Kuss.
»Willkommen im Paradies«, flüstere ich ihr glücklich ins Ohr.