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Szene 10

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Schließlich kam der Polizeiwagen den schmalen Weg zum Atelier herauf. Er wendete vor dem Haus des Künstlers, als

wolle man startbereit sein, falls es etwas wirklich Dringendes geben sollte. Der Finger des jüngeren Polizisten zuckte zurück, gerade als er die Türklingel drücken wollte, denn die Haustür wurde von innen aufgerissen. Na endlich, das hat ja ewig gedauert.

Die Frau wirkte etwas derangiert, eine gelöste Haarsträhne teilte ihr Gesicht, wurde aber gerade mit der linken Hand gebändigt. Eine halbe Stunde habe sie schon gewartet, da seien die Täter bereits über alle Berge.

Der ältere Polizist, er freute sich schon auf seine baldige Pensionierung, gab zu bedenken, dass der Einbruch wohl lange vor ihrem Eintreffen und vor ihrem Anruf bei der Wache geschehen sei, und dass schon deshalb die Täter weit weg seien. Aber nicht über alle Berge, denn die gäbe es hier nicht. Da brauste die Frau, Lisa Mallo, auf. Wenn er sich noch lustig machen wolle, würde sie sich an seine obere Dienststelle wenden.

Nun versuchte der andere Polizist, die Frau zu besänftigen, fragte, wer sie sei, ob sie überhaupt das Haus in Abwesenheit des Besitzers betreten dürfe und dann wollte er das Atelier anschauen. Lisa Mallo führte die beiden ins verwüstete Atelier und erzählte. Gerne berichtete sie auch von der Arbeit des Künstlers, wie toll er zeichnen und formen könne, und wie berühmt er sei. Natürlich erwähnte sie auch, wie stolz sie sei, ihm Modell stehen zu dürfen. Bei einem Modell sei der Körper das Wichtigste, und den habe sie nun mal, nach der Meinung von Walter Seliger. Er arbeite zurzeit an einem großen Denkmal für die Stadt. Hier, diese kleine Gipsfigur sei die erste Skizze für dieses Denkmal. Sie habe dafür Modell gestanden.

Das interessierte die beiden Uniformierten besonders. Der Jüngere nahm die Reste der kleinen zerbrochenen Gipsfigur in die Hand und verglich sie ohne Scheu mit dem lebenden Körper der vor ihm stehenden Frau. Sie sind das Modell dafür? Sie haben dafür gestanden? So ganz ohne Kleider? Ganz nackt? Ja, so war es gewesen.

Das ist ein toller Beruf, Bildhauer, er wird sie sicher zwischendurch auch mal hergenommen haben, dachte der junge Mann, während der ältere sich noch einmal im Atelier umsah. Er ließ die beiden stehen und ging in den Nebenraum. Es war wohl das Materiallager mit einer als kleines Büro eingerichteten Ecke. Der Computer war noch eingeschaltet, lief aber auf Bildschirmschoner.

Der Polizist drückte die Entertaste, und schon stand in großer Schrift zu lesen: Du geiler Sack. Warte. Bald…Die Keusche wird sich melden.

Er fotografierte den Text mit seinem Handy und ging wieder hinaus ins Atelier. Wann wird Herr Seliger wiederkommen? Das kann ich nicht sagen, es kann gleich sein, es kann aber auch erst nächste Woche sein. So ist er nun mal, dieser Kerl, er ist

unberechenbar. Es kann auch sein, dass er irgendwann gar nicht wieder kommt. Ich weiß nicht, was in seinem Kopf passiert. Er ist halt ein Künstler, und ich bin nur sein Modell. Hat er denn Angehörige? Freunde? Trinkt er? Vielleicht sitzt er irgendwo und ist zugedröhnt mit irgendwelchen Drogen?

Egal, wir warten mal zwei Tage ab. Wenn er bis dahin nicht aufgetaucht ist oder sich gemeldet hat, suchen wir ihn. Und dann finden wir ihn auch, ganz sicher.Bis dahin möchten wir sie, Frau Mallo, um den Schlüssel bitten. Betreten Sie dieses Haus nicht mehr, bevor ihr Künstler wieder da ist, oder wir Ihnen das gestatten.

Die Einbrecher suchen wir noch nicht, vielleicht hat Herr Seliger seine Höhle selbst verwüstet.

Vielleicht aber auch schwimmt er schon als Wasserleiche im Kanal. Entschuldigung, in meinem Beruf muss man mit allem rechnen, auch mit Wasserleichen. Übrigens, ehe ich es vergesse, wann haben Sie Herrn Seliger zuletzt gesehen? Am letzten Montag. Na ja, warten wir noch einen Tag. Also bis morgen.

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